Blaue Veilchen zieren das Vanille-Sorbet, im Sommersalat spitzeln Ringelblumen und Gänseblümchen hervor, im Cocktail stecken lilafarbene Lavendelblütenstengel. Blümchen auf dem Teller oder im Glas sehen nicht nur hübsch aus, sondern peppen das Servierte auch geschmacklich auf.
Aber ganz so arglos wird die bunte Zierde meist nicht verspeist. Auf Entzückung folgt ein skeptischer Blick. Ist das essbar oder kann das weg? Grund genug also, mal zu fragen: Welche Blüten lassen sich eigentlich verputzen? Worauf sollte man in der Blumenküche achten? Und welche Köpfchen passen zu welchen Gerichten?
Löwenzahn, Malven oder Ringelblume können alle auf den Teller
„Die Auswahl an essbaren Blüten ist riesig“, sagt Ursel Bühring. Die Heilpraktikerin und Umweltpädagogin hat mehrere Bücher über die Welt der Pflanzen geschrieben und steckt gerade mitten in der Erntezeit. Denn im Sommer verwandelt sich ihr Garten in ein buntes Büfett. Löwenzahn, Gänseblümchen, Lavendelblüten, Ringelblumen, Malven – landet alles auf dem Teller. „Am liebsten mag ich Blüten, die mich täglich umgeben“, sagt Bühring. „Sie bieten schon eine große Vielfalt an Textur und Geschmack.“ Ob im Garten oder auf der nahe gelegenen Wiese, leckere Blüten finden sich überall.
Da wächst Süßliches wie Gänseblümchen, Löwenzahn oder Fenchel. „Auch die Blüten des Rotklees schmecken wie Honig und sind toll, um Speisen zu aromatisieren“, sagt die Expertin. Kresseartige Blümchen wie Kapuzinerkresse oder Wiesenschaumkraut, dessen Köpfchen leicht scharf sind, lassen sich pflücken, ebenso wie zarte Leckerbissen. Geschmacklich eher unauffällig, aber farblich zum Anbeißen sind beispielsweise lilafarbenen Malven, die hellgelb bis fast dunkelorangenen Blütenblätter der Ringelblume oder die leuchtenden Blütenblätter der Sonnenblume. Ja, auch die lassen sich verspeisen. „Wegen ihrer Größe eignen sie sich auch wunderbar zum Dekorieren von Speisen“, sagt Bühring.
Aromatisch schmecken hingegen die Blüten von Kräutern. „Sie eignen sich gut für Gartenliebhaber, die erstmals Speisen mit Blümchen garnieren wollen“, so die Expertin. Denn bei Thymian, Bohnenkraut, Estragon oder Basilikum lässt sich nicht viel falsch machen. „Die meisten Hobbygärtner kennen die Kräuter und können guten Gewissens die Blüten ernten“, sagt Bühring. „Sie sind nicht so intensiv im Geschmack wie die Kräuter selbst und verleihen Speisen ein dezentes Aroma.“ Damit eignen sie sich für Desserts, Brotaufstriche, Quark oder in Kräuterbutter.
Apropos Kräuterbutter, die bereitet Bühring am liebsten selbst zu – aus den würzig-scharfen Blüten der Kapuzinerkresse. „Die orangefarbenen Blüten sehen toll aus in der Butter, die Stile sind knackig und können anstelle von Schnittlauch dazu gegeben werden“, sagt sie. Ein Spritzer Öl, eine Prise Salz, etwas Zitronenabrieb. Fertig ist die selbst gemachteKräuterbutter. „Zu einer Rolle geformt lässt sie sich gut einfrieren“, sagt sie. „So kann man die frischen Blüten aus dem Garten auch im Winter genießen.“ Grundsätzlich gilt: Kräftige, aromatische Blüten eignen sich für Hauptgerichte, süßlich-zarte eher für Desserts. „Man kann aber auch damit spielen und Speisen eine besondere Note verleihen“, sagt Bühring. Warum nicht mal Salbeiblüten aufs Eis?
Expertin rät: Erst mal nur Blüten sammeln, die man kennt
Eine Welt für sich sind Rosenblätter. „Sie duften intensiver, als sie schmecken, und sind vielseitig einsetzbar“, weiß Bühring. Aus ihnen lassen sich Öle, Sirupe, Desserts oder Aufstriche zaubern. Frisch gepflückt können sie auch über Salate und andere Gerichte gestreut werden. „Am besten knipst man das untere Drittel des herzförmigen Blattes ab, denn das schmeckt leicht bitter“, sagt die Expertin.
Ihre persönlichen Lieblinge sind übrigens Taglilien. Mit den ausladenden Blüten in leuchtendem Orange oder Gelb sind die Blumen nicht nur optisch ein Hingucker. „Die Blütenblätter sind knackig, saftig und leicht pikant im Geschmack“, sagt sie. „Für mich sind es die leckersten Blüten. Sie wachsen in einem Topf auf meinem Balkon. Ich kann kaum daran vorbeigehen, ohne eine Blüte zu essen.“
Wenn die Expertin nicht auf dem Balkon oder im eigenen Garten Blüten pflückt, sammelt sie auf Wiesen in der Umgebung. Das rät sie auch Anfängerinnen und Anfängern. Klein anfangen. Mit Blüten, die man kennt und die um einen herum blühen. Mit Gänseblümchen zum Beispiel. Die lassen sich direkt von der Wiese wegschnabulieren, ebenso wie Veilchen. Oder Löwenzahn. Von ihm lassen sich die Blätter und ganzen Blüten verspeisen – allerdings schmeckt der Kelch bitter. „Wer das nicht mag, sollte die gelben Blütenblätter herauszupfen und nur die essen“, empfiehlt Bühring. Von der Ringelblume sollte man hingegen nur die Blütenblätter verspeisen, das Körbchen schmeckt nicht.
Grundsätzlich gilt: Die Pflanzen sollten nicht gespritzt sein. Gesammelt wird am besten mit einem Korb oder einer Tüte aus Papier. Denn in Plastik schwitzen die Blüten, werden feucht und verderben. „Man darf ruhig wählerisch sein“, so die Expertin. „Lieber lässt man sich Zeit, kommt zur Ruhe und pflückt wenige, dafür aber nur schöne und saubere Blüten.“ Meist reiche schon eine Handvoll, um den Salat oder die Suppe zu garnieren. Denn wichtig ist auch, dass Blüten frisch geerntet und direkt verarbeitet werden.
Wer Pflanzen entdecken will, sollte sich einlesen und Exkursionen machen
Aber wie kann man sich sicher sein, dass das Geblüm, das man da gesammelt hat, tatsächlich essbar ist? „Ich kann die Unsicherheit vieler Leute verstehen“, sagt Bühring. „Natürlich gibt es zahlreiche giftige Pflanzen.“ Eisenhut zum Beispiel, unbedingt die Finger davon lassen! „Umso wichtiger ist es, behutsam zu sein und nur Blüten zu pflücken, die man kennt“, sagt sie. Wer neue Pflanzen entdecken will, sollte sich einlesen oder noch besser an Exkursionen teilnehmen, denn: „Die meiste Erfahrung sammelt man in der Natur“, sagt Bühring.
Sie selbst sammelte schon als Kind Blüten. „Blumen waren mein Spielzeug, die bunten Farben haben mich angezogen“, sagt die 73-Jährige. Von ihrem Onkel, der als Arzt arbeitete, lernte sie dann viel über die Wirkung und den Gebrauch von Pflanzen. Inzwischen schult sie neben Erwachsenen auch selbst Kinder im Umgang mit Pflanzen, gibt ihr Wissen weiter, hält Vorträge und Seminare. „Gerade mit Kindern macht das Pflücken Spaß“, sagt Bühring. „Sie sind die besten Sammlerinnen und Sammler.“
Wichtig nach dem Pflücken: Frische Blüten sollten nicht gewaschen werden, sonst verlieren sie ihr Aroma oder schimmeln. Das gilt besonders vor dem Trocknen. „Am besten legt man sie dafür nebeneinander auf einer trockenen Oberfläche aus“, sagt Bühring. Nach drei bis maximal sieben Tagen sind sie gedörrt. „Sobald sie rascheln, können sie weiterverarbeitet werden“, sagt sie.
Ein Esslöffel Salz, ein Esslöffel trockene Blüten, mörsern – fertig ist das Blütensalz. Geht auch wunderbar mit Zucker. Damit lassen sich dann Nachspeisen dekorieren oder leckere Sommerdrinks mixen. Für einen besonderen Effekt im Glas sorgen übrigens Blüten-Eiswürfel. Die Schälchen einfach bis zur Hälfte mit Wasser füllen, jeweils eine frische Blüte hineingeben, zwei Stunden anfrieren lassen und mit Wasser auffüllen. Noch mal ins Gefrierfach, dann heißt es „cheers“! Auf einen blumigen Sommer!
Rezept für Lavendeleis:
Für vier Personen
Zutaten:
- 1 EL Lavendelblüten
- 3 EL Muskatellerwein
- 250 g Mascarpone
- 250 g Joghurt
- 50 ml Lavendelsirup
- 1 Eiweiß
Zubereitung:
Lavendelsirup:
- 120 g Zucker
- 150 ml Wasser
- 9 Lavendelblütenstengel
Zubereitung
- Zucker bei schwacher Hitze im Wasser auflösen, zum Kochen bringen und nach fünf Minuten vom Herd nehmen.
- Lavendelblütenstengel 24 Stunden im Zuckerwasser ziehen lassen.
- Stängel entfernen, den Sirup abfüllen und im Kühlschrank aufbewahren.
Lavendeleis:
- Lavendelblüten 30 Minuten im Muskatellerwein ziehen lassen
- Mascarpone mit dem Joghurt zu einer cremigen Masse schlagen.
- Wein abfiltern, mit dem Lavendelsirup mischen und unter die Mascarponecreme ziehen.
- Eiweiß steif schlagen, vorsichtig unter die Masse heben und für einige Stunden ins Gefrierfach stellen.
- Vor dem Servieren Lavendelblüten überstreuen und mit einem Schuss Lavendelsirupübergießen.
Rezept für Sommersalat:
Für vier Personen
Für den Salat:
- 2 Handvoll Gänseblümchenblätter
- 2 Handvoll Löwenzahnblätter
- 1 Handvoll Sonnenblumenkerne
- Gänseblümchen- und Löwenzahnblüten
Für das Dressing:
- 4 EL Sonnenblumenöl
- 2 EL Zitronensaft
- 2 EL Orangensaft
- 1 EL milder Senf
- Salz und Pfeffer.
Zubereitung
- Gänseblümchen- und Löwenzahnblätter waschen und grob schneiden
- Die Zutaten für das Dressing mischen und die Blätter unterheben
- Eine halbe Stunde ruhen lassen, denn die Blätter des Gänseblümchens kommen geschmacklich besser zur Geltung, wenn man sie etwas durchziehen lässt
- Die Sonnenblumenkerne ohne Fett rösten, bis sie goldgelb sind, und noch heiß vor dem Servieren über den Salat geben
- Mit Gänseblümchen und Löwenzahnblüten (aus dem bitteren Kelch gezupft) dekorieren.
Rezept für Rosennudeln mit Rosenpesto:
Für vier Personen
Für den Nudelteig:
- 40 g Duftrosen-Blütenblätter
- 350 g Mehl
- 3 Eier
- 3 EL Weizenkleie, fein gesiebt
- 1 Prise Salz
- 1 EL Olivenöl
- 3 EL Rosensirup
Für das Pesto:
- 3 Handvoll Duftrosen-Blütenblätter
- 1 Handvoll Pfefferminzblätter
- Salz, Zitronensaft
- 150 ml Mandelöl
- 40 g Pinienkerne
- 40 g geriebenen Parmesankäse
- Kardamompulver.
Zubereitung:
- Rosenblütenblätter fein schneiden und mit den weiteren Nudelzutaten zu einem Nudelteig verarbeiten
- Nudelteig ausrollen und zu etwa 1,5 cm breiten Bandnudeln schneiden
- Für das Pesto Rosenblüten- und Pfefferminzblätter in hauchdünne Streifen schneiden und mit etwas Salz und Zitronensaft vermischen (das Salz „lockt“ die Aromen)
- Mit Mandelöl, Pinienkernen und geriebenem Parmesan kurz pürieren und mit etwas Kardamompulver abschmecken
- Nudeln in Salzwasser bissfest garen und mit dem Pesto servieren.
Quelle: Die Rezepte sind aus dem Buch „Blütenküche – Essbare Schönheiten sammeln und genießen“ von Ursel Bühring, 124 Seiten, Ulmer Eugen Verlag