Igel haben zu ihrer persönlichen Verteidigung eine faszinierende Strategie. Die Natur beschenkte sie mit einem Stachelkleid, das eben nicht zum Sammeln von Obst dient – das dachten einige Naturforscher noch im 19. Jahrhundert, und stellten sich wohl vor, wie Igel bestückt mit Erdbeeren durch die Gärten spazierten. Mittlerweile wissen wir, dass Igel gar kein Obst fressen, sondern es nur auf Insekten absuchen und dass die Stacheln – 6000 bis 8000 Stück sind es bei einem ausgewachsenen Tier – nicht als Obsttransporter, sondern der Selbstverteidigung dienen. Vor allem in der eingekugelten Haltung kann einem Igel eigentlich niemand etwas anhaben.
Mähroboter sind eine Gefahr für Igel
Wäre da nicht der Mensch mit seinen Erfindungen. Autos zum Beispiel schrecken vor den Stacheln nicht zurück wie ein zu neugieriger Hund. Straßen zählen längst zu den größten Bedrohungen für Igel. Viele von ihnen suchen sich heute Quartiere in Gärten. Am liebsten in den unzugänglichen Ecken, in denen Brennnesseln wachsen oder Laub liegengeblieben ist. Aber auch in sehr naturnahen Gärten gibt es meist Rasenflächen, die kurz gehalten werden. Diese Arbeit übernehmen immer öfter Mähroboter. Die Geräte ziehen leise surrend ihre Kreise, gern spätabends oder nachts, weil sie dann freie Bahn haben. Dabei wird vergessen, dass im Dunkeln Tiere wie die Igel aus ihren Verstecken kommen. Geraten sie unter einen Mähroboter, kann es dramatische Folgen haben. Zerschnittene Pfoten oder blutende Schnauzen sind noch harmlos. Im schlimmsten Fall können Rasenroboter Igel sogar töten.
Den Roboter tagsüber laufen lassen
Um objektiv einschätzen zu können, wie groß die Gefahr ist, sammeln Wissenschaftler derzeit Daten von verletzten Igeln und führten schon Experimente durch, bei denen sie bereits tote Igel in den Arbeitsbereich des Roboters legten und überprüften, wie die Mäher reagierten. Das Ergebnis: Es kommt auf das Gerät an. Unter 18 getesteten Robotern gab es keinen, der ohne Kontakt ausweichen konnte, aber doch einige Modelle, die beim Anstupsen immer die Richtung änderten und lebendige Igel nicht verletzt hätten. Und es gab solche, die über alle Igel hinwegfuhren und sie, wären sie lebendig gewesen, schwer verletzt oder umgebracht hätten. Die Studie ist in englischer Sprache kostenlos im Internet zu finden. Der Titel: "Wildlife Conservation at a Garden Level: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs."
Wer bereits einen Mähroboter hat und wissen will, wie er auf einen Igel reagieren würde, dem raten Experten zum Apfeltest. Geht so: Einen 200 Gramm schweren Apfel ins Gras legen und schauen, ob der Roboter ihn überfährt oder ob er ausweicht.
Ob mit Roboter, Rasenmäher, Motorsense, Mistgabel, Laubbläser oder Trimmer: Igelprofis empfehlen grundsätzlich, den Arbeitsbereich vorher sanft mit einem Rechen abzusuchen. Bei Robotern gilt zusätzlich: Nur tagsüber laufen lassen und nur, wenn tatsächlich ein Schnitt notwendig ist. Je seltener der Roboter eingesetzt wird, desto geringer das Risiko für Tiere.
Zur Person: Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.