Mit Beginn der Pandemie war die Nachfrage nach Kerzen besonders groß, denn man wollte es sich zu Hause besonders gemütlich machen. Und auch in diesem Jahr sind die Hersteller zufrieden. „Der Abverkauf läuft weiter sehr gut. Besonders stark sind Kerzen aus nachhaltigem Material wie Bienenwachs und Rapswachs gefragt“, sagt Peter Steinhart, Geschäftsführer der Gebr. Steinhart Wachswarenfabrik aus Krumbach. Sie stellt 5500 Tonnen Kerzen im Jahr her, mit 80 Beschäftigten in Bayern und 130 in Polen.
Profitieren Kerzenhersteller von hohen Energiekosten?
Beim Verkaufspreis sind laut Steinhart zehn Euro die Schallmauer: „Darüber wird es schwierig im Handel. Wir sind meist günstiger.“ Gefragt sind derzeit vor allem klassische Modelle in Rot, Gold und Silber. Ob die hohe Nachfrage auch mit der aktuellen politischen Lage zu tun hat? Steinhart ist skeptisch: „In der Schweiz gab es tatsächlich nach einem Aufruf, dass man sich für Notlagen wie einem Stromausfall mit Kerzen eindecken soll, erhöhte Verkaufszahlen. Dass Menschen Kerzen kaufen, um sie angesichts der hohen Preise für Gas und Öl als Wärmequelle zu nutzen, glaube ich aber nicht.“
Andere Hersteller sehen das anders. „Weihnachten ist traditionell die wichtigste Verkaufszeit für uns. In diesem Jahr profitieren wir zudem von den hohen Energiekosten – mehr Menschen als sonst zünden Kerzen an, damit es in ihren vier Wänden etwas wärmer wird und sie bei der Heizung sparen können“, sagt Bärbel Rösler, Inhaberin der Manufaktur Rösler-Kerzen im brandenburgischen Doberlug-Kirchhain.
Wie viele Teelichter bräuchte man zum Heizen?
„Seit Ende des Sommers ist bei uns der Absatz gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Das hat auch mit den steigenden Energiepreisen zu tun“, bestätigt Niels Bendig, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Kerzenfarm Hahn aus Nienbüttel in Schleswig-Holstein.
Laut Deutscher Umwelthilfe bräuchte man je nach Wärmedämmung 30 bis 50 Teelichter, um einen Heizkörper in einem 20 Quadratmeter großen Zimmer zu ersetzen.
Ist Kerzenrauch schädlich für die Lungen?
Wegen der Feinstaubbelastung warnt der Lungenfacharzt Jens Becker aus Lübeck davor, auf diese Weise die Heizkosten reduzieren zu wollen. „Wer viele brennende Kerzen über eine lange Zeit nutzt, schädigt seine Lungen“, sagt Becker Schlaf- und Beatmungsmediziner. Flackernde Lichter im Adventskranz oder am Weihnachtsbaum seien dagegen kein Problem.
„Es kommt auf die Menge an, eine mäßige Nutzung ist in Ordnung. Nach dem Abbrennen mehrerer Kerzen sollte man lüften“, sagt Becker und fügt hinzu: „Von Duftkerzen ist grundsätzlich abzuraten, denn die können bei Asthmatikern Anfälle auslösen.“ Auch der Deutsche Feuerwehrverband rät dringend vom Einsatz von sogenannten Teelichtöfen ab, weil sie in jüngster Zeit Wohnungsbrände ausgelöst haben. Baumärkte nahmen sie inzwischen aus dem Programm.
Umweltschützer kritisieren, dass viele Hersteller zur Kerzenproduktion Palmöl verwenden, eingesetzt wird, das aus der Rodung des Regenwaldes stammt. Auch das Paraffin als weltweit am häufigsten verwendeter Kerzenbrennstoff steht in der Kritik, weil er bei der Erdölverarbeitung anfällt und deswegen als umweltschädlich gilt. Die Deutsche Umwelthilfe empfiehlt auf Lichter aus Naturmaterialien aus deutscher und EU-Produktion zurückzugreifen. Nach Angaben der Umweltorganisation wurden vergangenes Jahr 120.000 Tonnen Kerzen nach Deutschland importiert. Deutschland ist damit international ein wichtiger Markt.
Führend bei der Herstellung der Kerzen in der EU ist Polen. Gleichzeitig baut China in den letzten Jahren auf Grund günstiger Preise seinen Kerzenabsatz immer stärker aus. Jeder Deutsche verfeuert im Durchschnitt 1,5 Kilogramm Kerzen im Jahr, was ungefähr 100 Teelichtern entspricht.