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Reifenwechsel
Gilt die "Von O bis O"-Regel in Zeiten des Klimawandels noch?
Auf glatten Straßen braucht man Winterreifen. Einen gesetzlichen Stichtag für den Wechsel gibt es allerdings nicht. Was Autofahrer wissen müssen.
Frau bei Reifenwechsel.jpeg       -  Bei unter sieben Grad Celsius Außentemperatur ist man mit Winterreifen sicherer unterwegs.
Foto: Angelika Warmuth, dpa | Bei unter sieben Grad Celsius Außentemperatur ist man mit Winterreifen sicherer unterwegs.
Harald Czycholl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:11 Uhr

Eis, Schnee und Matsch, urplötzlich nasse und dann wieder trockene Straßen: In der kalten Jahreszeit sind Wetterkapriolen und damit wechselnde Straßenverhältnisse keine Seltenheit. Und wenn Autofahrern der richtige Grip fehlt, steigt die Unfallgefahr. In den Wintermonaten mit Winterreifen unterwegs zu sein, ist grundsätzlich sinnvoll. Doch ab wann muss man die Winterreifen spätestens aufziehen? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die gängige Faustregel lautet „von O bis O“, also von Oktober bis Ostern. Doch angesichts des Klimawandels und von Temperaturen jenseits der 20 Grad bis in den Oktober hinein lassen viele Menschen ihre Sommerreifen deutlich länger aufgezogen.

Dagegen ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Denn die „Von O bis O“-Regel ist lediglich eine Art Gedächtnisstütze. Einen gesetzlichen Stichtag für Winterreifen gibt es in Deutschland nicht. Hierzulande gilt nur eine sogenannte „situative Winterreifenpflicht“: Nur wenn es die Straßenverhältnisse erfordern, also Schnee und Glätte das Fahren unsicher machen, darf ausschließlich mit Winterreifen gefahren werden. Wer dann keine Winterreifen hat, dem drohen Bußgelder zwischen 60 und 120 Euro und ein Punkt in Flensburg. Wenn jedoch die Sonne scheint und die Straße trocken ist, darf man immer mit Sommerreifen fahren – egal ob schon Januar ist oder das Thermometer Minusgrade anzeigt. Und wer sein Auto bei Schnee, Eis und Reifglätte in der Garage lässt, kann auf das Aufziehen der Winterreifen prinzipiell ganz verzichten.

Winterreifen: Bei einem Unfall setzt man den Versicherungsschutz aufs Spiel

Experten raten dennoch dazu, den Reifenwechsel nicht auf die lange Bank zu schieben. „Wir haben auch in Mitteleuropa teilweise wilde Wetterkapriolen“, sagt Ruprecht Müller vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg. Ein Wintereinbruch könne plötzlich und unerwartet kommen. „So plötzlich, wie der Frost über Nacht da ist, so sicher müssen dann die Winterreifen drauf sein, selbst wenn am Nachmittag desselben Tages die Temperaturen wieder bei 15 bis 20 Grad liegen“, so der ADAC-Experte.

Wenn es auf glatten Straßen zu einem Unfall kommt, setzen Autofahrer mit Sommerreifen neben ihrem Leben auch ihren Versicherungsschutz aufs Spiel: „Verursachen Autofahrer bei Schnee und Eis mit Sommerreifen einen Unfall, können sie für den Schaden zur Kasse gebeten werden“, warnt Frank Mauelshagen, Kfz-Experte der Ergo-Versicherungsgruppe. Denn bei grober Fahrlässigkeit kommt die Kfz-Kaskoversicherung nicht oder höchstens anteilig für Schäden auf. Auch die Kfz-Haftpflicht kann den Fahrer in Mithaftung nehmen, wenn ein Unfall auf falsche Reifen zurückzuführen ist.

Ganzjahresreifen sind eine Alternative, verschleißen aber im Sommer schneller

Außerdem sind Winterreifen auch schon bei niedrigen Plusgraden im Vorteil. „Spätestens wenn die Temperaturen dauerhaft unter sieben Grad Celsius sinken, ist es Zeit für die Winterbereifung“, sagt Mauelshagen. Denn bei Temperaturen von sieben Grad und darunter verhärtet die Gummimischung herkömmlicher Sommerreifen – und Winterreifen bieten den besseren Grip.

Die Alternative sind Ganzjahresreifen, die sich laut ADAC-Angaben in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit erfreuen. Auf rund 15 Prozent ist ihr Marktanteil zwischenzeitlich gestiegen, zumal sie einige Vorteile bieten: Man braucht sich keine Gedanken mehr um den Reifenwechsel zu machen und spart die entsprechenden Kosten, und man spart sich den Platz in Keller oder Garage. Doch laut ADAC-Experte Müller stellen die Allwetterreifen nur einen schlechten Kompromiss dar: Bei Schnee und Eis kann nämlich doch schneller die Haftung verloren gehen als bei echten Winterreifen. Und bei Dauernutzung im Sommer ist der Verschleiß sehr hoch.

Die gesetzliche Mindestprofiltiefe bei Reifen beträgt 1,6 Millimeter

Ob es an der Zeit ist, sich neue Reifen zu kaufen, kann man mit einem Zwei-Euro-Stück leicht selbst nachmessen: Wenn der silberne Rand ganz im Profil verschwindet, ist selbiges noch tief genug – dann hat der Reifen nämlich noch die vom ADAC empfohlene Mindestprofiltiefe von vier Millimetern. Schaut noch ein Teil des Münzen-Randes heraus, ist es Zeit für neue Winterreifen. Ein Bußgeld riskiert man allerdings hier erst, wenn die Profiltiefe weniger als 1,6 Millimeter beträgt. Zum eigenen Schutz sollte man sich aber nicht allzu nah an diesem Grenzwert orientieren. 

Allerdings hilft auch der beste Winterreifen nicht, wenn die Fahrweise nicht den Witterungsverhältnissen angepasst wird. „Bei Glätte ändert sich das Lenkverhalten des Autos“, erklärt Ergo-Experte Mauelshagen. „Außerdem wird der Bremsweg deutlich länger.“ Als Grundregel gilt daher, bei Schnee und Eisglätte möglichst langsam und mit hohem Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen zu fahren. Sinnvoll ist es auch, frühzeitig in den nächsthöheren Gang zu schalten, um ein Durchdrehen der Antriebsräder zu vermeiden. 

 
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