zurück
Kissing
"Mama Tofu" bringt eine asiatische Spezialität in die Region
Pflanzliche Ernährung liegt im Trend, Soja gilt als beliebter Eiweißlieferant. Eine Familie mit vietnamesischen Wurzeln zeigt, wie sich Bio-Tofu in Bayern herstellen lässt.
Andrea Schmidt-Forth
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:30 Uhr

"Aus der Not eine Tugend machen": Wer das kann, lebt leichter und hat am Ende vielleicht sogar eine Firma. Thi Tieng Phan zum Beispiel und ihre Angehörigen, die sie liebe- und respektvoll "Mama Tofu" nennen. Die Familie mit vietnamesischen Wurzeln hat mit Mama Tofus Know-how in Kissing die "Tofurei" gegründet und stellt das Produkt aus Bio-Sojabohnen in der Region selbst her. Aus der Manufaktur könnte bald etwas Größeres werden. Pläne gibt es schon.

"Mama Tofu" stellt den Quark aus Sojamilch in Kissing her

Doch zurück zu den Anfängen. Als Frau Phan 1987 mit ihrem Mann von Vietnam nach Bayern geht, ist Sohn Phong gerade sechs Jahre alt. Die Kinder sollen es einmal besser haben. Der Plan geht auf: Beide Kinder, zum Sohn gesellt sich noch eine Tochter, studieren, gründen selbst Familien und fassen in kaufmännischen und technischen Berufen Fuß in Augsburg und München. Soweit, so gut. Nur an Tofu, für die Eltern als Buddhisten, die sich vegetarisch ernähren, wichtig, fehlt es in der neuen Heimat.

Wer Tofu noch nicht kennt: Das chinesische Wort Tofu heißt frei übersetzt "geronnene Bohne". Tatsächlich ist Tofu Quark aus Sojamilch, wird ähnlich wie Käse hergestellt und lange Zeit aus Asien importiert, wo er seit Jahrtausenden Tradition hat. Bis 1986 ist die Produktion hierzulande verboten. Frischen Tofu gibt es damals nicht zu kaufen, im Regal liegt nur stark gepresster, oft gummiartig und neutral im Geschmack. Frau Phan weiß, dass es auch anders geht. Vor etwa 15 Jahren beginnt sie auf ihrem Balkon mit der Produktion für den Eigenbedarf. Auch Freunde begeistern sich dafür, weil ihr Tofu delikat und leicht bis "wolkig" in der Konsistenz ist. Über die Jahre verfeinert sie ihre Rezepte immer weiter mit asiatischen Gewürzen wie Koriander, Chili und Zitronengras, Sesam und frischem Gemüse.

Samstags ist Großkampftag: Auf zwei Herdplatten wird gekocht, was das Zeug hält

Nun gibt sie ihr Wissen an die nächste Generation weiter: ihre Kinder Phong, 40 und Daniela, 32. Aber auch "Papa Tofu" und die Schwiegerkinder Sebastian und Bettina, sowie die Enkelkinder Noah, Lilou und Baby Fynn dürfen bei der Produktion und vielen Veranstaltungen nicht fehlen. Man bekommt den Tofu in einigen Unverpackt-Läden im Umkreis und am Produktionstag nachmittags direkt ab dem Asamhof in Kissing. Dort, im kleinen modernen Schlachthaus des großen Bauernhofs, ist immer samstags, in der Adventszeit donnerstags, "Großkampftag". Dann trifft sich die Großfamilie, auf zwei Herdplatten wird gekocht, was das Zeug hält. Aus hohen silbernen Töpfen mit 70 Liter Fassungsvermögen steigt Dampf. "Mama Tofu" ist voll konzentriert bei der Arbeit, misst die Temperatur der erhitzten und leicht gesalzenen Sojamilch, rührt mit einem extra langen Löffel um. "Darf ja nicht anbrennen", erklärt Tochter Daniela, während sie nebenan die nächste Ladung Sojamilch aus Sojabohnen herstellt, die über Nacht in klarem Wasser eingeweicht ihr Volumen verdoppelt haben. 

Nun wird eine große Ladung davon in einer silbernen Mühle mit chinesischen Schriftzeichen geschreddert. Links läuft weiße Flüssigkeit in einen bereit gestellten Eimer, rechts fällt Schrot, das sogenannte Okara, heraus in eine Wanne. Es wird später weiterverarbeitet zu Burger Patties oder zu gutem Futter für die Tiere auf dem Asamhof. "Hier geht nichts verloren", sagt Phong Tran. Sein Vater "Papa Tofu" ist gerade in Vietnam, unter anderem, um noch eine Mühle zu erwerben. "Mama Tofu" verrichtet ihr Handwerk routiniert. Leise und freundlich gibt sie hier den Ton an. Hat die Sojamilch lang genug gekocht, bringt "Mama Tofu" sie mit Essigessenz zum Gerinnen. Dazu nimmt sie auf einem Kinderstühlchen aus Holz Platz und rührt und rührt im Topf, bis sich wenige Minuten später dicke Flocken bilden. 

Tofu ist umweltfreundlich und gesund

Daraus wird dann der Tofu gepresst. Je nach Wunsch werden noch Gewürze und/oder Gemüse, wie etwa fein geschnittener Lauch, hinzugefügt. Ein cremefarbener und zart duftender Block in der Größe eines Kuchenblechs ist das Ergebnis. Verkauft wird der frische Tofu in 500-Gramm-Stücke geschnitten und vakuumiert. "So hält er bis zu vier Wochen lang im Kühlschrank", erklärt Daniela Tran. In Scheiben geschnitten und kurz frittiert, lässt er sich auch gut einfrieren.

Tofu enthält alle essenziellen Aminosäuren und weist einen hohen Anteil an gut verwertbarem pflanzlichen Eiweiß auf, erklärt Daniela Krehl, Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung bei der VerbraucherzentraleMünchen. Er ist leicht verdaulich und in allen möglichen Varianten erhältlich: pur oder pikant gewürzt, mit Nüssen, geräuchert. Naturtofu ist in der Küche universell einsetzbar. Mit dem weicheren und cremigen Seidentofu lassen sich auch süße Dessert und Käsekuchen zubereiten. Wer mit Tofu kocht, kann lecker essen und gleichzeitig das Klima schützen. Denn in der Herstellung verbraucht der Sojaquark weit weniger Ressourcen. Rindfleisch schlägt im Vergleich dazu mit einer 20 mal höheren CO2-Last zu Buche. Ähnlich sieht die Bilanz beim Wasserverbrauch aus. Am besten schneidet regional und biologisch angebauter Soja ab. 

Die richtigen Bio-Sojabohnen sind nicht einfach zu finden

Die Tofurei-Gründer sind sehr stolz, dass sie Bio-Sojabohnen verarbeiten, die vor Ort wachsen. Geeignete zu finden, ist nicht gleich gelungen. Denn "bio" heißt nicht automatisch, dass die Bohnen die richtige Eiweiß-Zusammensetzung haben. Phongs Frau Bettina wurde zufällig beim Erdbeerpflücken auf gebrannte Sojabohnen aufmerksam. Eine Japanerin, die bei Bio-Bauer Ludwig Asam beschäftigt ist, röstet sie. Da der Landwirt schon lange an die Sojabohne glaubt, seit mehr als zehn Jahr Speisesoja anbaut und über Maschinen zur Reinigung und Bearbeitung verfügt, war er sofort begeistert von der Tofu-Idee. 

Auf dem Asamhof finden die Trans dann auch den Platz, um den Tofu herzustellen und zu verpacken. Doch die Familie denkt schon weiter. Es gäbe hier Platz für eine Produktionsstätte mit viel mehr Kapazität. Hohe Investitionen wären erforderlich und der volle Einsatz der Familienmitglieder, die als ITlerin, Volkswirt, Disponentin und Konstrukteur in Lohn und Brot sind. Noch wird gerechnet und überlegt. Doch Abnehmer wären ausreichend vorhanden, davon sind die Transüberzeugt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bio-Bauern
Familienmitglieder
Mütter
Söhne
Tofu
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen