Millionen Immobilieneigentümer haben im neuen Jahr noch eine eher unangenehme Aufgabe vor sich: Endlich die Grundsteuererklärung machen, die sie seit fast sieben Monaten vor sich herschieben und die bis Dienstag, 31. Januar, beim Finanzamt sein muss. Noch steht bei den Ämtern gut die Hälfte der fast 36 Millionen benötigten Meldungen aus: Bis Jahresende lag die Abgabequote bei 47 Prozent, berichtet das Bundesfinanzministerium. "Jetzt wird ein starker Endspurt gebraucht", sagt der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Florian Köbler.
Dass es zeitlich wohl richtig eng wird, die Grundsteuer bis 2025 auf neue Beine zu stellen, wie vom Bundesverfassungsgericht 2018 verlangt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Trudeln nicht alle benötigten Daten zu den 36 Millionen Häusern, Eigentumswohnungen und Grundstücken fristgerecht ein, bedeute das noch mehr Arbeit für die ohnehin überlasteten Finanzämter, befürchtet Köbler. Dann müssen massenweise Mahnungen verschickt und Verspätungszuschläge verhängt werden. Wer dann immer noch trödelt, dessen Grundstück wird vom Finanzamt geschätzt. Und zahlt am Ende vermutlich drauf.
Experten raten bereits zum Einspruch bei Grundsteuer-Bescheid
Zugleich zeichnen sich für Eigentümer neue Probleme ab. Es sei zu befürchten, dass mindestens ein Drittel der bereits abgegebenen 17 Millionen elektronischen Grundsteuerklärungen falsch ist. Das sagt Hans-Joachim Beck, Leiter der Steuerabteilung des Immobilienverbandes IVD und davor viele Jahre Vorsitzender Richter des Finanzgerichts Berlin: "Es gibt so viele Fehlerquellen, ganz viele Bürger haben zu viel Wohnfläche angegeben." Die ersten Experten empfehlen, vorsorglich Einspruch einzulegen, wenn der Bescheid ins Haus kommt. In Baden-Württemberg ist bereits die erste von vier Musterklagen gegen die neue Landesgrundsteuer eingereicht. Auch gegen das Bundesmodell in elf Bundesländern gebe es verfassungsrechtliche Bedenken, sagt Köbler. "Die Politik muss jetzt so schnell wie möglich dafür sorgen, dass in die Bescheide ein Vorläufigkeitsvermerk reinkommt. Wenn jeder Bürger einzeln Einspruch erhebt, wird das ein Tsunami und die Finanzämter können zusperren."
Über die Verlängerung der Abgabefrist entscheidet der Sachbearbeiter
Wer den Antrag noch vor sich hat, sollte sich zeitnah dran setzen, rät Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands privater Bauherrn (VPB). Wer die Abgabefrist zum Monatsende nicht schafft, kann sein Finanzamt um Verlängerung bitten. Aber: Ob Aufschub gewährt wird, entscheide der Sacharbeiter, gibt Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, zu bedenken.
Es gibt zwei Wege, die Steuererklärung kostenfrei zu wuppen. Einmal über Elster. Dafür gibt es inzwischen viele Schritt-für-Schritt-Videos und Anleitungen im Internet. Das Ratgeberportal Finanztipp etwa hält kostenfreie Ausfüllhilfen für alle Bundesländer bereit. Der zweite Weg geht über das Grundsteuer-Portal des Bundesfinanzministeriums. Die Seite hilft Privatleuten, die Daten zu ihren Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und unbebauten Grundstücken abzugeben. Ein Elster-Zertifikat ist nicht nötig. Aber: Das System hilft nur in Ländern, die nach dem Bundesmodell rechnen. Bei Immobilien in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen bringt es nichts.
Wer allein nicht klar kommt, darf sich von Kindern, Nachbarn oder Freunden helfen lassen. "Das ist zulässig, wenn es sich um kein geschäftsmäßiges Angebot handelt", betont Beck. Wer online scheitert oder keinen Computer hat, kann die Grundsteuererklärung auf Papier abgeben. "In Bayern geht das problemlos, in anderen Ländern sollten Bürger beim Finanzamt hartnäckig nachfragen", so Köbler. Die Papier-Formulare gelten als einfacher. Wer sich möglichst wenig mit der ungeliebten Aufgabe beschäftigten will, kann sich auch bei kommerziellen Anbietern Unterstützung holen - zum Beispiel mit spezieller Software oder beim Steuerberater. Wichtig: Alle Helfer, selbst die Profis, sind darauf angewiesen, dass Eigentümer die Daten zur Immobilie erst einmal selbst zusammensuchen.
Grundsteuer-Erklärung: Vorsicht bei der Berechnung der Wohnfläche
Wer ab 2025 nicht zu viel Grundsteuer zahlen will, sollte sich keine Schnitzer bei der Wohnfläche leisten. Einfach die Quadratmeter aus Kaufvertrag oder Bauunterlagen übernehmen, sei die häufigste Ursache für Fehler, warnt Beck vom IVD. Denn nicht alle Räume müssen angegeben werden. Zur Wohnfläche gehört nur, was man auch zum Wohnen nutzt, also Schlaf- und Wohnzimmer, Kinder- oder Gästezimmer, die Küche, der beheizte Wintergarten. Dagegen können Abstellkammern, Kellerräume und Dachboden können rausgerechnet. Die Quadratmeter von Balkonen und Terrassen werden geviertelt, bei Dachschrägen zählen Räume unter zwei Metern Höhe zählen nur zur Hälfte, unter einem Meter gar nicht. Nutzflächen wie Garagen müssen erst ab einer bestimmten Größe angegeben werden, je nach Bundesland. Auch die Frage nach der Kernsanierung eines älteren Gebäudes kann zur Stolperfalle werden. Jeder sollte seine Angaben gegenüber dem Finanzamt aufheben. "Müssen Mieter später deutlich mehr Grundsteuer zahlen, ist Streit mit dem Vermieter absehbar, wenn dieser nicht vorweisen kann, was er mal eingetippt hat", mahnt Timo Gansel, Rechtsanwalt aus Berlin, zur Vorsicht. Wichtig: In Baden-Württemberg spielt die Wohnfläche keine Rolle.
Die Post vom Finanzamt sollte unbedingt sofort gecheckt werden, rät Beck. In den meisten Ländern besteht sie aus dem Bescheid über den Grundsteuerwert und dem Bescheid über den Grundsteuermessbetrag. Wer plötzlich unsicher ist, ob er bei den Quadratmeterzahlen nicht doch falsch lag, hat jetzt noch die Gelegenheit zur Korrektur - und zwar einen Monat lang. "Jeder sollte vorsorglich Einspruch bei seinem zuständigen Finanzamt einlegen, solange die Bescheide keinen Vorläufigkeitsvermerk haben", empfiehlt Beck. Der Widerspruch geht formlos und sichert Zeit. Auch hierfür gibt es Musterbriefe. Das Finanzamt fordert dann eine Begründung an, auch wenn man verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet hat. "Man kriegt dafür dann üblicherweise drei bis vier Monate Zeit eingeräumt", berichtet Beck.
Was tun, wenn der Grundsteuer-Bescheid schon rechtskräftig ist?
Wer zu den Fleißigen gehört, die ihre Erklärung längst gemacht haben und jetzt erst mitbekommen, dass sie sich bei ihren Angaben vertan haben, steht vor einem Problem. Wenn der Bescheid bestandskräftig ist, lässt sich kein Einspruch mehr einlegen. Eine Änderung kann dann nur noch über eine sogenannte fehlerbeseitigende Fortschreibung erkämpft werden, wie Gansel erläutert. Das kann für den Steuerbürger aufwendig und mit Kosten verbunden sein. "Ganz aussichtslos ist das aber nicht", sagt Köbler.
Wie viel Grundsteuer man als Eigentümer tatsächlich zahlen muss, stellt sich erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 heraus - wenn die Kommune ihren Bescheid für die ab 2025 gültige "neue" Grundsteuer verschickt. Liegt der im Briefkasten, gibt es keine Chancen mehr zur Gegenwehr. Dieser letzte Bescheid lässt sich nicht mehr anfechten.