"Sauber, toller Pool, leckeres Essen", heißt es oft. "5 Sterne." Beim Lesen der Bewertungen von Hotels fängt der Urlaubsspaß schon vor Ferienbeginn an. Die Unterkunft sieht schick aus, in den Bewertungen vorheriger Gäste ist nur Positives zu lesen. Vor Ort dann das böse Erwachen: Das im Internet so hochgelobte Hotel ist gar nicht so Extraklasse und "5 Sterne"-würdig, wie erwartet. Die Bewertungen waren gefälscht. Der Markt für Fake-Rezensionen boomt. Kriminelle Vereinigungen hauen Urlauberinnen und Urlauber übers Ohr.
Bewertungen im Internet: Fast überall lauern Fake-Rezensionen
Dass Kundenbewertungen längst kein authentisches Bild mehr darstellen, zeigt eine 2022 von der EU-Kommission veröffentlichte Untersuchung: Bei fast zwei Dritteln aller untersuchten Internet-Portale gab es Zweifel an der Echtheit der Kundenbewertungen. Die meist überschwänglich positiven Kommentare sind nicht von Menschen geschrieben, die den Staubsauger wirklich getestet oder tatsächlich in der Ferienwohnung übernachtet haben. Was beim Staubsauger schon ärgerlich, aber verkraftbar ist, kann beim teuren Spanienurlaub schnell zu einer vierstelligen Fehlinvestition führen.
Das Tückische: Wie das Urlaubsportal HolidayCheck in einem Papier über gefälschte Bewertungen schreibt, werden mehr als 60 Prozent aller Kaufentscheidungen durch Bewertungen beeinflusst. In der Urlaubsplanung vertrauen sogar über 70 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Buchung den "Erfahrungen" anderer Gäste. Der Schaden durch diese Fälschungen beläuft sich dem wissenschaftlichen Bewertungsdienst Trustami der TU Berlin zufolge auf jährlich 3,8 Milliarden Euro. Darunter leide das Vertrauen in die Reisebranche, sagt Anja Karliczek, tourismuspolitische Sprecherin der Union im Bundestag. "Viele Familien buchen im Vertrauen auf echte und faire Bewertungen ihren ohnehin aktuell sehr kostspieligen Urlaub. Wenn diese nun betrogen werden, ist dies nicht hinzunehmen. Dazu kommt, dass unsere heimischen Anbieter von Hotels und Gastronomie-Betrieben jetzt Schutz vor den kriminellen Machenschaften brauchen."
Der Markt boomt: Bewertungen werden von KI gefälscht
Die gefälschten "Erfahrungsberichte" sind ein eigener Markt. Im Internet werden Menschen angeworben, die gegen Bezahlung hunderte von Fake-Bewertungen schreiben. Davon profitieren dann die über den Klee gelobten Anbieter. Immer häufiger kommt dafür Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Das Verfassen von Fake News ist in Deutschland verboten und wird zivilrechtlich verfolgt. Karliczek von der CDU reicht das nicht: "Ich fordere deshalb eine wirksame strafrechtliche Verfolgung gegen diese oft organisierten kriminellen Machenschaften auf EU-Ebene. Zivilrechtliche Ansprüche genügen nicht. Hier kann Politik zeigen, dass sie im Sinne der Verbraucher und unserer Tourismusbranche handelt."
Plattformen, die mit Bewertungen arbeiten, haben die Pflicht, diese auf Authentizität zu prüfen. Gegen die Flut an Fälschungen haben sie aber kaum eine Chance, heißt es vonseiten HolidayChecks: "Leider lässt hier der Gesetzgeber die Verbraucher im Stich. Die Politik muss für Unternehmen die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, um Verbraucher vor Betrug zu schützen. Es fehlen jedoch abschreckende Maßnahmen und Strafen gegen organisierten Bewertungsbetrug." Seit Mitte 2022 gilt in Deutschland ein Gesetz, das die Bewertungen in Online-Shops transparenter machen soll.
Deutsche haben Reiselust: Italien und Spanien rechnen mit Rekordbesuchen
Die zunehmenden Fälschungen treffen auf einen regelrechten Urlaubsboom der Deutschen. Die Umsätze bei Reiseveranstaltern haben sich laut Deutschem Reiseverband Anfang 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum teilweise verdoppelt. Italien und Spanien rechnen 2023 mit neuen Rekordzahlen an Urlauberinnen und Urlaubern.