Wer einen fünf- oder sechsstelligen Euro-Betrag für ein Reisemobil ausgibt, will einen Kaskoschutz haben – es steht zu viel Geld auf dem Spiel. Vor allem ungeübte Fahrer greifen vorsorglich zur Voll- statt nur zur Teilkasko. Die Vollkasko zahlt auch dann, wenn der Schaden selbst verursacht wurde. Doch ausgerechnet bei teuren Fahrzeugen kann das Vorhaben scheitern. "Einige Anbieter schauen ab einem Neupreis von etwa 75.000 Euro genauer hin und lehnen einen Vertragsabschluss auch schon mal ab", sagt Beate Bextermöller von der Stiftung Warentest.
Der Bund der Versicherten (BdV) bestätigt das. Für hochwertige oder teure Reisemobile könne die Vereinbarung einer Vollkasko "in Einzelfällen tatsächlich schwieriger sein", berichtet BdV-Sprecherin Julia Alice Böhne. Ab welchem Fahrzeugwert dies der Fall sei, lasse sich aber nicht genau sagen: "Denn die Annahmerichtlinien der Versicherer sind sehr unterschiedlich und werden nicht offengelegt.”
Versicherungen müssen keine Kaskoversicherung für Wohnmobile anbieten
Einen Haftpflichtschutz müssen die Versicherer dem Kunden anbieten – eine Kaskoversicherung nicht. Laut BdV können sie einen Vertrag deshalb "schlicht ablehnen oder sehr hohe Prämien beziehungsweise Selbstbeteiligungen verlangen" und sich so "die schlechten Risiken einfach vom Hals halten”.
Was kann man als Betroffener tun? Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält den Markt der Reisemobil-Versicherungen für "ein Musterbeispiel eines sehr intransparenten Marktes, früher hat man Tarifdschungel gesagt". Versicherungsreferent Peter Grieble rät deshalb, nicht alleine nach Vertragsangeboten zu suchen, sondern einen Versicherungsmakler oder Honorarberater einzuschalten, die sich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden richten müssten.
Honorarberater und Makler als Unterstützung bei der Wohnmobilversicherung
"Man erhält eine Marktanalyse und hat jemanden, an den man sich halten kann, wenn es Probleme gibt. Die Fälle einer Nichtversicherbarkeit werden dadurch minimiert", so der Verbraucherschützer. Wer sich den Tarif selbst suche, spare auch nicht viel Geld, "vor allem wenn man die Leistungsseite mitbetrachtet”. Denn neben dem Preis müssten vor allem auch die Leistungen im Schadensfall stimmen. Wie Makler und Honorarberater seien auch Versicherungsvertreter verpflichtet, sich nach den Bedürfnissen des Kunden zu richten.
Von der Idee, nur den eigenen Pkw-Versicherer zu fragen, hält die Reisemobil Union (RU) wenig. Nach Beobachtung des Interessensverbands der Reisemobilisten ist es "oft schwierig, bei 'normalen’ Kfz-Versicherungen Vollkaskoschutz für teure Reisemobile zu bekommen”. Diese seien "aber ohnehin selten die beste Wahl für ein Reisemobil”, sagt Präsidiumsmitglied Siegfried Orth.
Schadensfreiheitsklassen sind bei Wohnmobilien meist früher gekappt als bei Autos
Stattdessen empfiehlt er auf Reisemobile spezialisierte Versicherungen und Versicherungsmakler, bei denen Vollkasko "problemlos auch bis deutlich über 100.000 Euro” angeboten werde. Außerdem gebe es dort "maßgeschneiderte Verträge, die zum Beispiel auch Versicherungsschutz außerhalb Europas, eine umfassende Inhaltsversicherung, auf die Maße und Gewichte von Reisemobilen abgestimmte Pannenschutzbriefe etc. beinhalten können”.
Wer erstmals ein Wohnmobil versichert, wird überrascht sein über die Schadensfreiheitsklasse (SF-Klasse), in die das Fahrzeug eingestuft wird. Die SF-Klassenstaffel ist deutlich kürzer als bei Pkw. So empfiehlt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Rabattstufen bis SF 20, während es bei Pkw bis SF 50 geht. "Die kürzere SF-Staffel für Camping-Fahrzeuge resultiert aus mathematisch-statistischen Gründen, zudem liegen deutlich weniger Daten zu Campern vor als zu Pkw, sodass valide Aussagen nur zu weniger Klassen möglich sind", erläutert eine GDV-Sprecherin.
Teilweise geht es bei Wohnmobilien nur bis SF 10
Laut Reisemobil Union weichen viele Versicherer von der GDV-Empehlung ab und verwenden SF-Tabellen nur bis SF 10. Es gebe aber auch Verträge bis über SF 20. Dabei entspreche eine bestimmte SF-Stufe keineswegs bei jedem Anbieter demselben Rabatt in Prozent, und auch die Rückstufungstabellen im Schadensfall seien sehr unterschiedlich. "Das macht den Versicherungsvergleich sehr intransparent, und man muss jeden Einzelfall detailliert ansehen. Allgemeine und für jeden passende Lösungen gibt es leider nicht ", so Orth.
Der Verbraucherverband BdV rät, wegen hoher Beitragsunterschiede immer mehrere Versicherungsangebote einzuholen. "Damit man im Schadensfall keine Kosten aus eigener Tasche zahlen muss, sollte das größte Augenmerk allerdings immer auf den Leistungen liegen", sagt Sprecherin Böhne. Um die Versicherungsprämie zu reduzieren, könne etwa eine höhere Selbstbeteiligung gewählt oder der Kreis der Fahrberechtigten eingeschränkt werden. Der nächtliche Abstellort – möglichst nicht an der Straße – oder die Vereinbarung eines Saison-Kennzeichens könnten die Versicherungskosten ebenfalls drücken.