Er gab sich als Interessent des Porsche Cayenne aus, den ein Mann aus dem Norden Bayerns verkaufen wollte, und vereinbarte eine Probefahrt – der Besitzer fuhr auf dem Beifahrersitz mit. Plötzlich fuhr der Mann rechts ran – und ein weißer VW Bus hielt direkt hinter ihm. Acht junge Männer sprangen heraus, zerrten den Porsche-Besitzer vom Beifahrersitz, bedrohten ihn mit einer Pistole und verletzten ihn mit einem Messer. Dann verteilten sich die Männer auf die beiden Fahrzeuge – und brausten mit dem Porsche und dem VW in Richtung Autobahn davon.
Selten läuft ein Autoklau so spektakulär in Wild-West-Manier ab wie an jenem Novembertag des Jahres 2022 nahe Würzburg. Aber die Zahl der Fahrzeugdiebstähle hierzulande nimmt zu, zeigt die Statistik des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Demnach wurden 12.277 kaskoversicherte Pkw gestohlen – im Vorjahresvergleich ist das ein Plus von 25 Prozent. Zudem ist die Zahl der Diebstähle von Autoteilen wie Bordcomputern, Airbags oder Lenkrädern um 15 Prozent gestiegen. Auch der Schaden erhöhte sich: Im Durchschnitt zahlten die Versicherer für jeden Diebstahl fast 20.300 Euro, das waren rund sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders beliebt bei Autodieben sind der Statistik zufolge große SUV-Modelle wie der Jeep Cherokee, der Toyota Land Cruiser und Range Rover Modelle.
ADAC: Sicherheitslücke in Keyless-Schließsystemen
Besonders diebstahlanfällig sind laut ADAC moderne Autos mit Keyless-Schließsystem. Sie seien leichter zu stehlen als Fahrzeuge mit normalem Funkschlüssel. Bei den Komfort-Schließsystemen erkennt das Auto den Schlüssel, wenn sich der Fahrer in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befindet und sperrt die Tür auf, ohne dass der Fahrer den Schlüssel aus der Tasche nehmen muss. Der Motor lässt sich per Knopfdruck starten. Doch die Systeme haben laut ADAC-Angaben eine weitverbreitete Sicherheitslücke, die sich die Langfinger zunutze machen: Sie müssen sich nur mit einem kleinen Gerät in der Nähe des Autoschlüssels aufhalten – auch wenn sich dieser nicht in unmittelbarer Nähe zum Auto befindet – und mit einem zweiten Gerät an der Autotür. So lässt sich die Reichweite der Signale um Hunderte von Metern verlängern – und das Auto lässt sich bequem illegal öffnen und starten.
Aber auch die herkömmlichen Einbruchsmethoden wie Scheibe einschlagen, Tür oder Schloss ausstechen oder Kofferraum aufhebeln sind nach wie vor weitverbreitet. „Um sich davor zu schützen, lautet die oberste Regel: Beim Verlassen des Fahrzeugs niemals Wertsachen offen liegen lassen“, betont Peter Schnitzler, Kfz-Experte bei der Ergo Versicherungsgruppe. Außerdem ist es wichtig, Fenster, Türen, Kofferraum sowie Cabrio- oder Schiebedach immer fest zu verschließen. Das gilt auch für einen kurzen Stopp beim Bäcker oder an der Tankstelle. Ergänzend kann eine Lenkradkralle Kriminelle abschrecken.
Auto gestohlen: Was die Polizei jetzt wissen muss
Es lohnt sich, in den Diebstahlschutz zu investieren. Dies kann großen Ärger und hohe Kosten sparen. Im Fall der Fälle sollte als Erstes die Polizei über das gestohlene Fahrzeug oder entwendete Gegenstände informiert und Anzeige gegen Unbekannt erstattet werden. Im Fall eines Aufbruchs sollten alle Schäden am Fahrzeug mit Fotos dokumentiert werden. „Zusätzlich kann eine Liste mit allen entwendeten Teilen sinnvoll sein“, so Kfz-Experte Schnitzler. Gestohlene Fahrzeuge sollten Autofahrer außerdem umgehend mit der Zulassungsbescheinigung bei der Kfz-Zulassungsstelle stilllegen lassen. „Außerdem gilt es, so schnell wie möglich die Versicherung zu informieren“, rät Schnitzler. „Für die Schadensmeldung benötigen Autobesitzer das Protokoll der Polizeidienststelle, den Kfz-Brief, alle Autoschlüssel und die Bescheinigung über die Stilllegung.“
Wenn ein Fahrzeug gestohlen oder ein Auto für den Diebstahl eines fest eingebauten oder fest mit dem Auto verbundenen Teils aufgebrochen wurde, ersetzt die Teilkaskoversicherung den Schaden, erklärt GDV-Sprecherin Kathrin Jarosch. „Auch wer eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, wird entschädigt, denn die Teilkasko ist automatisch in der Vollkasko inbegriffen.“
Auto-Diebstahl im Ausland: Was die Versicherung zahlt
Ist das Auto im Urlaub plötzlich weg oder aufgebrochen, ist das besonders ärgerlich und die Urlaubsfreude hinüber. Um das zu verhindern, empfiehlt Ergo-Experte Peter Schnitzler, möglichst nur auf bewachten Parkplätzen zu parken. Ist der Wagen dennoch weg, müssen Betroffene umgehend die Polizei informieren und Anzeige erstatten. „Um den Diebstahl bei der Versicherung zu melden, ist es wichtig, sich alle relevanten Dokumente von der Polizei im Ausland aushändigen zu lassen“, sagt Schnitzler. Zudem sollte die Versicherung umgehend informiert werden.