Alles was im Wald wächst, liebt den Schatten. Sagt der Experte – und hinterlässt einen enttäuschten Hobby-Gärtner. Nein, tut er natürlich nicht. Denn Philipp Schönfeld weiß, dass ein grüner Garten schön, ein blühender aber noch schöner ist. Klar, wo die Sonne nicht hinkommt, wächst immer noch ein Farn. Doch der Gartenarchitekt hat ein paar Tipps, wie man doch noch Rot, Blau oder Weiß in die schattigen Ecken seines Gartens oder seiner Terrasse zaubern kann. Wir verraten jetzt, wie das geht.
Schönfeld ist Experte für Schattenplätze bei der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG), wirbt zwar für maximale Natürlichkeit, kennt aber auch die Sehnsucht der Hobbygärtner nach Farbenpracht. Buschwindröschen, die blau blühenden Leberblumen oder in all ihrer Farbenvielfalt die Primeln – Klassiker hat's genug. Einziger Nachteil: Die meisten Schattenblüher sind Frühjahrsblüher. Wird dann im Sommer gegrillt und kommen die Gäste, ist's dann meist schon vorbei mit dem Farbenzauber. „Das hat die Natur so eingerichtet“, sagt Schönfeld. „In der Natur blüht es, solange Licht durch das noch spärlich treibende Gehölz fällt.“ Soll's auch nach dem Frühjahr bunt sein, empfehlen sich Japan-Anemonen, die sehr durstigen Astilben oder Eisenhut – bei Letzterem ist freilich gerade in einem Kinderhaushalt ob seiner Giftigkeit Vorsicht geboten.
„Es ist schön, beides zu haben, eine ausgewogene Mischung aus Sonne und Schatten“, beugt Petra Pelz ganz bewusst der Angst vor dunkleren Stellen vor. Die Pflanzplanerin, die schon Passagen der Internationalen Gartenschau in Berlin gestaltet hat und aktuell auch auf der Landesgartenschau in Würzburg tätig ist, macht aus der Not eine Tugend: „Schatten muss kein Fluch sein. Schatten hat Potenzial. Mit den richtigen Pflanzen kann man stimmungsvolle Bilder malen. Es ist zauberhaft, wenn sich Licht durch die Kronen der Bäume bricht“, meint sie dabei aber primär natürlichen Schatten. Dass unter ausladenden Bäumen sich selbst der Rasen schwertut, ließe sich mit speziellem Schattenrasen in den Griff bekommen. Wenn nicht: „Ein Holzdeck darunter bauen, ein kleines Tischchen und zwei Stühle – fertig ist ein lauschiger Sitzplatz.“ Für dunkle Problemstandorte rät sie zu flachwurzelnden Pflanzen wie der unkomplizierten, immergrünen Japan-Segge, den sich buschig ausbreitenden, blau blühenden Steinsamern oder der krautigen, bis zu 70 Zentimeter hoch wachsenden Mandel-Wolfsmilch.
Pelz kommt schier ins Schwärmen, wenn es um Schatten geht. Nun, dem gesundheitlich sicher nicht falschen Trend, sich allzugroßer Sonnenbelastung zu entziehen, widerspricht das nicht. Deswegen plädiert die Gartendesignerin sogar für nachträglich ins Grundstück integrierte Schattenspender. „Weiter weg vom Haus sollten diese natürlich, am Haus aber idealerweise baulich sein. Beispielsweise Sonnensegel, Holzwände, Rankgitter oder Pergolen.“ Hilfreich seien auch die klassische Hecke, Forsythien, Flieder oder Spiraea. Allesamt seien sie wenig schnittbedürftig, bei rund zweieinhalb Metern Höhe sei Schluss.
Kommt aber der Wunsch hinzu, eine sorgfältig und dauerhaft beschattete Terrassenfläche mittels Pflanzen farbenfroh zu gestalten, werde es schwierig. Denn Kübelklassiker wie der Oleander wollen's nun mal sonnig. Schönfeld fallen zwar ein paar verlässliche Blüher wie die Fuchsie ein, weiß aber auch um die Nachteile vieler. So ist beispielsweise die Hortensie extrem durstig, die Eibe giftig. Von daher empfiehlt es sich, immergrüne und winterharte Pflanzen zu wählen und lieber mit bunten Gartensteckern oder Dekorkugeln zu arbeiten. Bei der Winterhärte rät Schönfeld dazu, dass die Kübelpflanzen, die ganzjährig im Freien bleiben sollen, mindestens Zone fünf aushalten. „Wir befinden uns in Deutschland in Zone sieben.“ Die Skala geht von eins (Temperaturen unter minus 45,5 Grad) bis elf (über 4,4 Grad). Besagte Zone sieben sieht nächtliche Tiefstwerte zwischen minus 12,3 bis minus 17,8 Grad Celsius vor.
Etwas weniger empfindlich sind naturgemäß ausgepflanzte Gewächse, wobei der Standort eine entscheidende Rolle spielt. Für Schönfeld liegt der Reiz eines Gartens ohnehin in einem Kontrast aus helleren und dunkleren Ecken. Schattenspendende Bäume, Sträucher oder Büsche ließen sich wunderbar aufpeppen mit sogenannten Gehölzrandstauden. Ihre Blüten- und Farbenvielfalt lasse sich nahezu auf das ganze Jahr verteilen. Und im Winter spendet das herabfallende Laub der Gehölze den Staudenpflanzen Wärme und Nahrung, sollte deswegen, sofern es sich um kein schwer verrottbares wie beispielsweise das von Walnussbäumen handelt, auch nicht entfernt werden.
Die Reihe solcher Gehölzrandstauden ist schier unendlich, denn sie gedeihen am besten unter den Lichtverhältnissen, die auf einem etwas stärker bepflanzten Grundstück ohnehin dominieren: Halbschatten beziehungsweise lichter Wanderschatten. Neben der Zaubernuss, Scheinhasel, Veilchen, Schlüsselblume, Fingerhut, Frauenmantel, Maiglöckchen, Fuchsie oder gerade an kühleren Standorten auch Hortensien oder Rhododendren hat Schönfeld einen persönlichen Favoriten: den blutroten Storchschnabel. Der blüht zwar eigentlich eher in Rosa-, Pink- und Lila-Tönen, aber im Herbst verfärbt sich sein Laub blutrot. In der Natur kommt er vor allem am Waldrand vor, und er mag ein Wechselspiel aus Licht und Schatten.
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Tipps
Auch Früchte tragende Pflanzen gedeihen im Schatten, zum Beispiel die Heidelbeere, Preiselbeere oder Walderdbeere. Das Problem: Sie brauchen sauren Boden. Die Lösung: Den Boden mit entsprechendem Substrat anreichern und nur mit Regenwasser gießen, denn das Leitungswasser in Unterfranken ist zu kalkig.
Kübelpflanzen lassen sich leichter überwintern, wenn der Kübel innen mit einer rund zwei Zentimeter dicken Styroporschicht ausgekleidet wird. Das wärmt im Winter, kühlt im Sommer. Und das lästige Ein- und Auspacken der Kübel mit Luftpolsterfolie oder Matten vor und nach dem Winter entfällt.
Die Landesgartenschau 2018 findet noch bis zum 7. Oktober täglich ab 9 Uhr in Würzburg auf dem Gelände am Hubland statt. Die Kassen schließen um 18 Uhr.
Buchtipp: Schattenpflanzen – Romantische Plätze gestalten. Von Dorothée Waechter, BLV Buchverlag, 15 Euro.