Es gibt drei Zettel im Kindergarten, die einen als Mutter schnell mal aus der Fassung bringen können: „Wir haben Fälle von Magen-Darm!“, „Es sind Streptokokken aufgetreten“ und „Wir haben Läuse“. Dazu gesellen sich häufig noch Bindehautentzündung oder – ganz böse – „Hand-Mund-Fuß“. Eine Bloggerin nannte das mal „Russisch Roulette für Eltern“. Irgendwie stimmt das. Denn bei einer Erkrankung sind die Kinder oder man selbst auf jeden Fall dabei. Im schlimmsten Fall erwischt einen das komplette Programm.
Lästig aber nicht gefährlich
Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin nicht nur Mutter geworden, sondern auch Krankenschwester. Im ersten Kita-Jahr waren meine Kinder ständig krank: Magen-Darm, Bronchitis, Streptokokken und Dauerschnupfen. Oft lag ich genau dann, wenn die Kinder wieder fit waren, selbst flach. Aber nicht nur einige Tage, sondern mich erwischte es grundsätzlich doppelt so schlimm, plus gleichzeitig meinen Mann natürlich.
In diesem Jahr waren die Läuse besonders lästig. Von Februar bis September wanderten sie in unserer Kita von einem Kopf zum nächsten. Als Kind hatte ich übrigens nie Läuse, aber als Erwachsene. Das war nicht schön. Seitdem bekomme ich Panik, wenn ich das „Es ist ein Fall von Läusen aufgetreten“-Schild an der Pinnwand sehe. Mein Kopf fängt sofort an zu jucken. Vorbeugend verordne ich dann Weiderinden- oder Kokosshampoo für die ganze Familie.
Häufigste parasitäre Erkrankung bei Kindern
Dabei besteht kein Grund zur Aufregung: „Läuse sind zwar lästig und unangenehm, aber keine gefährliche Erkrankung“, erklärt Eva Köberlein, Kinderärztin am Gesundheitsamt in Würzburg. Was viele nicht wissen: Kopflausbefall ist die häufigste parasitäre Erkrankung im Kindesalter, insbesondere im Alter zwischen fünf und 13 Jahren. Die Laus wandert von Kopf zu Kopf, von einem Haarschopf zum nächsten. Wie die Haare beschaffen sind, ob blond oder braun, ob kurz oder lang, ob gewaschen oder ungewaschen – das ist den Tierchen egal.
Schamgefühl verhindert Transparenz „Wenn der Kreislauf der Neuansteckungen nicht unterbrochen wird, können sich Läuse über Wochen und Monate immer wieder weiterverbreiten“, sagt Köberlein. Das liege daran, das entweder nicht korrekt behandelt oder die Einrichtung aus einem falsch verstandenen Schamgefühl durch die Eltern nicht informiert wird. Dabei müssen, wenn ein Fall von Läusen auftritt, unbedingt zeitnah ALLE Kinder auf Läuse untersucht, und parallel behandelt werden. „Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Kinder erneut gegenseitig anstecken.“
Eier nah an der Kopfhaut
Läuse sind etwa drei Millimeter große, krabbelende Insekten, die sich von Blut ernähren. Sie haben sechs Beine und eine graue bis rötliche Farbe. Die Laus klebt ihre Eier gerne in unmittelbarer Nähe zur Kopfhaut an die Haare, und zwar bevorzugt im Bereich der Schläfen, hinter den Ohren und im Nacken. „Wenn sich das Kind dort kratzt, dann sollte man nachsehen“, rät die Ärztin.
Werden Läuse festgestellt, muss man sofort behandeln. „Jetzt ist es wichtig, das Umfeld zu informieren.“ Werden die unliebsamen Kopfbewohner entdeckt, sind oft schon mehrere Kinder eines Freundeskreises, einer Kita-Gruppe oder Schulklasse betroffen. Die Mittel gegen Kopflausbefall und den Nissenkamm bekommt man in jeder Apotheke. „Für Kinder bis zwölf Jahre gibt es die Mittel auf Rezept“, erklärt Köberlein. Das ist gut, denn Läuse-Shampoo ist nicht billig. Eine Behandlung kostet je nach Haarlänge zwischen 15 bis 20 Euro pro Person.
Übertragungsweg von Kopf zu Kopf
Beim ersten Läuse-Alarm habe ich noch alle Kuscheltiere eingefroren, Bürsten und Kämme wochenlang in Plastiktüten gesteckt und sämtliche Kissen und Betten mit Desinfektionswaschmittel gewaschen. Eigentlich völlig übertrieben. Denn der direkte Übertragungsweg von Kopf zu Kopf ist bei weitem der häufigste– eine Übertragung über Gegenstände kommt äußerst selten vor.
Das Durchkämmen mit dem Läusekamm ist nervig, muss aber sein. Die optimale Behandlung besteht aus der Kombination von Läusemittel und sorgfältigem Auskämmen mit einem Läusekamm. „Das Mittel darf nicht zu kurz einwirken und sollte nicht zu sparsam aufgetragen werden, sondern genau nach den Vorgaben des verwendeten Mittels.“ Wichtig sei auch, die Behandlung acht bis zehn Tage später zu wiederholen.
Wirklich schützen kann man sich vor Läusebefall nicht. „Theoretisch kann es jeden jederzeit treffen, der näheren Kontakt zu anderen Menschen hat“, sagt Köberlein. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Läuse-Epidemie in unserem Kindergarten beendet ist, denn jetzt beginnt ja schon wieder die Erkältungszeit, mit anderen nervigen Erkrankungen. „Ganz wichtig ist es, schon die Kleinsten zum Händewaschen anzuhalten“, sagt Köberlein.
Und die gute Nachricht für alle Familien: Nach einigen Jahren ist das kindliche Immunsystem so eingespielt, dass Infekte deutlich seltener werden. Schon nach dem dritten Geburtstag geht es steil bergauf. Und nach dem dreizehnten Lebensjahr sind auch Läuse nur noch in absoluten Ausnahmefällen zu Gast. Dann braucht man nicht mehr bei jedem Kratzen hinterm Ohr Lupe und Läusekamm hervorziehen.
Kinderbücher zum Thema Läuse
Die Haare gründlich kämmen und waschen, Kuscheltiere in die Tiefkühltruhe stecken, ein Spezialöl anwenden und vieles mehr. „Läusealarm!“ von Kinderbuchautorin Charlotte Habersack gibt es auch in der Maxi Pixi-Version (Carlsen Verlag). Es geht um Grundschüler Anton, der gar nicht aufhören kann, sich am Kopf zu kratzen. „Kann ich die Läuse behalten?“, fragt Anton, der schon immer ein Haustier haben wollte. Auf humorvolle Art wird ein lästiges Familienproblem beschrieben. Und man bekommt ganz nebenbei mit, wie man der Läuse Herr wird. Schritt für Schritt. Kinder ab 3 Jahren haben beim Vorlesen genauso Spaß wie Schulkinder beim Selberlesen.