Wer vor 18 Minuten zuletzt sein Smartphone benutzt hat, liegt voll im Trend. Nach einer Studie der Universität Bonn aktviert ein Mensch im Durchschnitt 53 Mal am Tag sein Handy. Das mobile Kommunikationsgerät hat längst Einzug in den Alltag der Menschen gehalten und ihn verändert.
Das bestätigt Medienpsychologin Astrid Carolus von der Universität Würzburg: „Das Smartphone ist tief in der Gesellschaft angekommen.“ War zu Beginn des Smartphone-Zeitalters vor etwa zehn Jahren der typische Nutzer jung, gebildet und männlich, so kann man heute kaum noch große Unterschiede ausmachen: Das Smartphone wird in jeder sozialen Schicht und in jedem Alter verwendet. Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom besaßen Anfang 2015 etwa 63 Prozent der Deutschen mindestens ein Smartphone. Unter den Zwölf- bis 13-Jährigen, so Bitkom, haben sogar 85 Prozent ein Smartphone.
Leichter, schneller, häufiger
Dass es leicht und intuitiv zu bedienen ist, sei für den Erfolg des Smartphones mitverantwortlich, sagt Astrid Carolus. Dazu kommt, dass das mobile Internet in den vergangenen Jahren immer günstiger und schneller geworden ist: „Nun haben wir Telefon, Internet, Foto, Videospiel, und Walkman in einem einzigen kleinen Gerät ständig bei uns.“
Durch Programme wie WhatsApp könne man sehr einfach über das Internet mit längeren Textnachrichten, Bildern, Videos und Sprachmitteilungen in Kontakt bleiben. „Und weil die Kommunikation so einfach, kostengünstig und facettenreich geworden ist, wird sie auch mehr genutzt. Das kommt unserem menschlichen Mitteilungsbedürfnis entgegen“, sagt die Medienpsychologin. „Die Nachrichtenmenge ist unglaublich“, sagt Carolus.
Ständig erreichbar
Aber: Es steigt auch der Erwartungsdruck hinsichtlich einer schnellen Antwort. „Wir haben in Studien festgestellt, dass das bei Menschen wirklich Stress verursacht: Zu wissen, dass andere wissen, dass man noch nicht geantwortet hat“, so die Medienpsychologin. „Man muss mit seinem privaten Umfeld jetzt aushandeln, was diese ständige Erreichbarkeit in der Praxis bedeuten soll.“
Das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit führt auch zu neuen Phänomenen wie dem sogenannten Phantomklingeln: Menschen haben das Gefühl, ihr Smartphone klingelt oder vibriert, obwohl niemand anruft und auch keine Nachricht eingeht. Damit umzugehen, müssten Betroffene zu meistern lernen.
Im Kommunikationsstress
Eine Studie von Forschern der Universität Mannheim hat gezeigt, dass schon Kinder unter Kommunikationsstress leiden. Jeder vierte Acht- bis 14-Jährige gab an, sich durch die permanente Kommunikation über Messenger-Dienste wie WhatsApp gestresst zu fühlen. Fast jeder zehnte junge Smartphone-Besitzer nutzt sein Gerät derart exzessiv, dass er als suchtgefährdet gilt. Und fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten Kinder und Jugendlichen gab an, durch das Handy etwa von Hausaufgaben abgelenkt zu werden.
Für eine Studie hat Astrid Carolus Studenten allein in einen Raum gesetzt. Im Durchschnitt nach 35 Sekunden hat die Person begonnen, sich mit dem Smartphone zu beschäftigen. „Die Mobilgeräte sind durch ihre Fähigkeiten eine perfekte und verführerische Möglichkeit, sich abzulenken oder die Zeit zu vertreiben“, so Carolus. Man könne auch feststellen, dass die Aufmerksamkeitsspannen der Menschen immer kleiner werden.
Der Kontakt bleibt länger
Das Smartphone – ein zweischneidiges Schwert. Durch die Möglichkeit, mit seinem sozialen Umfeld ständig in Kontakt zu bleiben, hat sich die Dauer von Beziehungen verändert. Früher hat man Freunde aus Schule, Studium oder Beruf relativ schnell aus den Augen verloren. „Durch die vielfältige und ständige Kommunikation kann der Kontakt länger aufrecht erhalten werden“, sagt Carolus. Nun kann man etwa auf Instagram verfolgen, was der ehemalige Studienkollege im Ausland zum Frühstück isst. Damit bleibt ein Gefühl der Verbundenheit.
Allerdings beklagte bei der Jugendstudie der Uni Mannheim auch jeder siebte Acht- bis 14-Jährige, dass wegen des Smartphones die „echten“ Kontakte zu Freunden zu kurz kommen.