
Die Macher von myLinkCloud sitzen mit ihrer Firma Viserion im Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) im Würzburger Stadtteil Lengfeld. Die Idee für den Web-Service kam Toni Wagner bei seiner Mentor-Tätigkeit an der Uni Würzburg, als er an der Weitergabe einer Sammlung wichtiger Internet-Links per E-Mail scheiterte: „Einige meiner Studenten waren zu schludrig, und ich musste die Links mehrmals schicken“, so der 35-Jährige, „andere wussten aufgrund fehlender Computerkenntnisse nichts damit anzufangen.“
Geschäftsführer statt Professor
Also erinnerte sich Wagner an sein Programmiertalent und ordnete seine Links visuell im Internet-Browser an, online unter einer einfachen Adresse abrufbar. Die Studenten waren begeistert. Das war Anfang 2009. Dass im September 2012 diese Idee unter dem Namen myLinkCloud als Produkt einer eigenen Firma starten und im Dezember die Flügge-Förderung erhalten sollte, war damals nicht abzusehen: „Ich habe weiter getüftelt und meine Habilitation abgebrochen“, erzählt Wagner. Statt Professor der Molekularbiologie wurde der gebürtige Bamberger Geschäftsführer eines kleinen Internetunternehmens.
Das Thema Cloud (englisch für Wolke) geht seit einiger Zeit durch die Medien. Cloud-Computing bedeutet, dass der Nutzer das, was er zuvor lokal auf seinem Rechner gespeichert hatte, nun aus dem Internet beziehen kann – zum Beispiel Textprogramme, Antivirensoftware oder Speicherplatz. Egal, wo er gerade ist oder mit welchem Gerät er arbeitet: Solange der Nutzer Zugang zum Internet hat, kann er auf seine Cloud zugreifen, die ihm all seine Anwendungen und Daten zur Verfügung stellt – unabhängig von Festplatte oder Datenträgern. MyLinkCloud hat sich dieses Prinzip zunutze gemacht und bietet die Möglichkeit, über die Cloud seine persönlichen Linksammlungen zu speichern und von überall her abzurufen. Der Vorteil einer Linksammlung liegt auf der Hand: Viele Internetseiten, die man aufruft, würde man sich gerne merken, da sie noch einmal wichtig sein könnten. Gängige Browser wie Firefox sind nur begrenzt hilfreich. Dort werden Links untereinander in Listen gespeichert. Angezeigt wird oft nur der Homepagename, der nicht immer verrät, worum es im Text geht.
Bei myLinkCloud dagegen kann der Nutzer auf personalisierten Seiten Links zu Webseiten in Form von Bildern frei anordnen. „Durch die Freiheit, die Seite selbst zu gestalten, speichert das Gehirn besser ab“, erklärt Wagner. Zudem erkenne es Bilder 60 000 Mal schneller als Text.
Kleine weltweite Fan-Schar
Einzelne Links oder LinkClouds können mit anderen geteilt werden. All das geschieht im Browser, Geräte- und ortsunabhängig. Die Nutzer-Zahl ist noch überschaubar. Es existiert aber eine kleine weltweite Fan-Schar, die Linksammlungen teilt und Feedback für die Weiterentwicklung der Anwendung gibt. Zudem bietet die Oberfläche von myLinkCloud weitere Möglichkeiten: „Beim Ernst Klett Verlag suchte man eine Plattform zur Unterrichtsvorbereitung für Lehrer“, so Wagner. Mit „meinunterricht.de“ nutzt der größte deutsche Schulbuchverlag das myLinkCloud-Konzept: Lehrer können mit Hilfe des Online-Werkzeugs ihre Konzepte und Übungsblätter auf virtuellen Schreibtischen organisieren und mit Kollegen teilen. Durch die Zusammenarbeit mit Klett wird die Stelle von Viserion-Chef Wagner finanziert.
Zwei weitere Stellen, die von Simon Schmitt und Claudia Leikam, sind für ein weiteres Jahr durch die Flügge-Förderung gesichert. Schmitt (26) arbeitet seit 2010 als Grafiker für myLinkCloud; Kollegin Leikam (34) informiert seit 2011 insbesondere über Social-Media-Kanäle über das Produkt. Beide sind Wahl-Würzburger – Schmitt stammt aus Hilders (hessische Rhön), Leikam aus Abenberg (Mittelfranken). Bereits vor der Aufnahme in Flügge ebnete das Stipendium „Exist“ von Bund und EU finanziell den Weg für das Start-Up.
MyLinkCloud, so die Entwickler, arbeite anonym und sammele keine Nutzerdaten. Geld verdienen die Firmenmitglieder mit Affiliate-Links. Klickt ein Nutzer von myLinkCloud etwa das Amazon-Logo auf seiner Oberfläche an und kauft dann dort ein, bezahle der Versandhändler Kleinbeträge für die Vermittlung. Mitarbeit: Catharina Hettiger
Förderprogramm „Flügge“
Das Wissenschaftsministerium Bayerns unterstützt mit dem „Förderprogramm zum leichteren Übergang in eine Gründerexistenz“ („Flügge“) Gründungsprojekte an bayerischen Hochschulen. Bewerbungsvoraussetzungen sind eine innovative Unternehmensidee aus den Bereichen Produktion oder Dienstleistungen, die Wachstumspotenzial verspricht, sowie ein aussichtsreicher Geschäftsplan. Seit 1997 wurden über Flügge 138 Vorhaben mit achteinhalb Millionen Euro gefördert. Von den ausgezeichneten Teams konnten sich 80 Prozent auf dem Markt etablieren oder an andere Unternehmen verkauft werden. So wurden 1300 neue Arbeitsplätze geschaffen. Text: Cat