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WÜRZBURG
Wie konsumieren wir Nachrichten in Zukunft?
Auf diese Frage wird es keine einfache Antwort geben. Zum 20. Geburtstag von mainpost.de wagen wir trotzdem den Blick in die Glaskugel.
Mobiler Nachrichtenkonsum       -  Personalisiert und überall abrufbar - sieht so wirklich der Nachrichtenkonsum der Zukunft aus?
Foto: Oliver Berg (dpa) | Personalisiert und überall abrufbar - sieht so wirklich der Nachrichtenkonsum der Zukunft aus?
Manuel Scholze
Manuel Scholze
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:32 Uhr

Die Main Post-Newsapp bietet einige Kerneigenschaften, die sich bereits stark an einer möglichen Zukunft der Nachrichtenwelt orientieren. Diese Zukunft bestimmen nicht mehr die großen Medienhäuser unserer Zeit, sondern die Nutzer – also Sie. Hier lassen sich schon heute Trends ablesen: Der Weg führt hin zur Personalisierung und Filterung, angelehnt an eigene Bedürfnisse. Diese werden auf mobilen Endgeräten wie dem Smartphone ausgelebt.

Eigens dafür hat die Main-Post sowohl auf unserer Website als auch speziell in der App ein System namens „Meine Themen“ installiert, bei dem Nutzer Ihren Heimatort, interessant bewertete Rubriken oder auch Lieblingsautoren hinterlegen können. Dieser Ansatz zeigt, dass Nachrichtenkonsumenten immer mehr Wert darauf legen, ihren Inhalt selbst zu bestimmen. Aber stimmt das auch?

Froben Homburger, dpa-Nachrichtenchef: „Der Trend der Personalisierung wird sich in der Tat massiv verstärken. Jedoch sehe ich auch in zehn Jahren den Bedarf von Lesern und Zuschauern, die nicht nur automatisch auf sie zugeschnittene Nachrichten lesen wollen, sondern gerne noch die Auswahl in professionelle journalistische Hände legen. Das zeigt sich heute noch bei den klassischen TV-Nachrichtensendungen, die trotz des starken Onlinewachstums nach wie vor sehr gute Quoten haben.“ Am Kern dessen, was eine gute Nachricht ausmacht, wird sich nach Ansicht Homburgers auch in zehn Jahren wenig geändert haben. Die Zahl neuer Nachrichtenformate werde sich aber stetig erhöhen.

Eine Seite der Medaille: Digitalisierung erleichtert das Arbeiten

Natürlich hat diese Digitalisierung der Gesellschaft die Arbeitsabläufe für eine Redaktion vereinfacht. Frische Formate wie „Frage-Antwort“ (Kurze Fragen, kurze Antworten auf Sachverhalte), Minutenchronologien (wie ein Liveticker) oder „Pro & Kontra“ machen es auch dem Inhaltsersteller leichter, komplexe Sachverhalte zu durchsteigen. „Wir gehen hier weg vom klassischen Fließtext und portionieren dosierter“, sagt Homburger. 

Zeitgleich stehen Journalisten unter höherem Zeitdruck, da neben einer reinen Textinformation auch Bilder und Videos vom User gefordert werden. Die Information erfolgt rund um die Uhr. Einen Redaktionsschluss gibt es im wachsenden Online-Bereich nicht mehr. Der Trend geht weg von der Ergebnisberichterstattung. Verlaufsberichterstattung ist hier eines der Stichwörter, die der dpa-Nachrichtenchef in den Raum wirft.

Kaum neue aktuelle Ansätze

Konfrontiert mit diesen neuen Anforderungen ist es trotz gesetzter technischer und sozialer Umstände aber schwierig, wirklich neue Ansätze zu finden. Stefan Frerichs, Online-Medienexperte, schreibt in seinem Aufsatz „Newstrends“ im März 2016: „Trotz völlig geändertem Nutzerverhalten und komplett neuen Informationswegen werden selbst in neueren Publikationen zur Nachrichtenauswahl und -gestaltung immer noch die Nachrichtenmodelle von Nachrichtenfluss, Nachrichtenschleusen und Nachrichtenwert präsentiert, die aus den 1920er, 1940er und 1960er Jahren stammen.“ 

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Ideen sind dennoch vorhanden. Schon in den 60er Jahren untersuchte die Kommunikationswissenschaftlerin Gertrude Robinson die tägliche Arbeit einer jugoslawischen Nachrichtenagentur. Die Entwicklung ihrer Ansätze führte in den 90er Jahren zu einer Redaktionsarbeit, die nicht als geradliniger Zusammenhang von Ursache und Wirkung gesehen wird, sondern eine Wechselwirkung bildet.
  Content is King: Datenjournalismus als zukünftiger Megainhalt?

Es geht also um Inhalte und ihre Aufbereitung, die Informationen aus immer mehr Quellen erhält. Die Herausforderung der nächsten Jahre wird hier laut Frerichs sein, immer größere Datenmengen auszuwerten.

Im Falle der Main-Post ist solch ein Projekt beispielsweise in unserem Storyfi (ein Werkzeug zur multimedialen Darstellung) zu dem Bombenangriff am 16. März 1945 erfolgt, in kleinerer Weise beschäftigt sich die Redaktion jeden Tag mit der Auswertung von Daten und ihrer überwiegend grafischen Umsetzung. Hier hilft mittlerweile nicht mehr nur der denkende Mensch.

Der so genannte „Roboterjournalismus“ (Roboter, kurz Bots) wird in den kommenden Jahren viele Assistenzprogramme ans Tageslicht bringen, die nicht nur als Programme Daten auswerten, sondern diese auch zum Text formulieren können. Derzeit werden schon Fußballtabellen, Lottozahlen oder Wetterdaten von Bots bearbeitet. In 20 Jahren macht die Maschine möglicherweise Politikgeschichten allein aus Sitzungsprotokollen. Der Mensch: hier nicht mehr nötig?

Roboter? Wie das?

Vor der Klärung dieser Frage haben wir ein Beispiel: Sie können Roboter, wie eben erläutert, täglich mit ihrem Smartphone nutzen. Apples Siri oder auch Google Now sind gängige Hilfsprogramme, die regelmäßig durch die Finger gleiten.

Froben Homburger       -  dpa Nachrichtenchef Froben Homburger, augenommen am 09.03.2016 in Berlin.
Foto: Michael Kappeler (dpa) | dpa Nachrichtenchef Froben Homburger, augenommen am 09.03.2016 in Berlin.
„Mit automatisiert erstellten Texten, zum Beispiel aus Tabellen, beschäftigen wir uns intensiv. Im Einsatz haben wir solche Techniken bisher aber noch nicht. Wir schließen das auch nicht aus, nur müssen wir es genau prüfen. Im Bereich von Bilanzmeldungen macht das Sinn. Ich glaube aber, wenn man sich zu stark darauf konzentriert, wird man in ein altes Verständnis von Nachrichten als einer reinen Ergebnisberichterstattung zurückfallen“, bewertet Homburger die Situation.

Für was braucht man noch Journalisten?

In 20 Jahren wird es vor allem um die Kontrolle von Arbeiten gehen sowie um Medienethik. Sind meine Daten zuverlässig? Arbeitet der Bot sauber? Das Nachrichtenprogramm hat keine Möglichkeit, Texte auf politische Korrektheit zu untersuchen – zumindest nicht im Ganzen.

In diese Richtung tendiert die Arbeit der Journalisten. „Überprüfen statt erstellen“ wird vielleicht als Schlagzeile in den Jobbeschreibungen für Uniabsolventen in 20 Jahren stehen - doch hier relativiert der Berliner Journalist: „Ich will mein journalistisches Verständnis nicht wie einen Maschinenwärter bewerten.  Unsere Leistung wie das Verifizieren und Recherchieren und Einordnen ist etwas, was so nicht von Maschinen geleistet werden kann. Aber unterstützen können sie dabei.“

Medientrend       -  Medientrend 2016: Ein Video kommt immer weniger von der klassischen Homepage. Mittlerweile übernehmen die sozialen Netzwerke die Rolle der primären Nachrichtenquelle. Das wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern.
Foto: Angelika Warmuth (dpa) | Medientrend 2016: Ein Video kommt immer weniger von der klassischen Homepage. Mittlerweile übernehmen die sozialen Netzwerke die Rolle der primären Nachrichtenquelle. Das wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern.


Der Konsum der Nachrichten

Erstellen beispielsweise Bots immer mehr Meldungen, wird ihre Filterung schwieriger. Hier helfen virtuelle Fingerabdrücke von Konsumenten, Nachrichten gezielter auszuspielen. Und das nicht nur am Rechner.

„Die Homepage stirbt, lang lebe die mobile Nutzung“ – schon das ist heute ein Gesetz unter digitalen Fachleuten. Durch flächendeckende Internetversorgung – und das weltweit – werden Smartphones und Tablets (letztere aber derzeit ohne größeres Potential) zum Informationsmedium Nummer Eins mit persönlich gestalteten Nachrichten und Pushmeldungen, die auf den Nachrichtenleser zugeschnitten sind.
 
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Die Glaskugel

Der Blick ist trüb. Mehr Nachrichten, mehr Ausspielkanäle, weniger Kanäle. Die Sozialen Medien werden auch in den kommenden Jahren stark bleiben, der Trend geht aber weg von Facebook zu neuen Lösungen. Snapchat rollt nach Deutschland, aber auch andere Plattformen wie Instagram werden noch nicht die Spitze ihres Daseins erreicht haben. „Sämtliche Liveplattformen werden zunehmen, wie auch die Interaktion mit dem User“, vermutet Homburger. Auf diese Netzwerke werden sich Redaktionen mit darauf zugeschnittenem Inhalt noch deutlich mehr einspielen müssen.

Kürzer, knackiger, bildlastiger: „Die Nachricht wird zum digitalen Erlebnis für alle Sinne - das müssen wir von Anfang an bedenken“, heißt es vom dpa-Nachrichtenchef. Und weiter: „Nachrichten vom Experten für Experten haben keine Zukunft. Komplexe Zusammenhänge müssen immer auch für Laien verständlich erklärt werden – und zwar unabhängig und überparteilich“, bewertet Homburger den Wandel, der sich gefühlt schneller vollzieht, als jemals zuvor.

Nur – das dachten wir vor 20 Jahren auch schon.
 
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