Als Julian Dawson nach Jahrzehnten des unbekümmerten Reisens zwischen Großbritannien und dem europäischen Kontinent wegen des Brexits erstmals seinen Pass wieder stempeln lassen musste, war ihm zum Heulen zumute. Der britische Sänger, Gitarrist und Songwriter hat mithilfe der offenen Grenzen Europas ein Leben mit und von der Musik aufgebaut. Den EU-Austritt seines Landes hat er bis heute emotional nicht überwunden.
Er lebt seitdem in Frankreich - ist aber künstlerisch noch immer eng mit Deutschland verbunden. Zu seinem 70. Geburtstag am 4. Juli blickt er mit einem neuen Album zurück auf seine Karriere, das so heißt wie er selbst: „Julian Dawson”.
Dawson blickt mit Dankbarkeit auf seine Karriere zurück
Es ist ein Rückblick auf vier Jahrzehnte als professioneller Musiker, in denen Dawson unter anderem mit den deutschen Experimental-Rockern der legendären Band Can zusammenarbeitete und mit BAP auf Tournee ging. Und er ist stolz darauf, dass er mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken eine Cover-Version des Songs „Codo” (Ich düse, düse im Sauseschritt) für sein Album aufnehmen konnte. Der Hit aus dem Jahr 1983 der Gruppe Deutsch-Österreichisches Feingefühl (DÖF) rundet die Platte mit zwölf Stücken als Bonustrack ab.
Seinen Song „How Can I Sleep Without You”, mit dem er es in den 90er Jahren in die Charts schaffte, hat Dawson mit der US-Sängerin Lucinda Williams als Duett neu eingespielt. Für den ganz großen Durchbruch reichte es damals zwar nicht, aber Dawson blickt mit Dankbarkeit auf seine bisherige Karriere zurück, die in Kontakt mit einigen seiner Idole brachte und in der er 26 Alben veröffentlichte.
„Das wurde alles ermöglicht durch die Unterstützung, die ich in diesem Land hier erhalten habe”, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur über seine künstlerische Verbindung zur Bundesrepublik.
Deutschland galt einst als Sprungbrett für Rock- und Popmusiker
Dass der in London geborene Künstler sein Glück in Deutschland suchte, ist kein Zufall. Das Land galt einst als Sprungbrett für Rock- und Popmusiker, die auf der internationalen Bühne Fuß fassen wollten. So hatten es die Beatles in Hamburg gemacht und davon träumte auch Dawson einst, als er sich einer Band anschloss, die für US-Soldaten in Bad Nauheim spielte.
Die Band verließ er bald wieder, doch den Traum, von seiner Musik leben zu können, konnte er sich mit Auftritten und später Plattenverträgen in Deutschland verwirklichen.
Stilistisch bewegt sich Dawsons Musik zwischen Blues, englischem Folk, US-amerikanischem Country und dem Rock der 60er Jahre, dem er sich für die Jubiläumsplatte noch einmal stärker zugewandt hat. Rockig kommt etwa der Track „I Love You Like I Love Myself” daher.
Dankbar ist Dawson auch, dass er in einer Zeit aufwachsen durfte, die er als „goldenes Zeitalter der Musik” bezeichnet. „Als Jugendlicher war dein ganzes Leben von der Musik bestimmt: Dein Kleidergeschmack, die Politik, alles drehte sich um deine musikalischen Helden”, sagt er. Dass es längst nicht mehr so ist, versteht sich von selbst. Trotzdem bleibt sich Dawson treu, macht weiter sein Ding. Und treu, sagt er, sind auch seine Fans in Deutschland.