Sie hat über 1.600 Songs in mehr als 20 Sprachen und über 130 Alben veröffentlicht. Und mehr als 300 Goldene, Diamantene und Platin-Schallplatten - damit gehört sie zu den ganz Großen ihres Geschäfts. Zu ihrem 90. Geburtstag am 13. Oktober hat Nana Mouskouri nun ein weiteres Album veröffentlicht. Als Dankeschön an alle, die sie so lange begleitet haben.
Ein Best-of-Album, das eine Zeitreise durch ihre über 65-jährige Musikkarriere ist, bei der auch leise der Beginn eines Abschieds mitschwingt. Sie sei dankbar dafür, das machen zu können, was sie bisher getan habe, sagte die gebürtige Griechin, die in Athen, Paris und Genf lebt, der Deutschen Presse-Agentur. In ihrem Alter könne sie aber keine großen Pläne mehr für die Zukunft machen, sagte sie offen. Macht ihr das Alter Angst? „Ich habe nie über mein Alter nachgedacht. Oder wenn, dann so wie andere auch.”
Auf der Bühne sterben?
Mouskouri hat öfter versucht, sich von der großen Bühne zu verabschieden. Vor über 15 Jahren schon. Wie sie damals sagte, hatte sie das Gefühl, älter zu werden. Doch ohne zu singen, habe sie sich nutzlos und leer gefühlt. Und so sang sie weiter: Musik ist ihre erste Liebe und wird ihre letzte bleiben, wie sie schon immer sagte.
Ihr neues Album „Happy Birthday Nana” besteht aus 21 Liedern. Darunter sind ihre liebsten und bekanntesten deutschsprachigen Songs wie „Guten Morgen Sonnenschein”, „Johnny Tambour” und „Weiße Rosen aus Athen”, mit dem sie in Deutschland berühmt wurde. Es ist auch eines der drei neu mit dem Royal Symphonic Orchestra London eingespielten Lieder.
Ausgerechnet in Deutschland wurde sie zum Star, einem Land, an das sie nicht immer gute Erinnerungen hatte. Zwischen 1941 und 1944 war Griechenland von Nazi-Deutschland besetzt. Die Eroberung ihrer Heimat durch die Wehrmacht und Waffen-SS war äußert blutig. Und dennoch liebt Mouskouri heute das Land.
Vom Feind zum Freund
Dazu hat ein geschichtsträchtiges Ereignis aus dem Jahr 1961 beigetragen, jenem Jahr, in dem die Mauer erbaut wurde. Damals kam sie nach Berlin, um das Lied „Weiße Rosen aus Athen” aufzunehmen. Das Plattenstudio lag im Westteil Berlins am Potsdamer Platz. Als sie das Gebäude verließ, sah sie Menschen, die mit Taschentüchern von der anderen Seite herüberwinkten.
„Das hat meinem Herz einen Stich verpasst und mich daran erinnert, was damals passiert war”, so Mouskouri. Da sei ihr bewusst geworden, dass auch hier Menschen litten. Die Single, die 1961 erschien, verkaufte sich innerhalb von sechs Monaten mehr als 1,5 Millionen Mal. Sie brachte der Sängerin ihre erste Goldene Schallplatte ein.
Die Mauer hatte sie später auch von der anderen Seite entdeckt. Denn in den 80er Jahren brachten sie ihre Konzerte in die DDR, wo sie unter anderem „Das Lied der Freiheit” sang, wie sie im Gespräch sagte. Der symbolkräftige Titel fehlt auch nicht auf ihrem neuen Album.
Sängerin und Politikerin
Mouskouri wurde 1934 auf Kreta geboren. Ihr Vater gehörte einer Widerstandsbewegung gegen die Nazis an und war Filmvorführer in einem Kino, in dem auch ihre Mutter arbeitete. Mit drei Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Athen, mit sechs Jahren erlebte sie die Besetzung Griechenlands durch die Deutschen.
Dafür, dass sie und ihre älteste Schwester in Athen auf das Konservatorium gehen durften, mussten ihre Eltern hart arbeiten. 1959 gewann sie den ersten Preis des griechischen Gesangswettbewerbs. Zwei Jahre später folgte schon ihr Welthit „Weiße Rosen aus Athen”.
Auch für Politik interessierte sich die Musikerin. In den 90er Jahren wurde sie für die konservative griechische Partei Nea Dimokratia ins Europäische Parlament gewählt. Nach dem Ende der Legislaturperiode gab sie auf: „Ich war von der Politik enttäuscht”, wie sie immer wieder sagte. 1993 wurde sie Unicef-Botschafterin.
Vom schüchternen Mädchen zur Schlager-Ikone
In ihrer 2008 veröffentlichten Biografie „Stimme der Sehnsucht: Meine Erinnerungen” geht sie auf ihre Kindheit und Jugend ein, den Krieg und die Entbehrungen. Sie beschreibt die Geschichte einer schüchternen Teenagerin voller Komplexe, die nur von ihrer Leidenschaft für das Singen begeistert war.
Die Musik sei zu ihrer Komplizin geworden, sagte sie in einem ihrer früheren Interviews. Auf der Bühne habe sie gelernt, sich durch das Singen auszudrücken. Heute kann sie sich rühmen, mit über 300 Millionen verkauften Tonträgern zur Kategorie der kommerziell erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten zu gehören.
Eine der berühmtesten Brillen
Ihre schwarze Brille ist neben der von Elton John wohl die berühmteste der Welt. Sie hat damit nicht nur ihre Sehprobleme korrigiert. Das zu ihrem Markenzeichen gewordene optische Hilfsmittel hat Mouskouri auch vor ihrer Schüchternheit geschützt. Mit einer dunklen Brille habe sie Mut gefasst, wie sie früher schon erklärte.
Sie war die erste bedeutende Künstlerin, die öffentlich mit einer Brille auftrat. Man hat sie oft gebeten, sie abzusetzen. „Ich habe es nie getan, weil ich kurzsichtig bin, wie sie der Zeitung „Le Parisien” sagte. Die Brille habe nie dazu gedient, ihr einen Stil zu verleihen.
Lieder, die verbinden
Ihre Songs handeln von Liebe, Hoffnung, Trauer und Glück. Universelle Themen, mit denen sich jeder identifizieren kann. Für sie auch einer der Gründe ihres Erfolgs: „Die Musik müsse mit den Menschen verbunden sein, die Menschen müssen die Emotionen der Lieder hören.”
So gibt es auf ihrem neuen Album auch die Neueinspielung „Pios échi Dakria”. Der Song ist komponiert in der Manier von Bob Dylans „Blowin’ in the Wind”. Ein Lied als Quelle profunden Trostes.
Was sie sich zu ihrem Geburtstag wünscht? Sie sei glücklich über alles, was sie im Leben erreicht habe. Sie sei ein Kind, das mit Musik aufgewachsen ist.