In Mecklenburg-Vorpommern herrscht große Freude über die Ernennung des Residenzensembles Schwerin zum Unesco-Welterbe. Das zuständige Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) gab die Entscheidung auf seiner 46. Sitzung im indischen Neu-Delhi bekannt.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach von einem Glückstag für das Land. Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) dankte dafür, dass die Politik an einem Strang gezogen habe. „Das ist ein schöner Tag für Schwerin.” Beide hatten die Übertragung der Entscheidung im Rathaus verfolgt. Anschließend wurden Flaggen mit der Aufschrift „Wir sind Welterbe” vor Rathaus und Schloss gehisst.
Das Schweriner Schloss sowie weitere Teile der historischen Innenstadt bilden das Residenzensemble. Es erlitt während des Zweiten Weltkriegs keine Bombenschäden und reicht bis zum Hauptbahnhof mit seinem einst der Herrscherfamilie vorbehaltenen Fürstenzimmer.
Schauplatz für Kinofilm und Sitz des Landtags
Das im Kern viel ältere Schloss erhielt erst Mitte des 19. Jahrhunderts sein heutiges romantisches Aussehen, das es zum Besuchermagneten und auch schon zur Kulisse internationaler Filmproduktionen machte. So war es Schauplatz in „Kingsman: The Golden Circle”. Heute beherbergt das zu DDR-Zeiten als Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen genutzte Schloss ein Museum und ist Sitz des Landtags samt Verwaltung. Der Dom und die Schelfkirche dienten als Grablege der Herzöge.
Die Idee, Schwerin auf die Welterbeliste zu bringen, ist schon mehr als 20 Jahre alt. In der Bundesrepublik gibt es mehr als 50 Welterbe-Stätten.
Freude bei der Landesregierung
Schwesig reagierte mit großer Freude: „Was für ein Erfolg, was für ein Glückstag für die Landeshauptstadt Schwerin, was für ein Glückstag für ganz Mecklenburg-Vorpommern. Diese Entscheidung ist für uns eine große Ehre.” Man werde die Chance nutzen, Schwerin noch bekannter zu machen, auch international. „Ich danke allen, die so viel Energie und Leidenschaft in die Bewerbung gesteckt haben: der Landeshauptstadt Schwerin, aber auch den zahlreichen ehrenamtlich Engagierten im Welterbe Förderverein.”
Deutschlands Botschafterin bei der Unesco, Kerstin Pürschel, würdigte auch den erfolgreichen Prozess der Restaurierung des Residenzensembles, in den nach der Wiedervereinigung viel Expertise aus ganz Deutschland und großes Engagement eingeflossen seien. Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, nannte die Aufnahme in die Welterbeliste „eine wunderbare Anerkennung der kulturellen und historischen Bedeutung dieser eindrucksvollen Stadt”.
Sitz der Landesbischöfin ist jetzt Welterbe
Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kristina Kühnbaum-Schmidt, gratulierte allen, die für die Anerkennung seit vielen Jahren engagiert gearbeitet haben. „Ich freue mich sehr, dass mit dem Schweriner Dom, der Pauls- und der Schelfkirche sowie dem Sitz der Landesbischöfin und der Schweriner Außenstelle des Landeskirchenamtes in der Münzstraße auch mehrere kirchliche Orte zum als Welterbe anerkannten Residenzensemble gehören.” Schon jetzt sei die Stadt Schwerin ein besonders inspirierender Ort zum Leben und Arbeiten und werde von vielen Touristinnen und Touristen besucht, erklärte sie.
Gratulationen und Äußerungen der Freude kamen von verschiedenen Organisationen und der Politik im Land, etwa der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin. Deren Präsident Matthias Belke sieht nicht nur eine Ehre für die Stadt. Der Welterbe-Status biete auch enorme wirtschaftliche Chancen. Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit steigenden Besucherzahlen.
Auch die Bürgermeister der Unesco-Welterbestätten Wismar, Thomas Beyer (SPD), und Stralsund, Alexander Badrow (CDU), gratulierten. „Als Bürgermeisterkollegen freuen wir uns über die dritte Welterbestätte in unserem Bundesland.”
Landtagsfraktionen sind erfreut
Das Schweriner Schloss, das über Jahrhunderte hinweg die Residenz der mecklenburgischen Herzöge war, symbolisiere die wechselvolle Geschichte des deutschen Nordostens und sei heute als Sitz des Landtags das Herz des politischen Lebens von Mecklenburg-Vorpommern, betonte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Daniel Peters. Die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Beatrix Hegenkötter, nannte die Aufnahme in die Welterbeliste den krönenden Erfolg einer Jahre währenden akribischen Vorbereitung.
Auch Herrnhut in Sachsen ist Welterbe
Bereits am Freitag hatte das Gremium in Neu-Delhi über einen Antrag mit deutscher Beteiligung entschieden: Die sächsische Kleinstadt Herrnhut hat den Titel als Teil der Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine ebenfalls erhalten. Herrnhut ist der Ursprung für die Evangelische Brüdergemeine. Das fehlende „d” ist der Sprache dieser Zeit geschuldet, als man noch von Gemeine sprach.
Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700–1760) stellte den Glaubensflüchtlingen das Land für die Ansiedlung in der Oberlausitz zur Verfügung. Am 17. Juni 1722 fällte der Zimmermann Christian David den ersten Baum, um den neuen Ort unter des „Herrn Hut” zu bauen. Als sich die Brüder-Unität weltweit ausbreitete, trugen Missionare aus der Oberlausitz einen Bauplan für neue Siedlungen in andere Länder. Mit Christiansfeld in Dänemark wurde eine davon schon 2015 Unesco-Welterbe.
Herrnhut selbst kam über einen transnationalen Erweiterungsantrag auf die Liste, zusammen mit Bethlehem in Pennsylvania (USA) und Gracehill in Nordirland. Die Entscheidung stieß in Sachsen auf große Freude. Bekannt ist die Kleinstadt auch für die Herrnhuter Sterne, die in ganz Deutschland als Weihnachtsdeko beliebt sind.