Ein Wilsberg-Krimi als Thriller? Passt nicht ins beschauliche Münster. Und keine Sorge, das ZDF macht aus seinem Buchhändler und Privatdetektiv keinen Hitchcock-Darsteller. Und dennoch: In der Folge „Blut geleckt” (Samstag, 20.15 Uhr) geht es diesmal doch heftiger zur Sache. Es wird brutal gemordet und es fließt tatsächlich einiges an roter Flüssigkeit. Und immer wieder gibt es Momente mit Potenzial, an den Fingernägeln zu kauen.
Dabei steht eigentlich Kommissarin Springer (Rita Russek) im Mittelpunkt der Geschichte. Sie hat sich im Polizeipräsidium eine Auszeit genommen, um einen Bestseller mit interessanten Fällen („Die Grausamkeit der Idylle”) aus ihrem Berufsleben zu schreiben. Ihre Lektorin wittert das große Geschäft und will von ihr bereits ein zweites Buch. Springer aber ist skeptisch und liegt mit der Agentin im Clinch, weil die gerne übertreibt und in blumiger Sprache über brutale Morde spricht.
„Das ist alles ein riesiges Missverständnis”
Bei einer ausverkauften Lesung verhält sich eine Besucherin sehr merkwürdig. Sie lässt sich zwar ein Buch signieren, sticht aber anschließend mit einem Messer auf eines der Werbeplakate für die Lesung draußen vor der Tür ein.
„Das ist alles ein riesiges Missverständnis. Ich bin keine richtige Schriftstellerin”, sagte Anna. Ihr Kumpel Wilsberg (Leonard Lansink) sieht die neue Karriere weniger kritisch. „Komm erst einmal im neuen Leben an”, sagt der Privatdetektiv und will Anna ermutigen. Die aber weiß nicht so recht: „Autogramme geben, daran muss ich mich noch gewöhnen.”
Zuvor gab es auf dem Wochenmarkt in Münster eine Tote. Im Transporters eines Händlers stirbt eine junge Frau - niedergemetzelt von einem maskierten Angreifer mit mehr als 20 Messerstichen. Da Springer sich eine Auszeit genommen hat, müssen die Ermittler Overbeck (Roland Jankowsky) und Harald Drechshage (Stefan Haschke) ran.
Ein untypischer „Wilsberg”
Besonders Drechshage macht sich bereits Hoffnungen auf die Springer-Nachfolge mit Leitungsfunktion und besetzt schon einmal ihren Schreibtisch. Dabei spielt er ein merkwürdiges Spiel mit dem beim FBI ausgebildeten Fallanalytiker und Influencer Dr. Elmar Lenz (Thomas Arnold). Der überzeugt mit seiner Expertise und bringt Drechshage zum Ärger von Overbeck auf ganz neue Gedanken. Unter Verdacht steht der ehemalige Straftäter René Rösch, toll gespielt von Jörn Hentschel („Die Drei von der Müllabfuhr”).
„Blut geleckt” (Buch: Sandra Lüpkes und Jürgen Kehrer, Regie: Philipp Osthus) ist ein untypischer „Wilsberg”, mit einem etwas größeren Krimi-Anteil als üblich. Es gibt anonyme Morddrohungen, packende Verhörszenen und Grusel im Keller bei Stromausfall. Natürlich fehlen die typischen Dialoge nicht - besonders mit Kripo-Clown Overbeck.
Aber selbst der ist am Ende froh, dass seine Chefin den Konkurrenten aus ihrem Büro wieder verjagt. „Ihre Autorität und ihre Kompetenz: Wir könnten sie hier gut gebrauchen”, sagt Overbeck nach ihrer Rückkehr. Und die Auflösung des Falls mit der toten Gemüsehändlerin gibt der Sache nochmals einen ganz neuen Dreh - und erneut Todesangst um eine Hauptfigur im Wilsberg-Ensemble.
„Es gibt nix Geileres, als ein Verbrechen aufzuklären”, sagt Anna nach ihrer Rückkehr in den Job. Freund Wilsberg sieht es mit Freude.