Ein junger Mann passt auf 42 Ziegen und 357 Heidschnucken auf. Er ist Hirte in der Lüneburger Heide und seine Familie lebt seit Generationen vom Fleisch. Ein Leben zwischen Klauenspuren, Feuchte der Natur, muffigen Mänteln und seinem Smartphone. Und alle regen sich in der Region über den Wolf auf. Autor Markus Thielemann steht mit seinem Roman „Von Norden rollt ein Donner” auf der Liste der Kandidaten für den Deutschen Buchpreis, der am 14. Oktober verliehen wird.
Thielemann beschreibt das Leben in der westdeutschen ländlichen Gegend zwischen viel Tradition, Facebook-Gruppen und Träumen eines eben noch Jugendlichen. In Jannes' Zimmer im Elternhaus, in dem auch noch der Großvater lebt, sieht es so aus: „An einen Stapel Spiele und DVDs lehnen drei Bücher, eins über Betriebsrechnungswesen, eins über Schaf- und Ziegenkrankheiten und das Gesangbuch aus dem Konfirmationsunterricht.” Das Ganze hat etwas Bleiernes. Man kann das auch als Anti-Heimatroman auffassen. Schwarz-Weiß und profan ist das Ganze nicht.
Der Leser ist ganz eng am Protagonisten dran. Es gibt viele Dialoge. Umgebung, Details und den Alltag im Jetzt beschreibt Thielemann. Man riecht, man hört, man sieht, wie Jannes lebt. Gewitterdonner, der häufig zu hören ist. Lärm von Panzermunitions-Tests von einem Fabrikgelände eines Waffenherstellers in der Nähe.
Gedanken und Brüche
Den 19-Jährigen plagen Gedanken, weil sein Adoptivvater krank ist. Gesprochen wird darüber nicht viel. „Faule Knechte”, so bezeichnet er seine Kumpels, die mit ihm eine Halloween-Party feiern und sich in einem der Elternhäuser zum Vorglühen treffen. Einige aus der Verwandtschaft der jungen Männer sind bei der Bundeswehr beschäftigt, ein Arbeitgeber in der Region. Auch Jannes' leiblicher Vater, der bei einem Einsatz ums Leben gekommen sein soll und um den sich Geschichten ranken.
In dem Roman geht es um Brüche. Jannes fängt an, in der Natur Sonderbares wahrzunehmen. Eine Gestalt. Einen Namen, den er schon einmal gehört hat. Die Vergangenheit kommt zum Vorschein.
Markus Thielemann wurde 1992 geboren und lebt in Hannover. „Von Norden rollt ein Donner” ist sein zweiter Roman. In seinem Debüt „Zwischen den Kiefern” ging es um Leute, die im Wald leben und Guerillaanschläge auf Landwirtschaftsbetriebe planen.
Der Deutsche Buchpreis wird am Montag in Frankfurt am Main verliehen. Auf der Shortlist stehen neben „Von Norden rollt ein Donner” auch „Lichtungen” von Iris Wolff, „Hasenprosa” (Maren Kames), „Hey, guten Morgen, wie geht es dir?” (Martina Hefter), „Die Projektoren” (Clemens Meyer) und „Vierundsiebzig” (Ronya Othmann).