Der Hase hat ein Fell, Pfoten, eine Schnute und lange, verletzliche Ohren. Gelegentlich schlägt er Haken. Vor allem aber ist er Reiseführer, Pilot, Gesprächspartner, Discjockey und Schutzgeist der Ich-Erzählerin - und noch dazu so etwas wie das Alter Ego der Autorin Maren Kames. Ihr skurriler, poetischer und philosophischer Roman „Hasenprosa” ist für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert.
Es ist das dritte Buch der 1984 geborenen, in den Feuilletons bereits hochgelobten Autorin. Darin nimmt sie mit auf eine übernatürliche Reise ins Weltall, in die Kunsttheorie, die stets auch Lebenstheorie ist, und in ihre Familiengeschichte. All das kommt wie ein atemberaubendes Feuerwerk daher - verspielt, oft ironisch.
Immer wieder wechselt der Ton aber auch ins Emotionale, etwa, wenn Kames über Politisches wie den Ukraine-Krieg oder über Musik reflektiert, vor allem aber, wenn es um ihre Familie geht. Zentrale Figuren sind dabei ihre Großeltern, Thema sind das Altern, die Wurzeln und das familiäre Erbe in der Seele.
Lust an der sinnlichen Dimension der Sprache
Von Anfang an fesselt der Text durch eine zelebrierte Lust an der sinnlichen Dimension der Sprache, die sie magisch leuchten lässt - wohl inspiriert von der Konkreten Poesie. Dies mündet bisweilen in herrliche Kalauer, wie etwa „Das Geschäft brummte, aber sehr leise”. Die Ich-Erzählerin „morst” sich „für den Sowiesobedarf einen Engel”. Sie reist mit dem Hasen mal wach mal im Traum durch die Urzeiten, Abermillionen Jahre zurück.
Pate stand bei alldem fast die ganze Literaturgeschichte Europas, vor allem aber die österreichische Schriftstellerin Friederike Mayröcker (1924-2021), die Kames oft mit Verehrung zitiert. Verwoben in die Reise sind auch Reflexionen über das Schreiben und über den Umgang mit dem Stoff: „So – wie viel erzählst du, von den Leuten in deiner Familie? Was wählst du aus, wie formst du das? Führst du deinen Opa, Bruder vor, und wenn du’s noch so gut meinst, mit noch so vollem Herzen?”
Der Deutsche Buchpreis wird am Montag in Frankfurt am Main verliehen. Auf der Shortlist stehen neben „Hasenprosa” auch „Hey, guten Morgen, wie geht es dir?” von Martina Hefter, „Die Projektoren” (Clemens Meyer), „Vierundsiebzig” (Ronya Othmann), „Von Norden rollt ein Donner” (Markus Thielemann) und „Lichtungen” (Iris Wolff).