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Vatikan
Warum Papst-Sekretär Gänswein seine Wohnung im Vatikan räumen muss
In seinem am Donnerstag in Italien erschienenen Memoiren „Nichts als die Wahrheit“ kritisiert Erzbischof Gänswein Franziskus. Nun muss er angeblich seine Vatikan-Wohnung räumen.
dpa_5FAC52007330E160.jpg       -  Das Verhältnis zwischen Georg Gänswein und Papst Franziskus war von Beginn an schwierig.
Foto: AP / Andrew Medichini / Andrew Medichini | Das Verhältnis zwischen Georg Gänswein und Papst Franziskus war von Beginn an schwierig.
Julius Müller-Meiningen
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:30 Uhr

Die katholische Kirche und das Militär haben eine Gemeinsamkeit: Es ist der Gehorsam gegenüber Vorgesetzten, in diesem Fall gegenüber dem Papst. Jemand, der diese Pflicht immer besonders ernst zu nehmen schien, war Georg Gänswein. Es ist davon auszugehen, dass der Erzbischof und frühere Privatsekretär des an Silvester gestorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. auch die jüngste Anweisung von ganz oben folgsam erfüllen wird.

Gänswein muss nun seinen Wohnsitz im Vatikan-Kloster Mater Ecclesiae zum 1. Februar aufgeben, das gilt auch für die vier Memores Domini, die Haushaltshelferinnen Benedikt XVI. Eine entsprechende Aufforderung soll dem früheren Präfekt des Päpstlichen Hauses bereits am Tag der Beerdigung des emeritierten Papstes, am 5. Januar, mitgeteilt worden sein. Manche sprechen von einem Rauswurf. Die Beziehung zwischen dem langjährigen Privatsekretär Benedikt XVI. und Papst Franziskus ist nach der Veröffentlichung von GänsweinsMemoiren nur Tage nach dem Tod des emeritierten Papstes an einem Tiefpunkt angekommen.

Nach zehn Jahren dürfte das Wirken von Georg Gänswein im Vatikan zu Ende gehen

Gänsweins Amtszeit als Präfekt des Päpstlichen Hauses hatte Papst Franziskus (wohl aus Rücksicht auf Benedikt XVI.) einmal im Jahr 2017 verlängert. Nach einer weiteren offiziellen Amtsperiode lief seine zweite Amtszeit im Dezember aus. Gänswein war von Benedikt kurz vor dessen Rücktritt im Dezember 2012 zum Präfekten des Päpstlichen Haushalts ernannt worden und somit für die offizielle Terminplanung des Pontifex, auch in der Amtszeit von Franziskus zuständig. 2020 beurlaubte Franziskus den Geistlichen aus dem Bistum Freiburg dann wegen persönlicher Differenzen.

Das Verhältnis zwischen Franziskus und ihm war von Beginn an schwierig. Zuletzt hatte Gänswein mit der Veröffentlichung seiner Erinnerungen unmittelbar nach Benedikts Tod den Unmut des Papstes auf sich gezogen. In seinen am Donnerstag in Italien erschienenen Memoiren„Nichts als die Wahrheit“ schildert er verschiedene Episoden, die das angespannte Verhältnis charakterisieren. „Benedikts Hoffnung, dass ich das Bindeglied zwischen ihm und seinem Nachfolger sein würde, war etwas zu naiv, denn schon nach wenigen Monaten hatte ich den Eindruck, dass zwischen mir und dem neuen Pontifex kein Klima des Vertrauens entstehen konnte“, schreibt er.

Georg Gänswein habe sich „gedemütigt“ gefühlt, schreibt er in seinen Memoiren

Von Beginn seiner Tätigkeit an sei er von Franziskus„übergangen“ und „in meiner Autorität untergraben“ worden, weil dieser lieber direkt mit seinem Stellvertreter Leonardo Sapienza Abmachungen getroffen habe. Gänswein habe sich „gedemütigt“ gefühlt. Franziskus habe sich zwar entschuldigt, aber auch hinzugefügt, dass „Demütigungen guttun“.

Gänswein beschreibt auch einen Disput um den Bezug eines für ihn als Präfekten vorgesehenen Apartments im Apostolischen Palast, das Franziskus ihm vorenthalten habe. „Das missfiel mir“, schreibt er unmissverständlich, „weil ich spürte, dass jemand dahinter steckte, der die Wohnung übernehmen wollte.“ Es folgte Gänsweins Beurlaubung als Präfekt im Januar 2020. „Von nun an bleiben Sie zuhause“, soll Franziskus gesagt haben. Hintergrund der päpstlichen Entscheidung war die Veröffentlichung eines Aufsatzes des emeritierten Papstes Benedikt XVI.über den Zölibat. Franziskus hätte in Folge der Amazonassynode 2019 zeitgleich über die Weihe verheirateter Männer entscheiden müssen – und sah nach Benedikts Veröffentlichung seine Hände gebunden. Die Schuld dafür gab er Gänswein. „Ich war schockiert und sprachlos“, schreibt dieser. Zu Franziskus will er über seine Beurlaubung gesagt haben: „Ich kann es nicht verstehen, ich akzeptiere es menschlich nicht, aber ich akzeptiere es in Gehorsam.“

Italienische Zeitungen berichten bereits seit Tagen über dessen Buch. „Das Gift von Padre Georg“, titelte Domani; „Angriff auf Papst Franziskus“, schrieb Il Messaggero. Vermutlich hat sich Gänswein mit dem Werk die letzten Karrierechancen verbaut – zumindest solange wie Franziskus im Amt ist.

 
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