
Ein im Sturm umgestürzter Baum hat eine 33 Jahre alte Frau in ihrem Auto auf der schleswig-holsteinischen Ostseeinsel Fehmarn erschlagen. Das Unglück im Kreis Ostholstein ereignete sich am Freitagnachmittag, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Die Frau lebte auf der Insel. Zu den genauen Umständen des Unglücks konnte die Polizei zunächst keine weiteren Angaben machen.
Ein Sturm über Schleswig-Holstein sorgte für Überflutungen
Am Freitag tobte ein heftiger Oststurm über Schleswig-Holstein, der Äste von Bäumen riss und das Wasser an die Küsten trieb. Strände und Ufer wurden überflutet. Der Zug- und Autoverkehr wurde vielerorts behindert. Am Samstagvormittag beruhigte sich die Lager wieder.
In viele Städten kam es zu Behinderungen wegen gesperrter Straßen. Der Ostwind trieb das Wasser mit Orkanböen gegen Strände und Steilküsten. In Flensburg wurde ein Jahrhundertwasserstand erreicht. Gegen Mitternacht kletterte der Pegel in Flensburg auf 2,27 Meter über dem mittleren Wasserstand, wie eine Sprecherin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Rostock sagte. Erwartet worden waren "lediglich" 2 Meter. Zwar wehte der Wind noch heftig, doch gebe es Anzeichen für ein Stabilisieren der Lage.
Die Straßen am Flensburger Hafen standen unter Wasser. Die Stadtwerke Flensburg hatten am Abend in Teilen des Hafens den Strom abgestellt. Wegen des Hochwassers komme es zu Kurzschlüssen und kleineren Bränden in den Verteileranlagen.
Unterdessen rechnet der Leiter des Stabes Katastrophenschutz im Innenministerium von Schleswig-Holstein mit einem Hochwasserschaden in dreistelliger Millionenhöhe. "Mit dem ersten Tageslicht wird man auch die Schäden erstmal konkreter erkennen", sagte Ralf Kirchhoff der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Samstag. Der eigentliche Schadensumfang werde sich vermutlich im Laufe des Vormittags abzeichnen. Kirchhoff geht davon aus, dass die Schäden an Hochwasserschutzanlagen oder Gebäuden zum Teil erheblich sein werden.
Rekord-Hochwasser beschädigt mehrere Deiche
Wie eine Sprecherin des Kieler Innenministeriums am Samstagmorgen mitteilte, verursachte die Flut außerdem große Probleme in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg und der Stadt Kiel. In Ostholstein wurden mehrere Strandwälle von den Fluten durchbrochen und Deiche beschädigt. In Maasholm an der Schlei brach ein Deich. In Schleswig wurde der Hafen überflutet, der Strom wurde abgestellt.
In Eckernförde überschritt der Pegelstand laut Tabelle des Umweltministeriums und Angaben des BSH gegen 22 Uhr mit 2,15 die Zwei-Meter-Marke deutlich. Vor Mitternacht fiel hier der Pegel aber deutlich.
Im 600-Einwohner-Ort Maasholm (Kreis Schleswig-Flensburg) haben die Einsatzkräfte den Deich aufgegeben. Die Bewohner in drei Ortsteilen wurden aufgefordert, Notgepäck zu packen und sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten, wie ein Sprecher des Kreises am späten Abend sagte. Eine Mehrzweckhalle sei vorbereitet worden.
In der Schleistadt Arnis, die mit gerade einmal 300 Einwohnern als die kleinste Stadt Deutschlands gilt, seien zwei Deiche gebrochen, wie der Sprecher sagte. Dies habe aber keine Auswirkungen auf die Menschen. Im Kreis Schleswig-Flensburg waren Zehntausende Sandsäcke an die betroffenen Ämter und Gemeinden ausgeteilt worden.
Daniel Günther bedankt sich bei Flut-Helfern
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther dankte allen Helfern. "Das ist eine herausfordernde Situation, und ich bin allen Helferinnen und Helfern sehr dankbar, die zurzeit im Einsatz sind", teilte der CDU-Politiker mit. "Polizei, Feuerwehr, THW und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Landesbetrieb für Küstenschutz setzen sich dafür ein, die Situation im Griff zu behalten, und das gelingt ihnen auch." In Kiel nahm der Katastrophenschutzstab des Innenministeriums die Arbeit auf.
Bei Heringsdorf im Kreis Ostholstein wurden mehrere Campingplätze und eine Ferienhausanlage evakuiert, da das Hochwasser fast die Krone des Deichs erreichte. Das sagte ein Campingplatzbesitzer der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend. Noch halte der Deich aber. Nach Angaben des Innenministeriums gab es Beschädigungen an Deichen auch im Kreis Rendsburg-Eckernförde und im Kreis Schleswig. An den gefährdeten Abschnitten seien Einsatzkräfte bei Sicherungsarbeiten.
Fährverkehr und Bahnstrecken sind teilweise gesperrt
Auf der Ostsee stellten Fähren zeitweise den Dienst ein. So fuhr in Travemünde die Fähre zum Priwall teilweise nicht mehr, in Kiel wurde die Fördefährlinie eingestellt. Der Sturm über der Ostsee stoppte auch den deutsch-dänischen Fährverkehr auf den Strecken Puttgarden-Rødby und Rostock-Gedser vorübergehend. Wie die Reederei Scandlines am Samstag mitteilte, verkehren auf der Strecke seit dem frühen Samstagmorgen wieder Schiffe. Der Fährbetriebe auf der Linie Rostock-Gedser werde ab 11.15 Uhr wieder aufgenommen.
Das Hochwasser beeinträchtigte auch den Bahnverkehr. Viele Züge in Schleswig-Holstein verkehrten mit verringerter Geschwindigkeit, es kam zu Verspätungen. Nach Angaben der Deutschen Bahn wurden die Störungen auf den meisten Strecken des Fern- und Nahverkehrs bis zum Samstagmorgen behoben. Die Aufräum- und Reparaturarbeiten auf manchen Streckenabschnitten dauerten jedoch an.
Weiterhin gesperrt war am späten Morgen die Strecke der Regionalzüge 72 und 73 zwischen Eckernförde und Kiel. Auch der Regionalzug 75 zwischen Rendsburg und Kiel fuhr nicht. Auf weiteren Strecken kann es den Angaben nach vereinzelt zu Verspätungen von bis zu 45 Minuten oder Ausfällen kommen. Wann der Bahnverkehr in Norddeutschland wieder wie gewohnt nach Fahrplan läuft, ist noch nicht abzusehen.
In Wismar überschwemmte das Hochwasser Straßenzüge und Parkplätze. Der Schiffbauerdamm auf der Höhe "Am Hafen" und angrenzende Parkplätze waren laut Polizei nicht befahrbar. Nach Angaben der Wasserschutzpolizei lag der Wasserstand schon gegen Mitternacht Uhr bei 1,6 Meter über Normal.
Auch in Warnemünde stieg das Wasser deutlich an. Doch war bis zum Abend die Promenade am Alten Strom nicht überspült, so dass Spaziergänger bis zur Mole gehen konnten. In Rostock war die Lage am Abend ruhig. In Binz auf Rügen kippte eine vom Sturm entwurzelte Birke auf ein Auto. Wegen des Sturms blieb die Aussichtsplattform Skywalk am Kreidefelsen gestern geschlossen. In Ahrenshoop schwemmte die Sturmflut große Teile des Sandstrandes weg.
Keine schwere Sturmflut in Mecklenburg-Vorpommern
Der für Küstenschutz zuständige Minister Till Backhaus (SPD) mahnte die Menschen zur Vorsicht, auch wenn die Sturmflut zumindest für den überwiegenden Teil der Küste Mecklenburg-Vorpommerns nach den aktuellen Prognosen nicht als schwere Sturmflut einzuordnen sei.
Die Ostsee-Küste wird immer wieder von verheerenden Sturmfluten heimgesucht. Bei der schwersten Sturmflut an der südwestlichen Ostseeküste starben 1872 etwa 275 Menschen. Betroffen waren zahlreiche Orte an der dänischen und deutschen Küste.
Der Sturm, der an der Ostsee das Wasser ans Land schob, drückte an der Nordsee das Wasser von der Küste weg und verursachte extrem niedrige Wasserstände. Das hat Auswirkungen auf den Schiffverkehr. So fallen zahlreiche Fähren zu den Inseln und Halligen aus. Die Neue Pellwormer Dampfschiffahrts GmbH teilte mit, dass die Verbindungen ab Pellworm um 9.45 Uhr und um 11.45 Uhr ausfallen. Betroffen sind auch die Abfahrten um 10.40 Uhr und 12.40 Uhr von Nordstrand. Eine Extra-Fähre fährt von Pellworm um 15.45 Uhr und von Nordstrand um 16.40 Uhr. Alle anderen Verbindungen sollen nach Fahrplan fahren.
Die Wyker Dampfschiffs-Reederei kündigte am Samstagmorgen an, es könne auf der Föhr-Amrum-Linie und auf der Hallig-Linie zu Änderungen des Fahrplans kommen.
(dpa)