
Man kann sich das heute, wo das Bachelor-Studium nach sechs Semestern abgeschlossen sein soll, nur schwer vorstellen. Aber es gab einmal Universitäten, die nicht nur die Eiligen, Konsequenten und Strebsamen beherbergte, sondern auch die Trödler und Zweifler, die Unentschiedenen und Sprunghaften, die Planlosen und Lebenskünstler. Für diese kleine Zahl an Menschen war die alte Universität, die mit dem Magister-Abschluss, ein Biotop, man könnte auch sagen, ein Naturschutzgebiet vor den Zumutungen einer immer neoliberaleren Gesellschaft, in der der Nachwuchs möglichst schnell als Humankapital verfügbar gemacht werden muss.
Die Sage von Hajo, dem Langzeitstudent an der Ruhr-Universität Bochum
Umso schöner zu wissen, dass sich der Ruf des Langzeitstudenten an der Ruhr-Universität Bochum erhalten hat, wie die dpa mitgeteilt hat. Man hat von ihm, diesem ausgestorbenen Typus, gegen den manches Bundesland mit der Erhebung von Studiengebühren vorging, also noch eine Ahnung.
Als Legende geistert in Bochum der ewige Student durch die Gänge und Treppenhäuser der Universität, die Gestalt einer modernen Sage. Ihm, diesem Ewigen, sei vor langer Zeit das Geld ausgegangen und die Wohnung gekündigt worden. Seitdem lebt er heimlich in den Gebäuden der Geisteswissenschaften. Seine größte Angst: entdeckt zu werden von den Angestellten oder den Hausmeistern. Erst wenn der Betrieb wieder laufe, fühle er sich sicher. Mittlerweile hat der Ewige Student einen Namen – Hajo, eine Anspielung auf einen tatsächlichen Langzeitstudenten in Geldsorgen, der noch als 60-Jähriger an der Uni eingeschrieben war. Der echte Hajo hielt der Uni unter anderem auch deshalb die Treue, weil er sich als Berufsrevolutionär sah. Was für Zeiten, damals und heute.