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Reise
Griechenland im Tourismus-Dilemma
Extremwetter und Naturkatastrophen vertrieben diesen Sommer Hunderttausende Urlauber. Dennoch verzeichnet das Land einen Rekord. Die Reisebranche sieht im Klimawandel auch eine Chance.
Hitze in Griechenland.jpeg       -  Vor einem das Meer, hinter einem der Waldbrand: So war es im Juli auf der griechischen Ferieninsel Rhodos.
Foto: Mark Cosgrove, dpa | Vor einem das Meer, hinter einem der Waldbrand: So war es im Juli auf der griechischen Ferieninsel Rhodos.
Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:47 Uhr

Das ist eine überraschende Nachricht: Griechenland steuert in diesem Jahr einen neuen Reiserekord an. Nach Angaben der griechischen Zentralbank kamen in den ersten neun Monaten 27,8 Millionen ausländische Besucherinnen und Besucher ins Land. Das waren fast eine Million mehr als im gleichen Zeitraum von 2019, des bisher besten Jahres. Die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr stiegen gegenüber 2019 von 16,1 auf 17,9 Milliarden Euro.

Erst kamen die Waldbrände auf Rhodos, dann der Mittelmeer-Zyklon

Aber die Zahlen könnten noch besser sein, wäre da nicht der Klimawandel. Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte Studie der National Bank of Greece (NBG). Griechenland erlebte in diesem Jahr einen Sommer der meteorologischen Extreme. Auf den kühlsten und regenreichsten Juni seit Jahrzehnten folgte der heißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Erst die Hitze, dann das Feuer: Auf den Inseln Rhodos und Korfu mussten Zehntausende Menschen evakuiert werden, als dort im Juli Waldbrände Hotels und Strände bedrohten. Touristen brachen ihren Urlaub ab und wurden vorzeitig heimgeflogen. Kaum war die Hitze abgeflaut, hinterließ der Mittelmeer-Zyklon „Daniel“ in Griechenland die schwersten Überschwemmungen seit Jahrhunderten.

Experte: Der Sommer 2023 war der Wendepunkt in Griechenland

„Wir werden uns an den Sommer 2023 als einen Wendepunkt erinnern: Die Klimakrise ist da“, sagt Christos Zerefos, Leiter des Forschungszentrums für Atmosphärenphysik und Klimatologie an der Athener Akademie. Zerefos erwartet in Zukunft mehr Extremwetterlagen: „Wir hatten immer schon Hitzewellen, aber sie werden häufiger, heißer und länger.“ Das ist für die griechische Reisebranche eine große Herausforderung, wie sich schon diesen Sommer zeigte. Aus der Studie der NBG geht hervor, dass die Urlauberzahlen im August 2023 gegenüber 2019 um vier Prozent zurückgingen – eine Folge der Negativschlagzeilen über die Hitzewelle und Brände des Vormonats, wie die Verfasser der Untersuchung schreiben. Auch im September, dem Monat der Überschwemmungen, waren die Zahlen schwach. Unter dem Strich haben Hitze und Naturkatastrophen in diesem Jahr eine halbe Million Reisende aus Griechenland vertrieben und die Tourismuseinnahmen um 300 Millionen Euro geschmälert, so die Studie.

Die Tourismus-Saison soll künftig von März bis November gehen

Trotz der Flaute im Hochsommer ist ein neuer Reiserekord in Sicht: Die NBG-Analysten schätzen, dass Griechenland in diesem Jahr mit 35,4 Millionen Touristen und 20 Milliarden Euro Einnahmen die bisherigen Bestwerte des Vor-Corona-Jahres 2019 deutlich übertreffen wird. Der Grund ist eine Veränderung des Reiseverhaltens: Immer mehr Urlauber wählen die kühleren Monate im Frühjahr und Herbst. Das ist in dieser Saison bereits deutlich zu erkennen: Im Oktober stieg die Zahl der Ankünfte auf den wichtigsten griechischen Flughäfen gegenüber 2019 um 23 Prozent, in den ersten 20 Novembertagen gab es ein Plus von elf Prozent. Erstmals haben 2023 viele Reiseveranstalter und Ferienfluggesellschaften ihre Griechenland-Programme, die traditionell Ende Oktober ausliefen, bis Ende November verlängert. Entsprechend länger sind auch viele Hotels geöffnet. Mit dieser Streckung der Saison trage die Tourismuswirtschaft den neuen Klima-Gegebenheiten und dem veränderten Reiseverhalten Rechnung, sagt Andreas Andreadis, CEO der Hotelgruppe Sani/Ikos und Ehrenpräsident des griechischen Tourismusverbandes Sete. 

Darin liegt eine Chance für das Land und seine Besucher. Denn eine gestreckte Saison von Anfang April bis Ende November hat nicht nur positive Effekte für den Arbeitsmarkt und die Zahlungsbilanz. Sie kann auch das Phänomen des Übertourismus mildern, das bisher in den Monaten Juli und August an vielen Hotspots den Reisenden die Urlaubsfreude vergällt.

 

 
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