Mehrere Frauen haben in den vergangenen Wochen Vorwürfe gegen Till Lindemann, den Sänger der Band Rammstein, erhoben. Es geht dabei um sexuelle Handlungen und K.-o.-Tropfen. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur After-Show-Party kommen wollten. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Nach Berichten über die Vorwürfe hat die StaatsanwaltschaftBerlin ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann eingeleitet. Der Sänger wies die Vorwürfe gegen ihn zurück. "Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr", hieß es von seinen Anwälten.
Nachdem es nun einige Tage etwas ruhiger wurde um die Band, stehen nun neue Vorwürfe im Raum. Und diese lassen vermuten, dass die sexualisierten Grenzverletzungen mutmaßlich schon weitaus früher passiert sein könnten als bislang bekannt. Zwei weitere Frauen berichteten im Gespräch mit dem NDR und der Süddeutschen Zeitung (SZ) von mutmaßlichen sexuellen Übergriffen. Und diese betreffen nicht mehr nur den Sänger. Im Fokus steht auch ein weiteres Mitglied von Rammstein.
Vorwürfe gegen Rammstein: Auch Christian Flake Lorenz im Fokus
Eine Frau erzählte den Reportern von ihren Erfahrungen mit Bandmitgliedern von Rammstein, die bereits mehr als 20 Jahre zurückliegen sollen. Die damals 17-Jährige habe Lindemann das erste Mal persönlich bei einer Autogrammstunde im Dezember 2002 getroffen. Anschließend sei sie mit Bekannten in eine Berliner Bar gegangen. Lindemann sei mit Rammstein-Keyboarder Christian Flake Lorenz dazugekommen. Der Sänger habe die Frau später gefragt, ob sie mit in Flakes Landhaus nach Brandenburg kommen wolle – ohne ihre Bekannten.
Sie sei mitgekommen, weil sie "absolut verknallt gewesen" sei in Lindemann. Zunächst habe sie behauptet, sie wäre 22 Jahre alt. Als sie an dem Haus angekommen seien, habe sie dann aber ihr richtiges Alter genannt. Lindemann und Flake hätten ihr viel Bier und Schnaps gegeben und wohl auch selbst getrunken. Lindemann sei irgendwann schlafen gegangen und sie habe sich stark berauscht in einem anderen Zimmer in ein Bett gelegt.
Flake habe sich neben sie gelegt. Sie habe sich von ihm weggedreht, sei aber nicht in der Verfassung gewesen, den Keyboarder davon abzuhalten. Flake drehte sie laut ihrer Aussage dann zurück und hatte Sex mit ihr. Er habe merken können, dass sie nicht präsent war. "Ich war mindestens super betrunken, und er wusste es, weil er die ganze Zeit dabei war. Ich war einfach nicht mehr bei Sinnen", sagte die Frau gegenüber NDR und SZ.
Bis heute leide sie unter den für sie traumatischen Erfahrungen mit Flake. Ihre Aussage hat die Frau zur Vorlage bei Gericht an Eides statt versichert. Auch weitere Personen, denen sie von dem mutmaßlichen Übergriff erzählt habe, hätten es ihr gleichgetan. Auch Tagebuchaufzeichnungen, fast zehn Jahre alte Unterlagen ihrer Therapeutin sowie Fotos von der Autogrammstunde stützen ihre Schilderungen.
Doch die Frau sagte auch, dass ihre Faszination für Lindemann trotz des mutmaßlichen Übergriffs weiter Bestand hätte. Deshalb habe sie sich in den Monaten danach erneut mit dem Sänger getroffen und eine kurze, einvernehmliche Affäre mit ihm gehabt. Über seine Anwälte ließ Flake die Vorwürfe zurückweisen. Es ginge zudem um seine Intimsphäre und handele sich um unzureichend belegte Tatsachen. Lindemann habe konkrete Fragen inhaltlich unbeantwortet gelassen.
Frau berichtet von Schmerzen im Unterleib nach Partynacht mit Rammstein
Eine weitere Frau erzählte den Reportern von NDR und SZvon ihren Erfahrungen mit Rammstein nach einem Konzert 1996 in Gera. Sie habe die Band in deren Hotel begleitet und dort mit mehreren Personen, darunter Lindemann, Flake und Schlagzeuger Christoph Schneider in einem Hotelpool geschwommen und anschließend in einem Hotelzimmer getrunken und gefeiert. Dann habe sie das Bewusstsein verloren und sei am nächsten Morgen nackt auf dem Fußboden aufgewacht. Neben ihr habe Flake gelegen.
Laut ihrer Aussage fühlte sich ihr Unterleib "wie zerfetzt" an. "Ich habe vorher Sex gehabt in meinem Leben und habe auch danach Sex gehabt in meinem Leben. Solche Schmerzen hatte ich vorher nie und nachher nie", wird sie vonNDRund SZ zitiert. Was in der Nacht genau passiert ist und wer für ihre Schmerzen verantwortlich war, wisse sie nicht.
Die Frau habe damals überlegt, zur Polizei zu gehen, es dann aber nicht getan. "Ich dachte damals, dass mir das ohnehin keiner geglaubt hätte, im Februar 1996." Sie habe jedoch später einem engen Freund und ihrer Schwester von ihren Eindrücken erzählt. Die beiden sowie auch die Frau selbst haben ihre Aussagen gegenüber NDR und SZ zur Vorlage bei Gericht an Eides statt versichert.
Als Lindemann im März 2020 das Gedicht "Wenn du schläfst" veröffentlichte, in dem es um die Vergewaltigung einer betäubten Frau geht, habe sie einen Brief an den Kiwi-Verlag formuliert. Sie habe ihn aber nicht abgeschickt. Ein PDF des Entwurfes, das sie den Metadaten zufolge Mitte März 2020 anfertigte, liege NDR und SZ jedoch vor. Im April 2020 habe die Frau dann wegen einer Rezension des Gedichts dem SWR geschrieben. Der Sender habe den Empfang auf Anfrage von NDR und SZ bestätigt. Später habe sie sich an eine Opferschutzorganisation gewandt, was diese bestätigte.
Die Anwälte von Flake und Schneider wiesen die Vorwürfe zurück. Es ginge zudem um ihre Intimsphäre und es handele sich um unzureichend belegte Tatsachen. Lindemann ließ auch konkrete Fragen auch zu diesem Fall inhaltlich unbeantwortet.