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Flensburg
Seit 50 Jahren gibt es "Punkte in Flensburg"
Seit 50 Jahren werden im Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt die Verstöße gegen Verkehrsregeln erfasst und sanktioniert. Wie viel sicherer wurde dadurch der Straßenverkehr?
Regale mit Akten von Verkehrssündern stehen im Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg. Für neun Monate muss ein Mann ins Gefängnis, der 373 Punkte in der Verkehrssünderdatei angesammelt hatte. Foto: Carsten Rehder/dpa       -  Regale mit Akten von Verkehrssündern stehen im Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg. Seit 50 Jahren werden dort Verstöße von Autofahrern erfasst.
Foto: Carsten Rehder, dpa | Regale mit Akten von Verkehrssündern stehen im Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg. Seit 50 Jahren werden dort Verstöße von Autofahrern erfasst.
Josef Karg
 |  aktualisiert: 09.05.2024 02:48 Uhr

Am Anfang steht die Frage: Was ist Sünde? Im christlichen Verständnis ist es ja die lasterhafte Lebensweise des von Gott getrennten Menschen. Doch die größte Sünderkartei Deutschlands steht nicht in irgendeiner Sakristei, sondern in einem Bürogebäude in Flensburg und dort inzwischen auch im digitalen Raum. 

Die Rede ist vom Fahreignungsregister (FAER), das bis vor zehn Jahren noch Verkehrszentralregister (VZR) hieß, und unter Autofahrern einprägsam als "Verkehrssünderkartei" bekannt ist. Darin vermerkt sind ganz spezielle "Laster".

1970 gab es 21.000 Unfalltote auf Deutschlands Straßen

Und die waren und sind gefährlich. Das lässt sich mit einem Vergleich veranschaulichen. In Aichach beispielsweise leben knapp 21.000 Einwohner. Und nun stelle man sich vor, diese Kleinstadt würde von der Landkarte getilgt. 21.000 tote Menschen. So viele Unfalltote gab es nämlich 1970. Das wollte der deutsche Staat ändern: Und darum führte er am 1. Mai 1974 zum Leidwesen der Freunde der freien Fahrt für freie Bürger ein Punktesystem für Verkehrsverstöße ein. 

Ob rasen oder betrunken Auto fahren – alles wird seitdem präzise dokumentiert und auch sanktioniert. Ziel war es, die Zahl der Unfalltoten zu senken. Und das gelang: Im vergangenen Jahr starben auf Deutschlands Straßen nur mehr rund 2.700 Menschen. Immer noch zu viele, aber im Vergleich zum Beginn der 1970er Jahre eben viel weniger. Neben der Einführung des Sicherheitsgurtes und anderer technischer Systeme, gilt das auch als Erfolg der Flensburger Sünderkartei.

"Sonntagsfahrer" und Berufsfahrer bei den Punkten gleich behandeln?

Doch das durchzusetzen war gar nicht so leicht. Anfangs gab es immer wieder Versuche, das System der Punkteverteilung für Verkehrsverstöße zu ändern und bestimmte Berufsgruppen zu bevorzugen. Dazu gehört die Diskussion, ob sogenannte "Sonntagsfahrer" und Berufsfahrer gleich behandelt werden sollten. Eine Diskussion, so erzählt der heutige Leiter des Amtes, Stephan Immen, gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk, die nicht abebbt. Immer wieder kämen Forderungen auf, zwischen den Verkehrsteilnehmern bei der Punktevergabe zu unterscheiden. Das aber werde nicht geschehen, denn für den, der zu Schaden komme, sei es egal, ob der Verursacher viel oder wenig fahre.

Hervorgegangen ist das VZR übrigens aus einer Kartei des Polizeipräsidiums Berlin. Bereits seit 1910 wurden in der "Sammelstelle für Nachrichten über Führer von Kraftfahrzeugen" Führerscheindaten registriert. 1951 gehörte sie dann zum neu gegründeten Kraftfahrt-Bundesamt, das zunächst in Bielefeld angesiedelt war.

Jeder Fünfte ist in der Verkehrssünderdatei erfasst

Das KBA ist mittlerweile an der Flensburger Fördestraße beheimatet. Bei mehr als etwa 60 Millionen Menschen mit Pkw-Führerschein in Deutschland ist etwa jeder Fünfte in der "Verkehrssünderkartei erfasst". Dass es aktuell so viele wie noch nie sind, liegt auch an der jüngsten Reform des Systems: Heutzutage verfallen die Punkte nicht mehr so schnell. Während sie früher nach einer "Bewährungszeit" von zwei Jahren standardmäßig wieder weg waren, können sie heute bis zu fünf Jahre stehen bleiben.

Am Schluss ein kurzer, aber oft diskutierter Randaspekt. Die Kartei, von der inzwischen weite Teile digital erfasst sind, ist nämlich einer der letzten von Männern dominierten Bereiche des Lebens. Mehr als doppelt so viele sind da im Vergleich zu weiblichen Führerscheinbesitzerinnen registriert. Das bedeutet nach Angaben eines KBA-Sprechers allerdings nicht zwangläufig, dass sie schlechter Auto fahren. Eine Erklärung dafür: Sie hätten schlicht "eine höhere Fahrleistung". Das könnte zutreffen. Doch im Trend holen die Autofahrerinnen, die immer länger mit dem Auto unterwegs sind, in den vergangenen Jahren hier auf.

 
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