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Musik
Daddy Cool ist tot
Frank Farian war einer der erfolgreichsten Musikproduzenten der Republik. Unter anderen hat er mit Boney M. den Sound der späten 1970er geprägt. Er löste aber auch einen handfesten Musikskandal aus.
Der deutsche Musikproduzent Frank Farian in seinem Tonstudio (2016). Foto: Milli Segieth/Frank Farian/dpa       -  Der deutsche Musikproduzent Frank Farian in seinem Tonstudio (2016).
Foto: Milli Segieth/Frank Farian/dpa | Der deutsche Musikproduzent Frank Farian in seinem Tonstudio (2016).
Josef Karg
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:21 Uhr

Der Mann hatte Kreativität einer ganzen Musikkapelle, manchmal schäumte sie regelrecht – auch über die Grenzen der Seriosität hinweg. Wenn es sein musste, stellte Frank Farian, einer der erfolgreichsten Musikproduzenten der Republik, Sänger auf die Bühne, die gar nicht singen konnten, sondern nur die Lippen zur Musik bewegten. Das brachte ihm mit der frühen Boy-Group Milli Vanilli einen ziemlichen Skandal ein. 

Farian war dadurch aber in den vergangenen Wochen noch einmal in aller Munde. Denn der Münchner Regisseur Simon Verhoeven schildert in seinem jüngsten Film "Girl You Know It's True" genau diese Musikaffäre. Der Titel des Films ist der größte Hit Farians und der beiden Protagonisten Rob und Fab. Die beiden wurden als Milli Vanilli gefeiert, gewannen vorübergehend sogar einen Grammy. Als der Betrug 1990 aufflog, verglühten beider Karrieren wie Kometen. Farian blieb.

Den Künstler auf diesen Schwindel zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht werden. Farian prägte über Jahrzehnte die deutsche Hitkultur. Angeblich soll er 800 Millionen Tonträger verkauft haben. Und er besaß in guten Zeiten Tonstudios in Brüssel, Ibiza und Florida. In den USA lebte er auch zuletzt. Er sei zu Hause in Miami gestorben, teilte die Agentur Allendorf Media am Dienstag unter Berufung auf seine Familie mit.

Die Musik war bis zuletzt Farians Leben. Und er hatte dazu eine bodenständige Einstellung, die er vom Handwerk ableitete: „Wenn ich heute einen Song mische, denke ich daran, dass ich früher als Koch ähnlich gearbeitet habe. Es geht immer um die Zutaten. Man kann zwar sagen, man wird Musiker, aber vieles ist dann Glück. Erfolg ist nicht planbar.“ 

Das ist eine interessante Aussage für einen, der ein Geheimrezept für Hits zu haben schien. Farian hat den Disco-Sound nicht nur in Deutschland groß gemacht, sondern definierte ihn sozusagen weltweit neu. Mit der Gruppe Boney M. landete er in den 1970er- und 1980er-Jahren einen Hit nach dem anderen. Noch heute kann die Boomer-Generation Songs wie "Daddy Cool", "Rivers of Babylon", "Sunny" oder "Ma Baker" auswendig mitsingen. Auch bei dieser Gruppe sang übrigens nur die Hälfte der Bandmitglieder. Farian selbst hat die Männerstimme eingesungen. 

Aufgewachsen ist Franz Reuther, wie er bürgerlich hieß, in Kirn in Rheinland-Pfalz. „Meinen Vater habe ich nie kennengelernt“, sagte Farian mal. Er sei vor seiner Geburt im Krieg gefallen. Mit 14 zog der junge Franz zu Verwandten ins Saarland und lernte Koch – "weil ich ständig Hunger hatte und dachte, da habe ich immer etwas zu essen". Unter neuem Namen suchte er neues Glück und gründete seine erste Band: "Frankie Farian & die Schatten". Weil der große Erfolg jedoch ausblieb, nahm Farian einen neuen Karriereanlauf als Schlagersänger und landete 1976 mit "Rocky" tatsächlich einen Nummer -1-Hit. Doch er wollte mehr.

Und er bekam es mit einem Geniestreich. Den ersten Titel seiner neuen Gruppe Boney M. „Baby Do You Wanna Bump“ sang Farian im Studio selbst. Weil er das vielstimmige Lied auf der Bühne aber nicht solo aufführen konnte, suchte er Sänger und Sängerinnen, die den Song öffentlich präsentieren sollten. Zwei Bandmitglieder sangen live, zwei weitere bewegten nur die Lippen. Und das extrem erfolgreich: Die Hits sind heute Teil der Disco- und Popgeschichte.

Bis zuletzt soll der 82-Jährige an Remixes seiner alten Hits gearbeitet haben. Und der über 40 Jahre alte Boney-M.-Titel "Rasputin" ist beispielsweise auf Tiktok noch einmal viral gegangen: Binnen eines halben Jahres wurde er in etwa neun Millionen Videos mit mehr als 22 Millionen Views verwendet. Das dürfte ihn tierisch gefreut haben.

Schon als Kind war dem Augsburger Dominik Scherer klar, dass er Berufsmusiker werden wollte. Im Podcast spricht er über die Musikindustrie, Kreativität und Stille.

 
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