In Brandenburg ist in der Nacht zum Donnerstag ein "gefährliches Wildtier" entlaufen. Ein Sprecher der Polizei sagte am Donnerstag, dass es sich vermutlich um eine Löwin handele. Inzwischen ist man sich da aber nicht mehr ganz so sicher. Am Freitagmittag hat die Polizei Entwarnung gegeben. Im geprüften Gebiet gebe es keine Hinweise auf eine Löwin, sagte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Die Polizei bestätigte diese Einschätzung. Zwei unabhängige Experten gingen auch nach der Analyse der Bilder nicht mehr von einem Raubtier aus.
Ist mutmaßlicher Löwe ein Wildschwein?
Die Zweifel mehren sich, ob das gesuchte Tier wirklich eine Raubkatze ist. Es gebe sich verdichtende Puzzleteile, dass es sich nicht um eine Löwin handele, sagte Achim Gruber, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie in Berlin, am Freitag derDeutschen Presse-Agentur.
Der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Berlin, Rainer Altenkamp, ist überzeugt, dass es sich bei dem gesuchten Raubtier um ein Wildschwein handelt. "Schon der kurze, herabhängende Schwanz mit etwa zehn Zentimeter langer, locker behaarter Quaste schließt eine Löwin aus", sagte der Wildtier-Experte am Freitag mit Blick auf die gesichteten Videoaufnahmen.
Auch die weiteren erkennbaren Merkmale, zum Beispiel der runde Rücken und der längliche Kopf passten sehr gut zu einem Wildschwein und sprächen gegen ein Raubtier, sagte Altenkamp. "Das gesamte Verhalten ist völlig typisch für Wildschweine im urbanen Raum."
Polizei startete nach Video mit mutmaßlichem Löwen große Suchaktion
Die Polizei hatte nach eigenen Angaben von dem Wildtier durch Zeugen erfahren. Diese hätten Videos aufgenommen, wie die Raubkatze ein Wildschwein gejagt und erlegt habe. Bislang konnte aber kein totes oder verletztes Wildschwein gefunden werden.
In der Nacht hätten auch Polizisten das Tier gesehen, am Donnerstagmittag soll es möglicherweise eine neue Sichtung auf Berliner Stadtgebiet nahe der südlichen Grenze zu Brandenburg gegeben haben. Eine vermeintliche Sichtung der entlaufenen mutmaßlichen Löwin in einem Wald südwestlich von Berlin am Freitag hat sich als falsch erwiesen. Das teilte die Gemeinde Kleinmachnow am Freitag mit.
Mutmaßlicher Löwe in Brandenburg entlaufen: Polizei sucht mit Hubschraubern
Ein Großaufgebot der Polizei mit weit mehr als hundert Einsatzkräften suchte seit der Nacht zum Donnerstag mit Hubschraubern, Drohnen und Wärmebildkameras in Kleinmachnow und angrenzenden Gemeinden nach dem Tier – bislang erfolglos. Sogar mit einem Panzerfahrzeug sind SEK-Beamte unterwegs. Auch Tierärzte und Jäger waren an der Suche beteiligt. Die Polizei sei mit Veterinäramt und auch Jagdpächtern im Einsatz, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion West am Donnerstagmorgen.
Herkunft von mutmaßlichem Löwen konnte nicht ermittelt werden
Sollte es sich bei dem Tier gar nicht um einen Löwen handeln, würde sich auch die Frage erübrigen, woher es kommt. Zunächst hieß es, der mutmaßliche Löwe könnte aus dem Zirkus ausgebrochen sein. Doch in der Region würden kein Zoo, Tierpark, Zirkus und auch keine Tierschutzeinrichtung ein Tier vermissen, so die Polizei. Sicher ist: Es stammt nicht aus dem Zoo oder Tierpark Berlin. Private Halter seien in Kleinmachnow nicht bekannt, sagte Grubert.
Nach Polizeiangaben wurde auch ein privater Tierhalter überprüft. Das Tier, das diese Person halte, sei noch da, sagte der Sprecher der Polizeidirektion West, Daniel Keip, am Freitagmorgen. Nähere Angaben etwa dazu, wo das Tier gehalten werde, wollte er nicht machen.
In Berlin ist die Haltung von Wildtieren verboten, in Brandenburg gibt es keine spezielle Regelung neben der Bundesartenschutzverordnung. Über eine illegale Haltung wurde zunächst nichts bekannt. Nach Angaben des Landesumweltamtes ist in Brandenburg die Haltung von 23 Löwen angemeldet. Dabei handle es sich um drei Zirkusunternehmen, zwei Zoos und eine private Haltung.
Bevölkerung wegen mutmaßlicher Löwin gewarnt
Die Bevölkerung wurde unter anderem mithilfe von Warn-Apps, Durchsagen im Radio und Lautsprecherdurchsagen gewarnt, und die Polizei bittet um sachdienliche Hinweise unter der Notrufnummer 110.
Die Polizei in Brandenburg riet den Bewohnern der Orte Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf im Süden Berlins, am Donnerstagmorgen ihre Häuser nicht zu verlassen. Die Warnmeldung des Bundesamts bezog auch den Süden Berlins, etwa Steglitz, Marienfelde und Neukölln, mit ein. Die Bevölkerung sollte zudem ihre Haustiere ins Haus holen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe riet, das betroffene Gebiet zu meiden beziehungsweise weiträumig zu umfahren. Die Meldung bezog auch den Süden Berlins, etwa Steglitz, Marienfelde und Neukölln mit ein. "Wir sind mit massiven Kräften vor Ort zum Schutz der Bevölkerung", sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion West. (mit dpa)