In der Not, heißt es, frisst der Teufel Fliegen. Und da die katholische Kirche dieser Tage auch in Österreichnicht gerade einen massenhaften Zulauf junger Menschen erfährt, hat man sich in Wien zu einem recht ungewöhnlichen Schritt entschlossen: Wer etwas für christliche Symbolik über hat, kann sich am 15. April in der Wiener City ein Gratis-Tattoo holen, auszuwählen aus einem kleinen Repertoire aus celesten Motiven – ein christliches „Peckerl“, wie man den Körperschmuck im Wiener Dialekt nennt.
„Am Hintern“, sagt der Verantwortliche, „machen wir keine Tattoos“.
„Gib dir ein Zeichen“ heißt die bemerkenswerte Initiative, die „Quo Vadis?“, die Begegnungsstätte der österreichischen Orden, ins Leben gerufen hat. Egal, ob Kreuz, Fisch oder Jesus-Motiv – christlich muss es sein – und auch an „christlichen Körperteilen“, das hält Christopher Paul Campbell, Leiter von „Quo Vadis?“, fest. „Am Hintern“, sagt er, „machen wir keine Tattoos“.
Er will mit der Aktion „eine katholische Perspektive auf die Tätowierung mitgestalten, die nicht auf Verbot und Ablehnung, sondern auf Freundlichkeit und Augenhöhe basiert“. Denn obwohl über die Jahrhunderte kontrovers diskutiert, gebe es schließlich sehr wohl auch im Christentum eine Tradition der Tätowierungen: Campbell verweist etwa auf die „Jerusalemer Pilgertätowierung“ oder die Praxis der koptischen Christen. Diese lassen sich seit Jahrhunderten am rechten inneren Handgelenk ein Kreuz stechen – ein Erkennungszeichen. Das Tattoo wolle man „nicht dem Körperkult oder der Esoterik überlassen“, sagt Campbell der Tageszeitung Kurier. Tattoos stünden für ihn „im Zusammenhang mit der tiefen Spiritualität der christlichen Religion“.
Extra engagiert hat man dafür einen deutschen Tätowier-Meister. Der Stuttgarter Silas Becks, selbst überzeugter Katholik, verziert seit Jahren auf ähnlichen Aktionen die Interessenten mit christlichen Motiven – er will so dazu beitragen, dass Christen auf diesem Weg ihren Glauben öffentlich bekunden. Der Andrang bei solchen Aktionen ist erfahrungsgemäß groß – bei einer der letzten Gratis-Aktionen in Stuttgart hätte man rund 200 Tätowierwillige wieder wegschicken müssen. Wer in Wien zu kurz kommen sollte, der kann sich stattdessen seine bereits vorhandenen, subkutanen Glaubensbekenntnisse an Ort und Stelle zumindest segnen lassen. Zudem wird es am Tag vor der Tattoo-Aktion einen „Tattoo-Gottesdienst für bunte Menschen“ mit anschließender Diskussion über die kontroverse Stellung der Tätowierung im Christentum geben – mit Ordensleuten, Tätowierern und deren Kritikern.
Rund 40 Personen, das schätzen Campbell und Becks, könnten dann am Samstag „zum Stich“ kommen. Mitzubringen ist, neben einer gehörigen Portion Schmerzresistenz, auch ein Personalausweis – zur Feststellung der Volljährigkeit.