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Rom
Kommt bei der Weltsynode also doch Bewegung in die Kirche?
Hinter verschlossenen Türen beraten Bischöfe und erstmals auch Laien aus aller Welt über den Weg der katholischen Kirche in die Zukunft. Was bislang nach außen gedrungen ist.
Beginn der katholischen Weltsynode.jpeg       -  Im Vatikan geht es in diesen Wochen um die Zukunft der katholischen Kirche. Über Reformen wird letztlich Papst Franziskus allein entscheiden.
Foto: Gregorio Borgia, AP/ dpa | Im Vatikan geht es in diesen Wochen um die Zukunft der katholischen Kirche. Über Reformen wird letztlich Papst Franziskus allein entscheiden.
Julius Müller-Meiningen
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:13 Uhr

Zum Glück für die interessierte Weltöffentlichkeit gibt es ein paar rebellische Seelen, die sogar ein Machtwort des Papstes nicht zu ernst nehmen. Gerhard Ludwig Müller zum Beispiel, der 2017 von Franziskus geschasste ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation. Der deutsche Kardinal ließ es sich nicht nehmen, dem US-Fernsehsender ETWN gleich zu Beginn seine Eindrücke von der derzeit in Rom laufenden Weltsynode zu schildern – obwohl der Papst von den Teilnehmern eine "gewisse Enthaltsamkeit des öffentlichen Worts" gefordert hatte, an die sich auch weitgehend gehalten wird.

"Ich bin einigermaßen optimistisch", sagte Müller, "aber letztendlich muss man abwarten, in welche Richtung es geht und welche Entscheidungen hinter den Kulissen getroffen wurden. Das ist immer das Problem." Zwei Wochen nach Beginn der Weltsynode gibt es diesbezüglich noch keine Gewissheit. Klar ist im Grunde nur: Es geht um die Zukunft der katholischen Kirche. Und um überaus kontrovers diskutierte Reformen. Rund 450 Teilnehmer, darunter nicht nur Bischöfe, sondern auch rund 100 Laien, tauschen sich in der Audienzhalle des Vatikans zum Thema "Synodalität", also einem gemeinschaftlicheren Verständnis von Kirche, aus. Was bislang nach außen drang, hat unterschiedlichen Charakter und nicht gerade das Zeug zu einer Revolution.

Verfolgt Papst Franziskus eine "private Agenda"?

Das Wort außerhalb der Synodenhalle ergriff neben Müller noch ein weiterer Ultra-Konservativer, der ehemalige Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen. Zen ist kein Synodenmitglied, aber ein offener Kritiker des Papstes. Über das Reizthema der Segnung homosexueller Partnerschaften sagte der 91-Jährige: "Das hier ist keine Synode der Bischöfe, sondern der Unterstützer oder zumindest der Unterstützer der Unterstützer der von der Kirche 'rausgeworfenen' Homosexuellen." Es handele sich um einen "Austausch von Gefühlen, um Psychologie und nicht um die Wahrheit des Glaubens". Zen spielte damit auf eine von katholisch-konservativer Seite wohl nicht ganz zu Unrecht vermutete Agenda hinter dem Treffen an. In seiner Antwort auf die "Zweifel" einiger um die katholische Doktrin besorgter Kardinäle hatte Franziskus zumindest im Vorfeld erklärt, er könne sich eine Einzelfalllösung für diejenigen vorstellen, die um eine solche Segnung bitten.

Wozu aber eine Versammlung, wenn der Papst bereits ein Ergebnis vorweggenommen hat? Das fragen sich nicht wenige Beobachter. Paolo Ruffini, Präfekt des Dikasteriums für Kommunikation und Synodenteilnehmer, versicherte in einem der täglichen Presse-Briefings, dass jene Segnungen "nicht das zentrale Thema unserer Gespräche" seien. Es gehe insgesamt um die Frage, wie die katholische Kirche inklusiver werden könne. Synodensprecherin Sheila Leocádia Pires bekräftigte am Dienstag, dass es weniger um Einzelfragen gehe, sondern darum, die verschiedenen Erfahrungen zu teilen und sich zu beraten. Es handele sich um einen "Lernprozess". "Was würde Jesus tun?", lautete etwa die Ausgangsfrage ihrer Synodengruppe, berichtete die Ordensschwester Liliana Franco Echeverri.

In Europa wird vor allem die Frage nach der Rolle der Frauen in der Kirche mit besonderem Interesse verfolgt. In der Versammlung wurde die Möglichkeit der Weihe von Frauen zu Diakoninnen angesprochen. Der australische Bischof Shane Mackinlay sagte dem National Catholic Reporter, er sei froh, dass das Thema diskutiert werde. "Wenn das Ergebnis sein sollte, dass die Diakonatsweihe für Frauen offen ist, würde ich das sicher begrüßen", fügte er hinzu. Ein Diakonat ist eine Weihestufe, die niedrigste. 

Ende kommender Woche müssen die Synodenteilnehmer einen Bericht vorlegen

Kommt also doch spürbar Bewegung in die Kirche? Der Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Renovabis und Augsburger Priester Thomas Schwartz, der als "besonderer Gast" an der bis zum 29. Oktober tagenden Weltsynode teilnimmt, schrieb dazu auf dem Portal katholisch.de: "Es wird deutlich, dass auch dort, wo nicht alle in zustimmende Begeisterungsstürme ausbrechen, man sich der weiteren vertieften geistlichen, pastoralen und theologischen Beschäftigung mit diesen Themen nicht verweigert." Schwester Angela Perez aus Guam sagte: "Ich erlebe und bezeuge den Abbau der Hierarchie."

Doch derlei Aussagen sind Momentaufnahmen. Ende kommender Woche müssen die Synodenteilnehmer einen Bericht vorlegen, über dessen einzelne Teile sie zuvor abstimmen. Erstmals dürfen 54 Frauen mitwählen. Dem gegenüber stehen 320 Männer mit Stimmrecht, darunter 275 Bischöfe. Moraltheologe Viral Tirimanna aus Sri Lanka betonte, auf der Synode werde keine "private Agenda" des Papstes verfolgt. Doch es ist der Papst, der letztlich alleine über Reformen entscheidet. Für den kommenden Herbst hat Franziskus eine weitere Versammlung anberaumt.

 
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