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Rom
Verein der Auslandspresse zieht in Berlusconis Bunga-Bunga-Palast
Im Palazzo Grazioli schmiss der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi einst skandalöse Partys. Nun hat die Residenz einen neuen Bewohner.
Julius Müller-Meiningen
 |  aktualisiert: 26.03.2024 02:55 Uhr

Silvio Berlusconi war viermal italienischer Ministerpräsident. Die politisch und privat intensivsten Jahre erlebte der Unternehmer aus Mailand in seiner letzten Amtszeit von 2008 bis zum Rücktritt 2011. Es waren auch die Jahre der Skandale um minderjährige Geliebte, Prostituierte, die sogenannten Bunga-Bunga-Feste. Jene öffentlich gewordenen Heimlichkeiten trugen sich in Berlusconis römischer Residenz zu, dem Palazzo Grazioli im Stadtzentrum von Rom. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass in dieser Woche nun ausgerechnet der Verein der Auslandspresse in Italien in jene Gemächer einzieht. Die „Associazione della Stampa Estera in Italia“ und ihre Mitglieder gehörten bis zum Tod des Politikers im vergangenen Jahr zu Berlusconis größten Kritikern. 

Berlusconi stand Journalisten, insbesondere ausländischen, skeptisch gegenüber. Denn von ihnen wurde er besonders ungnädig angefasst. Nur ein einziges Mal, noch vor seinem Eintritt in die Politik 1994, stellte sich der Mailänder der Auslandspresse und beschimpfte sie wegen ihrer angeblichen politischen Orientierung als „Kommunisten“. Das war Berlusconis Sammelbegriff für Menschen, die anders auf die Welt blickten als er. Diese „Kommunisten“ beziehen nun das zweite, 25 Jahre lang von Berlusconi bewohnte Stockwerk des Palazzo Grazioli. Weil die Auslandspresse das Bild Italiens in der Welt bestimmt, prägt und im Guten wie im Schlechten verbreitet, leistet sich der italienische Staat seit jeher den Luxus, dem Verein eine imposante Immobilie zur Verfügung zu stellen. 

In den Bädern trugen Berlusconis Konkubinen Lippenstift auf

Der Renaissance-Palazzo atmet auch nach dem Umbau noch den Geist der Vergangenheit. Berlusconi hielt hier die wichtigsten politischen Besprechungen ab, vor dem Eingang lauerten in jenen Jahren durchgehend Kamerateams und Fotografen. Auf den damals noch mit roten Teppichen ausgestatteten Korridoren ließ der Berlusconi-Freund Wladimir Putin dessen Schoßhündchen Dudù Bälle apportieren. In den Badezimmern trugen Berlusconis Konkubinen vor den Bunga-Bunga-Festen Lippenstift auf und schossen Selfies. 

Der 112 Jahre alte Auslandspresseverein hat rund 350 Mitglieder, von denen einige von zu Hause aus oder in einem eigenen Büro arbeiten. Dass die Stampa Estera ausgerechnet Berlusconi beerbt, ist einem Zufall zu verdanken. Der alte Vereinssitz musste geräumt werden, da hier ein Fünfsternehotel einziehen soll. Auf der Suche nach einer Alternative machte eines der Vereinsmitglieder den Witz, man könne doch bei Berlusconi einziehen. Ein Immobilienagent nahm den Mann beim Wort und organisierte eine Besichtigung. 

 
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