
Auf Ihrer neuen Single singen Sie: "Der Teufel nimmt die Zeit, die Zeit, die wir verbringen. Und treibt uns in die Dunkelheit. Da gibt es kein Entrinnen." Klingt ein bisschen düster und nach Sorgen vor der Zukunft. Herr Holm, wie geht es Ihnen?
Michael Holm: Mir geht es sehr gut. Und ich bin auch sehr gut drauf. Aber tatsächlich hat der Vers der Single etwas Schweres, vielleicht sogar Bedrückendes. Mir persönlich gefällt die Aufnahme trotzdem. Das Lied zu hören, ist für mich eine Freude.
Hegt man da noch mal den Wunsch, einen großen Hit zu landen?
Holm: Also in jedem Fall freue ich mich, wenn das Ganze erfolgreich ist. Da hätte ich überhaupt nix dagegen. Denn wenn man Musik veröffentlicht, hofft man ja immer auf ein breites Publikum. Sonst könnte ich das alles ja auch in meinem Kopf ablaufen lassen.
Ein Millionenpublikum erreichten Sie mit Ihrem ersten ganz großen Wurf. Sind Sie eigentlich einmal mit einer Tramperin nach Mendocino gefahren, um Ihren ersten Hit nachzustellen?
Holm: Ja, ich war zwar nicht mit einer Tramperin dort, aber mit meiner Agentin Deborah Holland aus Los Angeles. Ich bin nach San Francisco geflogen und mit ihr von dort aus mit einem Mietwagen nach Nordkalifornien, diese beeindruckende Steilküste entlang. Das ist eine wunderbare, ganz außergewöhnliche Straße, direkt am Pazifik entlang. Insgesamt war ich dreimal da. Und es hat mir in Mendocino sehr, sehr gut gefallen. Das ist ein kleiner Hippieort, der landschaftlich traumhaft gelegen ist. Da gibt es die roten Wälder, die Bäume werden bis zu 120 Meter hoch. Das ist ein unbeschreibliches Naturschauspiel, ein magisches Erlebnis.
Was treibt Sie mit jetzt bald 80 Jahren weiter an, Musik zu machen?
Holm: Ich kann einfach nicht aufhören, egal, ob das nun Hits werden oder nicht. Ich bekomme Stücke angeboten oder schreibe selbst welche. Und ich stehe immer noch ziemlich oft auf der Bühne. Das werden in diesem Jahr um die 30 Konzerte sein.
Im Musikgeschäft läuft heute ja vieles digital. Wie geht es Ihnen persönlich im Alltag mit all der digitalen Technik?
Holm: Dadurch, dass ich Kinder habe, bin ich nicht völlig abgehängt. Ich habe auch keine Probleme, im Internet zu surfen. Allerdings bin ich supervorsichtig. Denn man kann ja so viele Fehler machen. Ich weise nur auf all die unseriösen, gar gefährlichen Angebote hin. Da klickt man drauf und schon hat man sich einen Virus eingefangen oder wird sonst wie gehackt. Sie kennen ja das Phänomen, dass eine völlig unbekannte Frau Müller einem eine Million vererben will, weil sie einen dazu ausgeguckt hat. Aber wie hat Margaret Thatcher schon gesagt: "There's no such thing as a free lunch." (übersetzt etwa: "Umsonst gibt es gar nichts", d. Red.)
Darf ich auf einen ganz anderen Aspekt zu sprechen kommen? Sie haben früher, das kann man auf alten Fotos gut sehen, trotz langer Haare ein bisschen braver und jünger ausgesehen, als Sie waren. Das kommt Ihnen heute zugute, oder? Sie sehen überhaupt nicht wie 80 aus.
Holm: Ich fühle mich wohl in meinem Körper und habe ein gutes Lebensgefühl. Und trotz aller Probleme, die einem heutzutage von der Zeitgeschichte zugemutet werden, habe ich ein positives Bild meines Lebens und auch meiner Familie.
Sie trainieren aber auch viel, gehen laut Bild am Sonntag jeden Tag 10.000 Schritte, um fit zu bleiben.
Holm: Ich gehe jeden Tag eineinhalb Stunden spazieren. Das mache ich mit großer Lust. Bei schönem Wetter radle ich. Das macht mir Spaß, denn ich wohne sehr privilegiert im Pfaffenwinkel oder im blauen Land, wie man die Gegend zwischen Ammersee und Starnberger See nennt.
Sie haben, bevor Sie ganz ins Musikgeschäft eintauchten, ein Jura-Studium abgebrochen. Haben Sie das je bereut?
Holm: Nein, das habe ich nie bereut. Ich habe während des Studiums in einem Musikverlag gejobbt und habe da als Büro-Servicekraft etwas Geld verdient. Irgendwann bin ich angesprochen worden, ob ich auch selbst Titel schreiben und die mal vorspielen würde. Das tat ich. Und sozusagen am nächsten Tag war ich derjenige, dem der Kaffee gereicht wurde. Da habe ich das Studium abgebrochen.
Der Fall Till Lindemann ist gerade allgegenwärtig. Wie war das mit Groupies vor, nach und bei Konzerten früher in der Schlagerbranche? In einem Interview sagten Sie, das gehörte früher zum Geschäft. Was hat sich da verändert?
Holm: Es war halt weitverbreitet, weil das weibliche Publikum auf Sänger die eigenen Wunschvorstellungen projiziert. Zu allen Zeiten hat man ja für Schauspieler oder Sänger geschwärmt. Das war schon bei den Minnesängern im Mittelalter so. Zu allen Zeiten gab es Fans und Groupies. Aber das hatte nichts mit Gewalt zu tun.
Man liest, Sie feiern Ihren 80. Geburtstag mit 50 bis 70 Gästen in Oberbayern. Wie darf man sich das vorstellen?
Holm: Also ich habe sie nicht abgezählt. Wir haben einen Saal in einer schönen Landgaststätte gemietet. Es wird sehr bayerisch zugehen, weil ich ein Fan der bayerischen Küche bin. Weil meine Tochter kein Fleisch isst, wird es aber auch Vegetarisches geben. Dann werden wir zusammensitzen, ratschen, lachen, Musik machen. Es wird ein ganz ein griabiges Fest.
Herr Holm, in vielen Ihrer Lieder kamen und kommen Träume vor. Wovon träumt Michael Holm in diesen Tagen? Und sagen Sie jetzt nicht: vom Weltfrieden!
Holm: (lacht) Ich träume immer noch von Musik und schönen Momenten, die ich dem Publikum und mir bereite. Mein Freund und Hauptschreiber meiner Memoiren, "Rückkehr nach Mendocino – die vielen Leben des Michael Holm", Michael Kernbach, arbeitet aktuell an einem Musical. Das könnte im nächsten Jahr auf die Bühne kommen. Und darauf freue ich mich sehr. Wenn das gut läuft, wäre das schon ein Traum.