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Manchester
Siebenfache Baby-Mörderin schrieb: „Ich bin böse, weil ich das getan habe“
Dieser Fall schockiert ganz Großbritannien: Die Kinderkrankenschwester Lucy Letby hat sieben Babys getötet. Nun steht fest, wie lange sie ins Gefängnis muss.
Strafmaßverkündung im Fall englischer Krankenschwester.jpeg       -  Diese bisher unveröffentlichte Gerichtszeichnung zeigt die Krankenschwester Lucy Letby (Mitte), die der Urteilsverlesung im Manchester Crown Court zuhört.
Foto: Elizabeth Cook, dpa | Diese bisher unveröffentlichte Gerichtszeichnung zeigt die Krankenschwester Lucy Letby (Mitte), die der Urteilsverlesung im Manchester Crown Court zuhört.
Susanne Ebner
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:47 Uhr

Als Richter Justice Goss an diesem Montag das Urteil aus einem vor ihm liegenden roten Ordner verlas, fand er klare Worte: „Dies war eine grausame, kalkulierte und zynische Serie von Kindermorden." Goss verurteilte die 33-jährige ehemalige Kinderkrankenschwester Lucy Letby in Manchester zur Höchststrafe: lebenslange Haft ohne die Möglichkeit auf eine vorzeitige Entlassung. „Sie haben auf eine Weise gehandelt, die den normalen menschlichen Instinkten, Babys zu pflegen und zu betreuen, völlig zuwiderlief”, sagte Goss.

Am vergangenen Freitag hatte die Jury im „Manchester Crown Court“ Letby für schuldig befunden, 2015 und 2016 auf einer Neugeborenenstation des „Countess of Chester Hospital“ im Nordwesten Englands sieben Kinder getötet zu haben. Sechs weitere Babys soll sie versucht haben zu ermorden. Medien nennen das Verbrechen „die schlimmste Kindermordserie in der jüngeren Geschichte des Vereinigten Königreichs“.

Betroffene Eltern richteten sich mit einem Statement an die Mörderin

Vor der Verlesung des Strafmaßes richteten sich betroffene Eltern am Montag mit einem Statement an Letby. Eine Mutter beschrieb die „überwältigenden Emotionen“, die sie verspürte, als sie ihren Sohn zum ersten Mal in den Armen hielt: „Es war wie nichts, was ich jemals zuvor erlebt hatte.“ Was dann passierte, werde sie jedoch bis zu ihrem Tod begleiten. „Wenn ich in dieser Nacht nicht zu Bett gegangen wäre, wäre er vielleicht noch hier."

Letby selbst war nicht im Gerichtssaal anwesend, als die Familien sich mit ihren Statements an sie wandten, und auch nicht, als das Strafmaß verkündet wurde. Dies sorgte für Wut bei den Betroffenen. Eine Mutter bezeichnete es als „letzten Akt der Bosheit“. Premierminister Rishi Sunak sagte, es sei „feige, dass Menschen, die solch schreckliche Verbrechen begehen, ihren Opfern nicht gegenübertreten“. Forderungen, Verurteilte zur Anwesenheit zwingen zu können, wurden laut. Die Regierung erwäge nun, das Recht zu ändern, hieß es.

Im Verlauf des Prozesses, der zehn Monate dauerte, betonte Letby, dass sie nie irgendeinem Kind absichtlich Schaden zugefügt habe. Richter Goss verwies am Montag jedoch auf ihre „Faszination“ für die Familien der getöteten Babys, welche sich anhand ihres Suchverlaufs auf Facebook nachvollziehen ließ, und erwähnte überdies eine handgeschriebene Notiz der 33-Jährigen, die Beamte in ihrer Wohnung gefunden hatten. Darauf stand: „Ich habe sie absichtlich getötet, weil ich nicht gut genug bin, um für sie zu sorgen.“ Weiter schrieb sie: „Ich bin böse, weil ich das getan habe.“

Besorgten Eltern versicherte Lucy Letby, dass sie ihr vertrauen können

Im Alltag zeigte Letby ein anderes Gesicht. Auf Fotos, die bei der Arbeit aufgenommen wurden, lächelt sie. Sie sieht sorglos aus, freundlich und damit ganz und gar nicht so, wie sich viele Briten eine Serienmörderin vorstellen würden. Besorgten Eltern versicherte sie, dass sie ihr vertrauen können. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall.

Viele Menschen auf der Insel reagierten geschockt darauf, wie kaltblütig die sympathisch wirkende Letby dabei handelte. So mordete sie, indem sie den Babys Luft in die Blutbahn spritzte. Andere brachte sie um, indem sie ihnen zu viel Milch zu essen gab. Manchmal lagen Stunden zwischen Tötungsversuchen, manchmal Wochen. Fünf Jungen, davon zwei Brüder aus einer Drillingsgeburt, und zwei Mädchen starben. Alle waren auf der Frühgeborenenstation betreut worden.

Die Familien der Opfer äußerten sich zufrieden mit dem Urteil. „Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Allerdings könne ihnen das Urteil nichts von ihrem „extremen Schmerz, der Wut und der Hilflosigkeit“ nehmen: „Wir werden vielleicht nie erfahren, warum all das passiert ist.“

Die britische Regierung kündigte eine unabhängige Untersuchung des Falls an

Tatsächlich liegen die Motive für die Taten der 33-Jährigen nach wie vor im Dunkeln. Erst recht, weil Letby allem Anschein nach ein völlig normales Leben führte. Sie hatte Freunde, stand ihren Eltern nahe, ging abends aus und besuchte einen Salsa-Tanzkurs. Bei der Arbeit galt sie lange Zeit als vertrauenswürdig und engagiert, wie der Richter am Montag erneut betonte. Sie wurde deshalb in jener Abteilung eingesetzt, wo diejenigen Babys untergebracht sind, die besonders intensiv betreut werden müssen.

Ehemalige Kollegen Letbys am „Countess of Chester Hospital“ erhoben in den vergangenen Tagen jedoch schwere Vorwürfe gegen die damalige Krankenhausleitung. Warnungen seien nicht ernst genommen worden, hieß es. Die britische Regierung kündigte eine unabhängige Untersuchung des Falls an. Diese solle helfen, den Familien der Opfer die Antworten zu geben, „die sie brauchen", sagte Gesundheitsminister Steve Barclay.

 
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