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Griechenland
Viel Sonne, günstige Preise: Immer mehr Deutsche kaufen sich Immobilien in Griechenland
Ausländische Käufer reißen sich um Domizile und Altersruhesitze in Griechenland. Viele kommen aus Deutschland. Die 300 Sonnentage im Jahr sind nicht der einzige Grund.
0002187438.jpg       -  Blick auf die weißen Häuser an einem Hang der Insel Astypalea: Wer wollte hier nicht dem winterlichen Grau in Deutschland entfliehen?
Foto: Socrates Baltagiannis | Blick auf die weißen Häuser an einem Hang der Insel Astypalea: Wer wollte hier nicht dem winterlichen Grau in Deutschland entfliehen?
Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:30 Uhr

„Ist das nicht herrlich?“, fragt Jürgen Seidel. Die Wintersonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel. Von der Terrasse ihrer Wohnung blicken Seidel und seine Frau Edith hinunter auf den Strand von Voula. Über das silbern glitzernde Meer schweift ihr Blick dann weiter in die Ferne, hinüber zur Insel Ägina. Dahinter ragen die Bergketten der Halbinsel Peloponnes auf. Das Thermometer zeigt 19 Grad. „Wir können uns gar nicht sattsehen an diesem Panorama“, sagt Edith Seidel.

Die beiden Deutschen verbringen gerade ihren ersten Winter in Griechenland. Bisher kannten sie das Land nur im Sommer. Im Athener Küstenvorort Voula haben sie ein Penthouse gekauft. 760.000 Euro hat die 190 Quadratmeter große Wohnung mit drei Schlafzimmern und einer weitläufigen Terrasse gekostet. Die Eheleute aus Hessen, beide Mitte 60, wollen in Zukunft den größten Teil des Jahres in Griechenland verbringen. Hellas hallo!

Griechenland lockt mit 300 Sonnentagen im Jahr

Sie sind nicht die Einzigen. Griechenland lockt schließlich mit 300 Sonnentagen im Jahr und milden Wintern, über 100 bewohnten Inseln und der längsten Küstenlinie im Mittelmeer.

„Der griechische Immobilienmarkt entwickelt sich sehr dynamisch“, sagt Georg Petras, Griechenland-Chef des Immobilienvermittlers Engel & Völkers. „Bei uns entfallen 80 bis 85 Prozent der Käufe luxuriöser Ferienimmobilien auf Ausländer, und davon kommt die Mehrheit aus dem deutschsprachigen Raum, also Deutschland, Österreich und der Schweiz.“

1,7 Milliarden Euro fließen aus dem Ausland in den griechischen Immobilienmarkt

Griechenland ist gefragt. Und dank massiver Investitionen in die Infrastruktur sind inzwischen auch abgelegene Regionen gut erreichbar. Der Flughafenbetreiber Fraport mit Sitz in Frankfurt am Main managt seit fünf Jahren 14 griechische Regionalflughäfen und hat die früher vernachlässigten Airports grundlegend modernisiert. Auch der Ausbau des Glasfasernetzes geht zügig voran – wichtig für „digitale Nomaden“, die ein Homeoffice in der Sonne suchen.

Nach Angaben der griechischen Zentralbank stiegen die Investitionen von Ausländern in griechische Immobilien im ersten Halbjahr 2022 um 61 Prozent auf 788 Millionen Euro. Marktbeobachter erwarten, dass in diesem Jahr 1,7 Milliarden Euro aus dem Ausland in den griechischen Immobilienmarkt fließen werden. Damit würde der bisherige Rekord von 1,45 Milliarden aus dem Jahr 2019 nochmals übertroffen. Die steigende Nachfrage scheint zum Teil auch der Corona-Pandemie geschuldet zu sein: „Nach den Erfahrungen während der Pandemie suchen jetzt mehr Menschen denn je die Geborgenheit einer eigenen Ferienimmobilie“, meint jedenfalls der in Stuttgart geborene Deutsch-Grieche Georg Petras.

Das Preisniveau ist eine Spätfolge der griechischen Finanzkrise

Er hat noch vieles weiteres Interessantes zu berichten. Auf Inseln der südlichen Ägäis wie Paros, Rhodos, Patmos, Mykonos und Tinos zum Beispiel seien die Kaufabschlüsse im Vergleich zum Vorjahr um 70 bis 80 Prozent gestiegen, erzählt der Makler. Die Preise in Griechenland seien im Vergleich zu anderen Mittelmeerländern wie Spanien oder Südfrankreich noch moderat. Sie böten Käuferinnen und Käufern gute Einstiegsoptionen für den Immobilienerwerb. Das vergleichsweise günstige Preisniveau ist eine Spätfolge der griechischen Finanzkrise der Jahre 2010 bis 2018. Damals brach der Immobilienmarkt völlig zusammen, bis zu 40 Prozent stürzten die Preise ab. Mittlerweile nähern sie sich wieder dem Vorkrisenniveau an.

„In erster Linie werden ganzjährig erreichbare Regionen angefragt“, sagt Christian Seyrer, Geschäftsführer des auf Griechenland spezialisierten Global Immobilien Service (GIS) in Augsburg. Vor allem wenn es um Zweitwohnungen und Altersruhedomizile geht, setzen Interessenten neben einem milden Klima eine ganzjährig betriebene touristische Infrastruktur voraus, da sie – wie das Ehepaar Seidel – längere Zeit auch außerhalb der Hauptsaison in Griechenland verbringen wollen. Zu den am meisten gefragten Regionen gehören laut Seyrer der Südwesten der Halbinsel Peloponnes, der Süden Kretas und die Insel Lefkada im Ionischen Meer, die über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist. „Dort sind die Preise noch wesentlich günstiger als an den Ägäis-Hotspots wie Mykonos und Santorin“, sagt Seyrer. Schnäppchen sieht er auf der Peloponnes rund um die malerische Hafenstadt Nafplion und in Messenien, im Süden Kretas zwischen Agia Galini und Agios Pavlos sowie an der Südküste von Lefkada.

"Gefragt sind bei deutschen Kunden Häuser mit mindestens zwei Schlafzimmern"

Was Ausländer, die längere Zeit in Griechenland verbringen möchten, wollen? „Deutsche Interessenten suchen vor allem Einfamilienhäuser mit Meerblick und Garten“, sagt Marios Christodoulou, Geschäftsführer bei Ferimmo.de, der einzigen deutschen Internetplattform, die exklusiv griechische Immobilien vermarktet. Das Berliner Unternehmen arbeitet mit 200 Maklerbüros in Griechenland zusammen und hat mehr als 40.000 Objekte im Angebot. „Gefragt sind bei deutschen Kunden Häuser mit mindestens zwei Schlafzimmern und einer durchschnittlichen Wohnfläche von 120 Quadratmetern.“ Eine teure Investition? „Dafür muss man 250.000 bis 450.000 Euro anlegen“, sagt Christodoulou.

Bei der Finanzierung arbeitet Ferimmo mit der Eurobank zusammen, einem der vier großen griechischen Geldinstitute. Deutsche Staatsbürger können so den Erwerb einer Immobilie in Griechenland mit einer Hypothek finanzieren. Bisher war das für Nicht-Residenten unmöglich. Wohnimmobilien in Griechenland sind aber nicht nur als Urlaubsdomizil und Altersruhesitz gefragt – sondern auch als Kapitalanlage. „Renditen von rund fünf Prozent sind realistisch, an touristischen Hotspots kann man auch deutlich mehr erzielen“, sagt Christodoulou.

Dann macht der Makler eine Beispielrechnung auf: Für eine 250 Quadratmeter große Residenz auf der Promi-Insel Mykonos kalkuliere er bei einem Kaufpreis von 1,94 Millionen Euro mit einer Vermietung über zwölf Wochen mit Mieteinnahmen von 144.000 Euro im Jahr. Daraus ergebe sich eine Bruttorendite von 7,4 Prozent. Auf Paros ließen sich mit einem gleich großen Objekt 7,1 Prozent und auf Santorin 6,3 Prozent erzielen. Auf Kreta, einer Lieblingsinsel der Deutschen, lägen die Durchschnittsrenditen bei 4,6 bis 4,8 Prozent. Zum Vergleich: Wegen der höheren Kaufpreise erzielen Investoren in Marbella nur 4,2 Prozent und in Saint Tropez 3,7 Prozent Bruttorendite.

Auch die steuerlichen Bedingungen sind derzeit günstig. Bis Ende 2024 verzichtet der griechische Fiskus auf die 24-prozentige Mehrwertsteuer, die beim Kauf neuer Immobilien eigentlich fällig wäre. Der Käufer zahlt lediglich eine Grunderwerbssteuer von drei Prozent. Einschließlich Maklerprovision, Anwaltshonorar, Notargebühren und Grundbuchkosten belaufen sich die Kaufnebenkosten auf sieben bis 8,5 Prozent des Kaufpreises. „Hinzu kommen interessante steuerliche Anreize für ausländische Käufer“, berichtet Dirk Reinhardt, Partner der griechisch-deutschen Anwaltskanzlei MStR Law in Athen.

Rentner zahlen in Griechenland nur eine "Einkommensteuer-Flatrate" von sieben Prozent

Wer als Rentner nach Griechenlandübersiedelt, zahlt dort 15 Jahre lang nur eine „Einkommenssteuer-Flatrate“ von sieben Prozent – nicht nur auf seine Rente, sondern auf alle im Ausland erzielten Einkünfte. Voraussetzung: Er muss sein Steuerdomizil nach Griechenland verlegen und sich mindestens 183 Tage im Jahr dort aufhalten. Ob sich das lohnt, sollte allerdings wohl in jedem Einzelfall ein kundiger Steuerberater durchrechnen. Denn in Deutschland gilt für dort erzielte Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung und Gewerbe eine beschränkte Steuerpflicht. Jurist Reinhardt rät ausländischen Käufern zur Einschaltung eines Rechtsanwalts. Der prüfe, zusammen mit einem Ingenieur, die bauliche Gesetzmäßigkeit des Objekts, erläutert er. Das ist überaus wichtig, weil in Griechenland Ausländern mitunter Schwarzbauten angeboten werden.

Griechenland lockt also ausländische Privatinvestoren – um die eigene Wirtschaft anzukurbeln. Schon im Jahr 2020 warb Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis um das Geld ausländischer Rentner. „Von nun an werden jegliche Einkünfte von Rentnern aus dem Ausland mit einer Steuer von nur sieben Prozent belastet“, sagte er damals im Parlament. „Das macht Griechenland viel attraktiver und steigert die öffentlichen Einnahmen.“ Zum Rentnerparadies wurde Griechenland gleichwohl nicht umgehend, was jedoch auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängen dürfte.

„Wir haben lange mit einer der Inseln geliebäugelt, uns dann aber doch für die attische Riviera entschieden“, sagt Jürgen Seidel in seinem Penthouse in Voula. „Den Ausschlag gaben die Nähe zur Metropole Athen mit ihrem großen kulturellen und kulinarischen Angebot sowie die gute medizinische Versorgung.“ Auch die Erreichbarkeit sprach für Voula. Von ihrer Wohnung aus sind die Seidels in 25 Minuten am Athener Flughafen, und von dort gibt es auch im Winter täglich ein Dutzend Flugverbindungen nach Deutschland. „Das ist uns wichtig“, sagt Edith Seidel, „denn der Kontakt zu unseren Verwandten und Freunden in Deutschland soll nicht abreißen.“

 
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