
Eine Behinderung, eine schwere Erkrankung sowie andere körperliche, geistige, seelische oder Sinnesbeeinträchtigungen können den Alltag stark verändern und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigen. Wie stark eine Person beeinträchtigt ist, wird laut dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen auf behindertenbeauftragter.de anhand des Grades der Behinderung (GdB) ausgedrückt.
Mit einem GdB können Betroffene außerdem sogenannte Nachteilsausgleiche bekommen. Damit können sie von Steuererleichterungen profitieren, Unterstützungsangebote am Arbeitsplatz in Anspruch nehmen und mehr. Aber wann bekommt man eigentlich welchen Grad der Behinderung? Und gibt es Krankheiten, die einen bestimmten GdB von 20 bis 100 zur Folge haben?
Übrigens: Ab einem GdB von 50 gelten Betroffene als schwerbehindert. Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 können aber einen Gleichstellungsantrag stellen und dann von vergleichbaren Ansprüchen profitieren.
Grad der Behinderung beantragen: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Um einen Grad der Behinderung zu bekommen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Grundlage dafür ist die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Demnach wird ein GdB nur anerkannt, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung für voraussichtlich mindestens sechs Monate anhält. Ausschlaggebend für die Höhe des GdB ist dann nicht nur die Diagnose einer Krankheit, sondern auch das Ausmaß der körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung.
Übrigens: Genau wie bei einem GdB wird auch ein Pflegegrad nur dann vergeben, wenn die Beeinträchtigungen für mindestens sechs Monate bestehen. In Deutschland leben derzeit knapp 5,7 Menschen mit einem Pflegegrad von 1 bis 5, die als pflegebedürftig gelten. Einige von ihnen dürften auch einen GdB haben.
GdB berechnen: Welcher Grad der Behinderung wird bei mehreren Krankheiten vergeben?
Die VersMedV listet verschiedene Krankheiten und Einschränkungen auf, die typischerweise zu einem bestimmten GdB-Wert führen. In der Regel handelt es sich bei der Einstufung allerdings um einen individuellen Prozess, weshalb die Werte aus der Verordnung eher als Richtwerte anzusehen sind. Die Auflistung einzelner, ausgewählter Erkrankungen erfolgt in verschiedenen Kategorien:
Kopf und Gesicht
Krankheit | GdB-Wert |
Narben, Warzen, Knochenlücken und Gesichtentstellungen | 0 bis 50 |
Gesichtsneuralien und Sensibilitätsstörungen | 0 bis 80 |
Migräne (je nach Häufigkeit und Dauer) | 0 bis 60 |
periphere Fazialisparese | 0 bis 50 |
Nervensystem und Psyche
Krankheit | GdB-Wert |
Hirnschäden (je nach Ausprägung) | 30 bis 100 |
Teillähmungen und Lähmungen | 30 bis 100 |
Parkinson (je nach Ausprägung) | 30 bis 100 |
Epileptische Anfälle (je nach Art, Schwere, Häufigkeit und Verteilung) | 40 bis 100 |
Narkolepsie | 50 bis 80 |
Entwicklungsstörungen wie Autismus oder Asperger-Syndrom (je nach Ausprägung) | 10 bis 100 |
Schizophrene und affektive Psychosen (je nach Ausprägung) | 10 bis 100 |
Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Psychische Störungen und Verhaltensstörungen (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Rückenmarkschäden (je nach Ausprägung) | 30 bis 100 |
Augen
Krankheit | GdB-Wert |
Einschränkung der Sehschärfe (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Blindheit | 100 |
Ohren und Gleichgewichtsorgan
Krankheit | GdB-Wert |
Taubheit mit Sprachstörungen | 80 bis 100 |
Hörverlust (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Gleichgewichtsstörungen (je nach Ausprägung) | 0 bis 80 |
Tinnitus (je nach Ausprägung) | 0 bis 40 (mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsstörungen mindestens 50) |
Chronische Mittelohrentzündung (je nach Ausprägung) | 0 bis 20 |
Nase
Krankheit | GdB-Wert |
Stinknase (Ozaena) (je nach Ausprägung) | 20 bis 40 |
Verlust des Riechvermögens | 10 bis 15 |
Mund, Rachen und obere Luftwege
Krankheit | GdB-Wert |
Lippendefekt mit Speichelfluss (je nach Ausprägung) | 0 bis 30 |
Funktionsstörung der Zunge mit Artikulationsstörung (je nach Ausprägung) | 20 bis 50 |
Schluckstörungen (je nach Ausprägung) | 0 bis 70 |
Verlust des Kehlkopfs (je nach Ausprägung) | 70 bis 100 |
Stimmstörungen (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
Artikulationsstörungen (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
Brustkorb, tiefere Atemwege und Lungen
Krankheit | GdB-Wert |
Chronische Bronchitis, Bronchiektasen (je nach Ausprägung) | 0 bis 30 |
nach Lungentransplantation (je nach Heilungsverlauf) | 70 bis 100 |
Bronchialasthma (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 (bei Kindern 20 bis 100) |
Schlaf-Apnoe-Syndrom (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
Tuberkulose (je nach Ansteckungsgefahr) | 0 oder 100 |
Sarkoidose (je nach Verlauf und Aktivität) | 30 |
Herz und Kreislauf
Krankheit | GdB-Wert |
Einschränkung der Herzleistung (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
nach Herztransplantation (je nach Heilungsverlauf) | 70 bis 100 |
Herzrhythmusstörungen (je nach Ausprägung) | 10 bis mindestens 60 |
Arterielle Verschlusskrankheiten, Verschlüsse an den Beinen (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Aneurysma (je nach Sitz und Größe) | 0 bis mindestens 50 |
Bluthochdruck (je nach Ausprägung) | 0 bis 100 |
Verdauungs- und Harnorgane
Krankheit | GdB-Wert |
Refluxkrankheit der Speiseröhre (je nach Ausprägung) | 10 bis 30 |
Stenosen der Speiseröhre mit Problemen bei der Nahrungsaufnahme (je nach Ausprägung) | 20 bis 70 |
Magen- oder Darmgeschwülst (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
chronische Gastritis | 0 bis 10 |
Reizmagen | 0 bis 10 |
Chronische Darmstörungen (je nach Schwere der Symptome) | 0 bis 50 |
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn (je nach Auswirkung) | 10 bis 80 |
Zöliakie und Sprue | 20 |
Hämorrhoiden (je nach Ausprägung der Beschwerden) | 0 bis 20 |
Chronische Hepatitis (je nach Ausprägung der endzündlichen Aktivität) | 20 bis 70 |
Leberzirrhose (je nach Ausprägung) | 30 bis 100 |
Nierensteine (je nach Häufigkeit und Ausprägung) | 0 bis 30 |
Nierenfunktionseinschränkung (je nach Ausprägung) | 20 bis 100 |
Chronische Harnwegsentzündung (je nach Ausprägung) | 0 bis 70 |
Entleereungsstörung der Blase (je nach Ausprägung) | 10 bis 50 |
Harninkontinenz (je nach Ausprägung und Folgen) | 0 bis 80 |
Stoffwechsel und innere Sekretion
Krankheit | GdB-Wert |
Diabetes mellitus (je nach Therapieauswand, Beeinträchtigung, Folgeerkrankungen) | 0 bis 50 |
Mukoviszidose (zystische Fibrose) (je nach Ausprägung und Folgen) | 20 bis 100 |
Blut, blutbildende Organe und Immunsystem
Krankheit | GdB-Wert |
Hodgkin-Krankheit (je nach Stadium) | 50 bis 100 |
Non-Hodgkin-Lymphome (je nach Ausprägung) | 30 bis 100 |
Akute Leukämie (je nach Dauer) | 80 bis 100 |
Anämien (je nach Ausprägung und Auswirkung) | 0 bis 70 |
Hämophilie und Blutungskrankheiten (je nach Blutungsneigung) | 20 bis 100 |
Immundefekte (je nach Symptomatik und Infektanfälligkeit) | 0 bis 100 |
Haut
Krankheit | GdB-Wert |
Akne (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
Rosazea und Rhinophym (je nach Ausprägung) | 0 bis 30 |
Schuppenflechte (je nach Ausprägung) | 0 bis 50 |
totaler Haarausfall (mit Fehlen von Augenbrauen und Wimpern) | 30 |
Haltungs- und Bewegungsorgane sowie rheumatische Erkrankungen
Krankheit | GdB-Wert |
entzündliche-rheumatische Krankheiten der Gelenke und Wirbelsäule (je nach Ausprägung) | 10 bis 100 |
Muskelschwäche (je nach Ausprägung) | 20 bis 100 |
Kleinwuchs (je nach Größe) | 30 bis 50 |
Wirbelsäulenschäden (je nach Einschränkung und Beeinträchtigung) | 0 bis 100 |
Beckenschäden (je nach Auswirkung) | 0 bis 40 |
Endoprothesen (je nach Behandlungsergebnis und Gelenk) | mindestens 10 bis 50 |
Bei Menschen, die unter mehreren Krankheiten oder Beeinträchtigungen leiden, werden die entsprechenden GdB-Werte nicht einfach addiert. Es wird laut der VersMedV vielmehr eine Gesamtbewertung vorgenommen, bei der auch Wechselwirkungen berücksichtigt werden.
Wichtig: Neben den hier genannten Krankheiten listet die VersMedV noch weitere Erkrankungen auf. Für die Einstufung in einen Grad der Behinderung ist jedoch meist nicht die Krankheit an sich, sondern die Folgen, Auswirkungen, Einschränkungen und Beeinträchtigungen, die diese mit sich bringen, ausschlaggebend.