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Stettin
Droht eine neue Umweltkatastrophe in der Oder?
Im vergangenen Jahr starben in dem deutsch-polnischen Grenzfluss unzählige Fische. Was damals die Ursache war und warum es erneut Sorgen gibt.
Umweltkatastrophe.jpeg       -  Im vergangenen Jahr kam es zu einem Massensterben von Fischen im Grenzfluss Oder.
Foto: Patrick Pleul, dpa (Archivbild) | Im vergangenen Jahr kam es zu einem Massensterben von Fischen im Grenzfluss Oder.
Jens Mattern
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:24 Uhr

Umweltschützern und grünen Politikern zufolge droht ein umfassendes Fischsterben in der Oder. Viele Menschen fragen sich nun: Wiederholt sich die Katastrophe des vergangenen Jahres? Fest steht jedenfalls, dass bereits seit Ende April tote Fische in Nebenflüssen und im „Gleiwitzer Kanal“ treiben. Nach Angaben von polnischen Medienberichten soll es mindestens eine Tonne sein. 

Ursache vom Fischsterben 2022: Salzeinleitung aus polnischem Bergbau

Die grünen EU-Parlamentarierinnen Hannah Neumann und Jutta Paulus waren fünf Tage entlang der Oder unterwegs. Neumann erklärte auf Anfrage: „Es gibt vieles, was man für die Oder tun könnte, wie etwa Revitalisierung. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass es in diesem Sommer zu keinem Fischsterben kommt. Die Ursache ist erwiesenermaßen die Salzeinleitung aus dem polnischen Bergbau. Das muss begrenzt oder ganz gestoppt werden.“

Ende Juli des vergangenen Jahres schlugen in Polen Fischer und Umweltschützer aufgrund der toten Fische Alarm. Wegen immer mehr Kadavern wurde der Flussbereich in beiden Ländern abgesperrt, die polnische Feuerwehr soll nach eigenen Angaben bis Ende August über 200 Tonnen toter Fische geborgen haben. Der polnischen Regierung wurde damals von Opposition wie Medien vorgeworfen, zwei Wochen auf die Berichte nicht reagiert zu haben. 

Neues Fischsterben 2023? Die Abwässer in der Oder werden seit der Katastrophe überwacht

Greenpeace wies bereits im vergangenen Sommer auf das Salzeinleiten von Bergbaubetrieben als Hauptursache hin. Die Abwässer dieser Kohlewerke werden seit der Katastrophe mittels Stichproben überwacht. Es gibt Einschätzungen, dass die Erholung des Flusssystems, an dessen Oberlauf sich ein Nationalpark befindet, sieben Jahre oder gar Jahrzehnte dauern wird. 

„Die polnische Regierung hat kurzfristige wie langfristige Maßnahmen getroffen“, sagte kürzlich Marek Grobarczyk, der Minister für Meereswirtschaft und Binnenschifffahrt, angesichts der aktuellen Lage. Die Umweltministerin Anna Moskwa betonte vor zwei Wochen, dass die Oder der bestüberwachte Fluss Europas sei. Allerdings gestand die Nationalkonservative ein, dass „jedes Szenario“ möglich wäre. 

Nach Angaben von Grünen-Politikerin Hannah Neumann wolle die polnische Regierung den Grund für die Verschmutzung nicht sehen und so auch nichts dagegen tun. 

Das deutsche Umweltministerium wurde nicht informiert

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Skala dieser Katastrophe das Ausmaß erreicht, welches wir im August vergangenen Jahres erlebt haben", so Przemyslaw Slowik, ein Stadtrat der polnischen Grünen aus Stettin (Szczecin). Der Regierung in Warschau wirft der Regionalpolitiker vor, die Katastrophe zu legalisieren. Die Überprüfung der Versalzung ergebe, dass die Werte stark überschritten würden, jedoch gebe es keine Konsequenzen vonseiten der Behörden. 

Tatsächlich scheint es so, dass die polnische Regierung keine offene Kommunikation mit der deutschen Seite betreibt. So wurde das deutsche Umweltministerium nicht über den Fund toter Fische in der Region Gleiwitz (Gliwice) von dem Nachbarland benachrichtigt. Gleichzeitig verbittet sich die polnische Regierung jegliche Kritik von deutscher Seite. Dies auch, da derzeit der Wahlkampf für den Urnengang im Herbst im Gange ist. 

Die 866 Kilometer lange Oder entspringt in Tschechien, fließt durch Polen und bildet einen Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen. Der Bestand der Fische in der Oder hat als Folge der Umweltkatastrophe vom vergangenen Sommer um bis zu zwei Drittel abgenommen. Das zeigten wissenschaftliche Untersuchungen aus diesem Frühjahr. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete die Situation als "bedrückend". Sie sagte am Montag im Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin, die Zeit dränge, um den hohen Salzgehalt in der Oder zu verringern, der wahrscheinlich aus dem polnischen Bergbau stamme. Bislang sei hier in Polen aber "kein Paradigmenwechsel zu erkennen". (mit dpa)

 
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