Seit mehreren Jahren wird gegen den vorbestraften Sexualstraftäter Christian B. wegen Mordverdachts im Fall Madeleine McCann ermittelt. Jetzt steht der aus dem Raum Würzburg stammende 47-Jährige in Braunschweig vor Gericht. In dem Prozess geht es aber nicht um die 2007 verschwundene Maddie.
Verdächtiger im Fall Maddie vor Gericht: Ihm werden Vergewaltigungen vorgeworfen
Christian B. muss sich von Freitag an wegen mehrerer in Portugal begangener Straftaten verantworten. Ihm werden drei schwere Vergewaltigungen sowie sexueller Missbrauch von Kindern in zwei Fällen vorgeworfen. Die Taten sollen sich zwischen Dezember 2000 und Juni 2017 ereignet haben. Unter anderem soll er eine damals 20-Jährige aus Irland in ihrem Appartement vergewaltigt und die Tat gefilmt haben. Die Zeitung Daily Mail zitierte die Zeugin mit den Worten: "Ich kann es nicht erwarten, meinem Peiniger in die Augen zu schauen und ihn vor Gericht zu sehen."
Außerdem soll Christian B. eine unbekannt gebliebene 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer Ferienwohnung im Schlafzimmer überrascht, vergewaltigt und dabei gefilmt haben. In beiden Fällen sollen die Frauen gefesselt und mit einer Peitsche geschlagen worden sein. Eine ebenfalls unbekannt gebliebene deutschsprachige Jugendliche soll der Angeklagte in einem Wohnzimmer laut Staatsanwaltschaft an einen Holzpfahl gefesselt, geschlagen und zum Oralverkehr gezwungen haben.
2007 soll er zudem am Strand in Salema eine Zehnjährige am Handgelenk gepackt und vor ihr masturbiert haben, 2017 folgte laut Anklage eine ähnliche Tat vor einer Elfjährigen in Sao Bartolomeu de Messines. Das Mädchen lief zu seinem Vater, Christian B. wurde von der portugiesischen Polizei festgenommen.
Christian B. vor Gericht: Verteidiger strebt Freispruch an
Für den Prozess am Landgericht Braunschweig sind insgesamt 29 Verhandlungstermine angesetzt, ein Urteil könnte nach dieser Planung am 27. Juni gesprochen werden. Christian B.s Verteidiger strebt einen Freispruch an, wie er der Deutschen Presse-Agentur vorab sagte.
Laut einer Gerichtssprecherin waren für den ersten Prozesstag noch keine Zeugen geladen. Auf dem Programm stand die Verlesung der Anklage. Doch noch bevor die Richterin die Personalien feststellen konnte, stellte B.s Anwalt einen Antrag, weil er eine Schöffin für befangen halte. Sie habe 2019 in mehreren Tweets bei Twitter zur Tötung des brasilianischen Ex-Präsidenten Javier Bolsonaro aufgerufen. Deshalb sei sie nicht geeignet, um als Schöffin zu fungieren. Die Staatsanwältin stimmte dem Antrag zu, der Prozess wurde vertagt.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte im Oktober 2022 nach Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern eine mehr als 100-seitige Anklageschrift vorgelegt. Ob sich der Christian B. am Freitag zu den Vorwürfen äußern wird, ließ sein Rechtsanwalt zunächst offen.
Verdächtiger im Fall Maddie sitzt Haftstrafe aktuell ab
Christian B. sitzt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe im Gefängnis in Sehnde bei Hannover für die Vergewaltigung einer US-Amerikanerin im Jahr 2005 ab. Tatort war Praia da Luz, also der Ort, in dem Madeleine McCann 2007 verschwand. Der erste Vergewaltigungsprozess gegen Christian B. im Jahr 2019 in Braunschweig ging nahezu an der Öffentlichkeit vorbei.
Durch einen Zeugenaufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" wurde im Juni 2020 überraschend öffentlich, dass Christian B. unter Verdacht steht, die Dreijährige entführt und getötet zu haben. Die Ermittlungen im Fall "Maddie" laufen laut Staatsanwaltschaft weiter. Das britische Mädchen verschwand am 3. Mai 2007 aus einer Appartementanlage im portugiesischen Praia da Luz. Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass Maddie tot ist, obwohl bisher keine Leiche gefunden wurde.
Bislang wurde keine Anklage gegen den 47-Jährigen in diesem Fall erhoben. Sein Anwalt gab an, in Bezug auf diese Vorwürfe noch keine Akteneinsicht gehabt zu haben. Deshalb könne er sich nicht dazu äußern, gehe aber davon aus, dass sein Mandant unschuldig sei. (mit dpa)