Gérard Depardieus Antwort fiel betont souverän aus. Ganz so, als wolle er sich keinesfalls anmerken lassen, dass er in seinem Stolz verletzt sein könnte, falls ihm die höchste Auszeichnung in Frankreich aberkannt wird. Überreicht hat ihm die Ehrenlegion 1996 der damalige Präsident Jacques Chirac. Nun lässt Kultusministerin Rima Abdul Malak über ein Disziplinarverfahren prüfen, ob er sie behalten darf. „Ich war erfreut, sie zu bekommen. Ich werde erfreut sein, sie zurückzugeben, sollte man zu dem Urteil kommen, dass ich ihrer nicht würdig bin“, ließ der Schauspieler über seinen Agenten mitteilen.
Es wäre der tiefe Sturz eines Superstars, der einmal ganz oben stand. Depardieu, der in mehr als 200 Filmen spielte und etliche Preise erhielt, wird zur Persona non grata. Mehrere Regisseure kündigten zuletzt an, ihn nicht mehr zu engagieren. Ministerin Abdul Malak zeigte sich „angewidert“ vom sexistischen und respektlosen Verhalten Depardieus gegenüber Frauen. Dieses sei „eine Schande für Frankreich“.
Schwere Anschuldigungen gegen Gérard Depardieu
Auslöser war die Ausstrahlung eines Dokumentarfilms vor wenigen Tagen, die Aufnahmen von einer Reise Depardieus 2018 nach Nordkorea zeigten. Mit einer erschütternden Vehemenz bedrängte er darin Frauen, vor allem eine junge Übersetzerin. Wohl wissend, dass er gefilmt wurde, machte er obszöne Geräusche und Anspielungen unter anderem über ein Mädchen, das auf einem Pferd ritt. Reitende Frauen seien „große Schlampen“, betonte er.
Zu Wort kamen auch vier Frauen, die Depardieu schwere Anschuldigungen machten. Zwei von ihnen haben Anzeige erstattet, darunter die Schauspielerin Charlotte Arnoult, die Depardieu vorwirft, sie 2018 zweimal in seinem Pariser Stadtpalais vergewaltigt zu haben. Er selbst wies in einem offenen Brief im Oktober diesen Vorwurf zurück. Auch seine Familie, unter ihnen seine Tochter, die Schauspielerin Julie Depardieu, ergriff schriftlich seine Verteidigung: Bei der Reportage handle es sich um eine „haarsträubende Manipulation eines Journalisten, der nicht zögerte, im Müll herumzuwühlen“.
Gérard Depardieu pinkelte betrunken in ein Flugzeug
Dabei sind die Vorwürfe gegen den Star nicht neu. Bereits im Frühjahr veröffentlichte das investigative Online-Magazin Mediapart eine Reportage, in der 13 Frauen von ihren Erfahrungen an Filmsets mit ihm berichteten und ihn als Mann beschrieben, der sich alles herausnahm. Demnach begrapschte und bedrängte er Maskenbildnerinnen oder Schauspielerinnen, die oft verzweifelt versuchten, ihm aus dem Weg zu gehen. Beschwerden waren vergeblich. „Hab’ dich nicht so, das ist halt Gérard“, lautete meist die Antwort.
In den USA bezahlte er bereits 1991 für die Aussage in einem Interview, er habe ab dem Kindesalter an zahllosen Vergewaltigungen teilgenommen. „Da war nichts Schlechtes dabei“, die Mädchen „wollten vergewaltigt werden“, so Depardieu. Später korrigierte er sich: Er habe nur zugesehen. Doch den Oscar für seine Rolle als Cyrano de Bergerac im gleichnamigen Film erhielt er nicht, zu groß war die Empörung. Damals beklagte sich Kulturminister Jack Lang noch über „einen fiesen Schlag gegen einen unserer größten Schauspieler“. Mehr als 30 Jahre später setzt sich die Erkenntnis durch, dass ihm das französische Kino Narrenfreiheit erteilt hatte. Mal pinkelte er betrunken in ein Flugzeug, mal zelebrierte er seine Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Vor wenigen Tagen begannen Ermittlungen, um die Umstände des Todes der Schauspielerin Emmanuelle Debever herauszufinden, die sich Anfang Dezember das Leben nahm. Als eine der Ersten hatte sie Depardieu öffentlich sexuelle Nötigung bei den Dreharbeiten zum Film „Danton“ vorgeworfen.