zurück
Kaukasus
Bergkarabach-Konflikt erklärt: Geschichte und aktuelle Entwicklungen
Rund um die Region Bergkarabach schwelt ein Konflikt, dessen Wurzeln lange zurückliegen. Die Auseinandersetzung führte schon einmal zum Krieg – und ist nun wieder hochgekocht.
223508602.jpg       -  Armenische Demonstranten Ende 2020. Zuvor war der Konflikt um Bergkarabach eskaliert.
Foto: Dan Himbrechts, dpa (Archivbild) | Armenische Demonstranten Ende 2020. Zuvor war der Konflikt um Bergkarabach eskaliert.
Lukas von Hoyer
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:29 Uhr

Er kocht immer wieder hoch, der Konflikt um Bergkarabach. Alles dreht sich dabei um die Region Bergkarabach im Kaukasus. Der Name leitet sich vom aserbaidschanischen Qarabağ. Das bedeutet in etwa so viel wie "schwarzer Garten". Um diesen schwarzen Garten im Kaukasus streiten sich Aserbaidschan und Armenien seit Jahrzehnten. Es ist eine komplizierte Ausgangslage. Hier gibt es einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und Geschichte.

Bergkaraback-Konflikt einfach erklärt: Ein Blick in die Geschichte

Zum ersten Mal kam der Konflikt um Bergkarabach in dem Jahr auf, in welchem die beiden Staaten Armenien und Aserbaidschan die Unabhängigkeit erlangten. Das war 1918 der Fall, also vor über 100 Jahren. So richtig heiß sind die Streitigkeiten aber vor allem seit dem Zerfall der Sowjetunion ab 1988. Die Ursprünge der Auseinandersetzung gehen aber sogar auf das 18. Jahrhundert zurück – und wohl noch viel weiter.

Die Wurzeln des Konflikts könnten schon in der Antike liegen. Damals gehörte die Region abwechselnd den Staaten Albania und Armenien an. Der Besitzanspruch wechselte immer wieder. 1805 kam Bergkarabach dann unter russische Herrschaft. Die meisten Dörfer in der Region waren damals armenisch. Infolge des Völkermordes an den Armeniern 1915 und 1916 kam es zu weiteren Einwanderungswellen. Die Konflikte zwischen den urbanisierten Armeniern und den ländlichen Aserbaidschanern wurden so immer größer. Sitten wie Sippenhaftung und Blutrache verstärkten sie weiter. Nach dem Zerfall der Sowjetunion eskalierte dann die Situation.

 

Bergkarabach-Konflikt erklärt: Die wichtigsten Begriffe

Vieles an dem Konflikt um Bergkarabach ist auf den ersten Blick verwirrend. Das ist auch deswegen der Fall, weil die Begrifflichkeiten vieles durcheinanderbringen. Im Rahmen des Konflikts ist auch oft von der "Republik Arzach" die Rede. Azrach stellt den armenischen Namen für die Region dar. Die Republik Arzach, die bis 2017 Republik Bergkarabach hieß, hat sich nach dem Ende der Sowjetunion als unabhängig erklärt. Sie wird aber von keinem Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen als unabhängige Republik anerkannt. 

Ein weiterer wichtiger Begriff ist der Name "Nagorny Karabach". Dieser geht auf die sowjetische Geschichte zurück und kann mit "gebirgiges Karabach" übersetzt werden. Die Ortsbezeichnungen sind also ab und an irritierenden. Gemeint ist aber ein und dieselbe Region.

Bergkarabach Konflikt führt zu Krieg um Bergkarabach

Der ethno-territoriale Konflikt um die Region mit einer Fläche von rund 4.400 Kilometern eskalierte im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion und gipfelte in einem Krieg, der zwischen 1992 und 1994 tobte. Er forderte mehrere Zehntausende Todesopfer. Auch massenhafte Vertreibung und Flucht waren Folgen. Im Mai 1994 wurde ein Waffenstillstand vereinbart. Ein Friedensabkommen konnte in der Folge aber nicht getroffen werden. Eine nachhaltige Lösung blieb aus.

2020 brach dann erneut ein Krieg um Bergkarabach aus. Im September hatte Baku mit einer umfassenden Militäroffensive begonnen. Aserbaidschan wollte sieben aserbaidschanische Provinzen zurückerobern, die seit dem Waffenstillstand von Armenien besetzt wurden. Bei dem Krieg wurden sie von syrischen Söldnern unterstützt. Auf beiden Seiten starben Tausende Soldaten und die Aserbaidschaner zeigten sich erfolgreich.

Der Bergkarabach-Konflikt als eingefrorener Konflikt – und die Rolle von Russland

Am 9. November 2020 konnte mithilfe von russischer Vermittlung ein Waffenstillstandsabkommen getroffen werden. Die Grenzziehung veränderte sich. Seitdem handelt es sich um einen eingefrorenen Konflikt, der allerdings immer wieder hochkocht. Russland hatte sogenannte Friedenstruppen nach Bergkarabach geschickt. Für Moskau dürften dabei auch Eigeninteressen eine Rolle spielen. Der diplomatische Einfluss im Kaukasus ist ein Anliegen von Präsident Wladimir Putin. Einfluss, der Wirkung zu zeigen scheint. Russisch soll im Rumpfstaat Berg-Kara­bach (Arzach) zur zweiten Amtssprache erhoben wurden. Der Einfluss reicht also weit über sicherheitspolitische Themen hinaus.

Ende Januar 2023 wurde von der Europäischen Union eine zivile Beobachtermission ins Leben gerufen, welche zur Befriedung der Region Bergkarabach beitragen soll.

Bergkarabach-Konflikt aktuell: Aserbaidschan greift Bergkarabach zur Eroberung an

Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren die Waffenruhe seit Ende des Kriegs 2020 gebrochen. Im Laufe der vergangenen Monate zeichnete sich ab, dass es zu einer Eskalation des Konflikt um Bergkarabach kommen könnte.

Am 19. September 2023 verkündete Aserbaidschan schließlich eine neue Militäroperation, um die Konfliktregion zu erobern. Ziel sei es, "die Entwaffnung und den Abzug von Formationen der armenischen Streitkräfte aus unseren Territorien sicherzustellen und ihre militärische Infrastruktur zu neutralisieren", wie das aserbaidschanische Verteidigungsministerium in Baku mitteilte. Die Einsätze Aserbaidschans richten sich hauptsächlich gegen armenische Militärstellungen.

Stand Donnerstag, 21. September 2023, forderte der Konflikt nach Angaben des Menschenrechtsbeauftragten von der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach, Gegam Stepanjan, mehr als 30 Tote. Rund 7000 Bewohnerinnen und Bewohner aus der Region sind nach Angaben Stepanjans in Sicherheit gebracht worden.

Aserbaidschan erklärt 2023 Sieg über Armenien in Bergkarabach

Knapp anderthalb Tage nach Beginn der Militäroperation wurde eine Feuerpause vereinbart. Die Armenier in Bergkarabach haben der aserbaidschanischen Forderung zugestimmt, ihre Waffen am Mittwoch ab 13 Uhr Ortszeit abzugeben. Kurz darauf erklärte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev den Militkäreinsatz für erfolgreich beendet – Aserbaidschan kontrolliere nun die Region.

Am 26. September kam es zu einer Explosion eines Treibstoffepots in der Gebietshauptstadt Stepanakert. eines Treibstoffdepots in der Gebietshauptstadt Stepanakert. Nach Angabe der Behörde wurden mehr als 200 Menschen dabei verletzt. Mindestens 70 kamen dabei ums Leben. Wie es zu der Detonation kam, ist noch unklar.

Nach Militäroperation: Bergkarabach soll zum 1. Januar 2024 aufgelöst werden

Am 28. September haben die Behörden in Bergkarabach die Auflösung ihrer international nicht anerkannten Republik verkündet. Zum 1. Januar 2024 sollen demnach "alle staatlichen Institutionen und Organisationen" Bergkarabachs aufgelöst werden – Bergkarabach soll damit "aufhören zu existieren".

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Amtssprache
Aserbaidschanische Staatspräsidenten
Friedensverträge
Personen aus Armenien
UN-Sicherheitsrat
UNO
Waffenstillstand
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen