
Wir müssen reden, ernsthaft reden, weil es um die erste große Abfuhr im Leben geht. Die bekanntlich, wenn nicht von Nachbars Tochter im Zahnspangenalter erteilt, spätestens in einer kalten Halle des TÜV Süd vollzogen wird. Und zwar nur, weil – so war das – der mörderische Schraubenzieher des Prüfvollstreckers spielend leicht und in kreisenden Bewegungen durch den durchgerosteten Unterboden des VW Käfer glitt (ja, auch solche Fahrzeuge fuhren wir jungen Leute).
Half in diesem Moment leider nix, dass auch andere plakettenlos ins Leben zurückgeschickt wurden. Der Besitzer jenes Fahrzeugs beispielsweise, der seinen undichten Hydraulikzylinder damit bekämpfte, dass er quasi als Auffangbecken eine küchenübliche Bratpfanne verschweißte. Oder – auch nicht erfunden – jener (ehemalige) Verkehrsteilnehmer, der als Ersatz für das Zündschloss einen Wohnungslichtschalter installierte. Der TÜV sagte Nein – und schnürte damit das Potenzial einer hoffnungsvollen jungen Erfinderszene ab.
Es gibt nicht einmal Beanstandungen am Benz Victoria
Und dann kommt im Jahr 2023 so ein Benz daher, Zuname Victoria, Baujahr 1894, sechs PS, kerzenbeleuchtete Lampen, eine große Kelle ersetzt die Blinker, Hauptuntersuchung im niedersächsischen Einbeck– zack, ohne Beanstandungen, Wiedersehen in zwei Jahren. Sieht auch noch aus wie eine Kutsche, das Ding. Und ist wohl das älteste Auto im Land, sagt der TÜV. Aha, daher weht der Wind. Promifaktor! Wo ist da die Gerechtigkeit? Gute Nacht, Deutschland.
Wie, der Benz wird von früh bis spät gepflegt, steht im Museum, alles tippi-toppi? Damit das klar ist: Der Käfer hätte dem locker eine Abfuhr erteilt, ganz locker …