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Berlin/München
Bayerische Rettungsdienste sind am Limit: "Mehr Fachkräfte braucht das System"
Fachleute warnen vor einem Kollaps der Notfallrettung in Deutschland. Für den Chef des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst ist ausgerechnet Bayern das Sorgenkind.
dpa_5FAB1800EC9A4B67.jpg       -  Viele Rettungskräfte haben die Grenze der Belastbarkeit erreicht, sagen Fachleute und haben Reformvorschläge vorgelegt.
Foto: Paul Zinken, dpa (Symbolbild) | Viele Rettungskräfte haben die Grenze der Belastbarkeit erreicht, sagen Fachleute und haben Reformvorschläge vorgelegt.
Theresa Osterried
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:34 Uhr

Vertreter von Rettungsdiensten warnen vor einem Kollaps der Notfallrettung in Deutschland und fordern Maßnahmen gegen Überlastung und Personalnot ein. Ein Busunfall in Berlin, bei dem eine 15-Jährige starb, hatte am Wochenende ein Schlaglicht auf die Lage der Rettungsdienste geworfen. Als erster Wagen sei ein Notarzt neun Minuten nach dem Notruf vor Ort gewesen, die ersten beiden Rettungswagen seien aber erst nach 20 Minuten eingetroffen, teilte die Feuerwehr mit.

"Bündnis Pro Rettungsdienst" warnt vor Systemzusammenbruch

Es bestehe die Gefahr, dass das System zusammenbreche, erklärte ein kürzlich gegründetes „Bündnis pro Rettungsdienst“, dem sechs Verbände und Gewerkschaften angehören, am Montag in Berlin. Das Bündnis fordert unter anderem eine Ausbildungsinitiative, moderne Arbeitszeitmodelle und angemessene Bezahlung. Nötig sei eine Vernetzung der Notrufnummer 112 und der ärztlichen Bereitschaftshotline 116 117 mit standardisierten Abfragen, um Fälle in die jeweils passende Versorgung zu steuern. Der Rettungsdienst sei generell leistungsfähig, er komme aber immer mehr an seine Grenzen. Nicht nur in Berlin, auch in Bayern sei die Lage problematisch. 

„Bayern ist unser Sorgenkind“, sagte Marco König, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst (DBRD), unserer Redaktion. Die Vorgaben für die Notfallversorgung im Freistaat entsprächen nicht mehr der aktuellen Situation. So werde in Bayern etwa das Potenzial von Notärzten und Notfallsanitätern nicht ausgeschöpft. Die Ärzte müssten oft zu Einsätzen fahren, die im Kompetenzbereich der Notfallsanitäter liegen. 

Denn die Notärzte werden nach Einsätzen bezahlt – je mehr Ausfahrten, desto besser. „Das ist, als würde im Krankenhaus der Arzt die Arbeit der Krankenpflegenden übernehmen“, vergleicht König. Dabei seien aktuell nicht mal alle Notarzt-Stellen besetzt. „Es ist irritierend, die wenigen Ärzte zu Einsätzen zu schicken, bei denen sie nicht gebraucht werden.“

Immer mehr Einsätze für Rettungskräfte

Zudem gibt es laut Statistik immer mehr Einsätze für die Rettungskräfte. Gleichzeitig verlängerten sich die Einsatzzeiten. „Weil die Krankenhäuser überlastet sind und die Sanitäter immer öfter zwischen 30 und 60 Minuten vor der Notaufnahme warten müssen“, sagt der Vorsitzende des DBRD. 

Der Rettungsdienst ist laut Sohrab Taheri-Sohi, Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), das letzte Glied der Gesundheitsversorgung im Freistaat. „Sind andere Versorgungsstrukturen, wie beispielsweise der Hausarzt oder der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst überlastet oder nicht verfügbar, so schlägt es unmittelbar auf den Rettungsdienst durch, weil sich Menschen notgedrungen an den Notruf wenden.“ Daher sei in den vergangenen Jahren auch der Anteil an Fehleinsätzen gestiegen. Das habe die Berufsbelastung insgesamt gesteigert.

BRK-Sprecher fordert mehr Fachkräfte für das Gesundheitssystem

Um die Mitarbeitenden zu entlasten, sollten Taheri-Soheri zufolge die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen insgesamt besser verfügbar gemacht werden: „Damit der Rettungsdienst nicht immer wieder in die Bresche springen muss.“ Ist ein Krankenhaus abgemeldet, müsse der Rettungswagen weitere Transportwege auf sich nehmen, um einen Patienten der notwendigen Versorgung zuzuführen.

„Mehr Fachkräfte braucht das System“, sagt Taheri-Sohi. Die Situation könne dem BRK-Sprecher zufolge entschärft werden, wenn die Kostenträger der Rettungsdienste mehr Ausbildungsstellen finanzieren würden. (mit dpa)

 
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