Es ist eine heikle Situation im Prozess um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU): Das Oberlandesgericht München will das Verfahren am Dienstag fortsetzen, obwohl die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ihren drei Verteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm das Vertrauen entzogen hat. An diesem Montag trifft sich der Strafsenat hinter verschlossenen Türen und prüft, ob Zschäpe plausible Gründe dafür vorträgt. Nur das Gericht kann einen oder mehrere ihrer Anwälte entlassen.
Der Vorgang weckt Erinnerungen an die Aussagen zweier Polizisten vor einem Jahr. Auch da ging es um Unmutsäußerungen gegen ihre Verteidiger. Am deutlichsten hatte sich ein BKA-Ermittler geäußert, der Zschäpe Ende Juni 2012 auf der Fahrt von der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf nach Gera begleitete. Der Bundesgerichtshof hatte ihr einen Besuch bei ihrer Oma und ihrer Mutter genehmigt. „Sie war nachhaltig erbost“, schilderte er, „dass ständig ihr Verteidiger in der Presse gewesen ist mit ihrem Fall.“ Er würde außerdem „nicht viel machen“, habe sie gesagt. Am Ende der Unterhaltung sei er davon überzeugt gewesen, dass „das Vertrauensverhältnis zu dem Zeitpunkt nicht bestanden“ habe.
Kein Vertrauensverhältnis
Eine andere Aussage legt nahe, dass Zschäpe schon vor zwei Jahren über einen Wechsel ihres Anwalts nachdachte. „Sie hat gesagt, sie wird ihn nicht mehr los“, erinnerte sich der BKA-Mann. Richter Manfred Götzl fragte nach, über welchen Anwalt Zschäpe gesprochen habe. „Sie sprach da immer von Herrn Heer“, antwortete der Polizist, „und den Herrn Stahl habe sie auch schon gesehen, der habe immer die gleiche Meinung wie Herr Heer.“
Zschäpes Verteidiger reagierten damals empört. Sie warfen dem BKA-Mann „verbotene Vernehmungsmethoden“ vor. Anwalt Heer machte geltend, er habe schriftlich und zusätzlich in einem Telefonat mit der Bundesanwaltschaft klargestellt gehabt, dass seine Mandantin nichts aussagen werde und vernommen werden dürfe. Die angeblich harmlose „Unterhaltung“ sei in Wahrheit eine „Vernehmung“ gewesen.
Es war nicht die einzige „Unterhaltung“ dieser Art, die Zschäpe führte. In einem anderen Gespräch sei es um die Frage gegangen, was besser für sie sei – zu schweigen oder zu reden. Ein Beamter, der sie im November 2011 zum Haftrichter nach Karlsruhe begleitete, berichtete: „Inhaltlich hat sie gesagt, sie hätte sich nicht gestellt, um nicht auszusagen.“ Mit Blick auf ihren Verteidiger soll sie bei anderer Gelegenheit gesagt haben: „Er rät davon ab.“ Das tun er und seine Partner tatsächlich und stehen dazu auch – berufen sich aber darauf, dass auch ihre Mandantin das so wünsche. Wenn die Verhandlung am Dienstag weitergeht, wird sich zeigen, ob Zschäpe dabei bleibt.