
Droht der Staatsregierung bei der beschlossenen Generalsanierung des Deutschen Museums in München ein finanzielles und planerisches Desaster a la Hamburger Elbphilharmonie?
Ein Bericht zum Thema, den der zuständige Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) kürzlich an den Landtag schickte, lässt dort jedenfalls die Alarmglocken schrillen: Denn das elfseitige Schreiben enthüllt neben einem offensichtlichen Kompetenzgerangel und gravierenden Fehlern in der Projektorganisation vor allem, dass mit den bisher eingeplanten gut 400 Millionen Euro bestenfalls eine Teilsanierung des maroden Gebäudes und der Ausstellung möglich sein wird.
Im Herbst 2010 hatte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) höchstpersönlich die Finanzierung der dringend notwendigen Sanierung des weltweit berühmten Museums aufs Gleis gesetzt: Je 180 Millionen Euro sollen demnach vom Land Bayern und vom Bund kommen. 40 Millionen Euro bringt das Museum selbst aus Spenden bei.
Die Summe, so deckt der Bericht nun auf, fußte allerdings gar nicht auf konkreten Fakten, sondern nur auf einer groben Kostenannahme. „Auch war allen Beteiligten bewusst, dass mit den vorhandenen Mitteln keine visionäre, umfassende Neugestaltung des Deutschen Museums möglich ist“, heißt es in dem Papier. Genau diese Erwartungshaltung war damals allerdings mit dem vielen Geld öffentlich geweckt worden.
Ein weiteres Problem: Das Deutsche Museum wird zwar mit Steuergeld finanziert – zu mehr als zwei Dritteln vom Freistaat Bayern. Es ist aber keine staatliche Einrichtung, sondern eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts, die laut Spaenle auch die Sanierung in eigener Verantwortung durchführt. Doch damit, so glaubt man offenbar zumindest im Ministerium, ist die Museumsleitung um Generaldirektor Wolfgang Heckl überfordert: Der Bericht spricht jedenfalls offen von „Schwachstellen im Bereich der Projektorganisation“. Schon 2012 habe sich gezeigt, „dass eine Maßnahme dieser Größenordnung für das Deutsche Museum eine schwerlich aus eigener Kraft zu bewältigende Herausforderung darstellt“.
In der Folge wurde deshalb eine anscheinend wenig effektive Einzelplanung durch eine Gesamtplanung ersetzt. Auf Druck von Land und Bund wurde laut Bericht zudem ein „Generalbevollmächtigter Bau“ und ein externes Controlling eingesetzt – Veränderungen, die der Verwaltungsrat des Museums jedoch erst im Februar 2014 endgültig billigte.
Ende Oktober 2014 – also stolze vier Jahre nach der Finanzierungsvereinbarung – legte das Museum dann laut Spaenle-Bericht eine erste Kostenschätzung vor. Die Oberste Baubehörde bewertet dieses Papier jedoch mit ministerialbürokatischer Zurückhaltung: Die Rechnung sei „am unteren Rand“ angesiedelt, heißt es dort. Und: „Eine rein Substanz erhaltende Sanierung mit einfachem Standard könnte mit dem Kostenansatz möglich sein.“
Im Klartext: Das Geld reicht vorne und hinten nicht. Von mindestens 650 Millionen Euro Sanierungskosten soll intern schon 2010 die Rede gewesen sein. Offiziell bestätigen will diese Zahl aber niemand. In der ersten Jahreshälfte 2016 soll nun laut Ministerium mit den Bauarbeiten auf der Isar-Insel begonnen werden. Im Jahr 2025 – zum hundertsten Geburtstag des Museums – soll dann alles fertig sein.
Was genau bis dahin saniert werden kann und wie viel Geld letztendlich im Isar-Sand verbaut werden wird, bleibt jedoch offen – sehr zum Zorn der Landtags-Opposition: „Das ist Dilettantismus pur – und wir reden hier über sehr viel Geld“, echauffiert sich die SPD-Kulturexpertin Isabell Zacharias.
Klare Pläne müssten endlich auf den Tisch, fordert auch der Freie Wähler Michael Piazolo: „Und klar sein muss auch: Wer hat künftig die Hosen an?“ Der Grüne Sepp Dürr hält die unklaren Machtverhältnisse für brandgefährlich: „Bei geteilter Verantwortung wird der Schwarze Peter schnell hin und her geschoben“, warnt er. Die Gefahr sei real, „dass das Deutsche Museum unser kleiner Flughafen wird“, sagt er mit Blick auf das Berliner Debakel.
Museums-Chef Heckl räumt auf Nachfrage einen „holprigen Start“ offen ein. Von Planungsfehlern könne aber keine Rede sein. Man habe erst die nötige Bauuntersuchung in aller Gründlichkeit durchgeführt: „Nur so haben wir Geld nicht falsch ausgegeben.“ Kein einziger Cent sei bisher verschwendet worden.
Das Museum mache mit den zugesagten Mitteln was möglich ist. Wer mehr wolle, müsse das auch finanzieren, fordert Heckl: „Letztlich muss die Gesellschaft entscheiden, welche Wertschätzung sie den Naturwissenschaften beimessen will.“