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„Zocken ist nicht unser Geschäft“
Landesbank: Die BayernLB hat das EU-Beihilfeverfahren überstanden. Finanzminister Markus Söder und Sparkassenpräsident Ulrich Netzer wollen mit der Bank nun wieder klassische Industriepolitik machen.
Bayern LB       -  Nach jahrelanger Sanierung besinnt sich die Bayerische Landesbank wieder auf ihre Wurzeln – und macht Gewinn.
Foto: dpa (2) / Ralf Lienert | Nach jahrelanger Sanierung besinnt sich die Bayerische Landesbank wieder auf ihre Wurzeln – und macht Gewinn.
Uli Bachmeier
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 23.07.2017 03:20 Uhr

In der Finanzkrise hatte die Bayerische Landesbank ein Milliardenloch in den Haushalt des Freistaates gerissen: Neun Jahre ist es her, dass der Freistaat die BayernLB mit zehn Milliarden Euro retten musste. Der BayernLB drohte sogar die Abwicklung. Inzwischen gehört die Bank zu drei Vierteln dem Land und zu einem Viertel den Sparkassen. Nach jahrelanger Sanierung besinnt sich das staatliche Institut nun wieder auf seine Wurzeln – und macht Gewinn. Im Interview gibt der bayerische Finanzminister Markus Söder Entwarnung: „Die Bank hat 5,5 Milliarden Euro zurückgezahlt. Alles geht an die Steuerzahler zurück“, betont der CSU-Politiker.

Frage: Herr Söder, der Freistaat steht wegen der Rettung der Landesbank noch immer mit sieben Milliarden Euro Schulden da. Die SPD im Landtag geht sogar, wenn man entgangene Ausschüttungen der BayernLB einrechnet, von einem noch größeren Schaden aus. Eigentlich sollten die Schulden nach der Sanierung durch den Verkauf der Bank komplett getilgt werden. Warum kam es anders als von der Staatsregierung 2008 gesagt wurde?

Markus Söder: Wenn man die Situation bei meiner Amtsübernahme als Finanzminister im Jahr 2011 betrachtet, als das noch offene EU-Beihilfeverfahren wie ein Damoklesschwert über der Landesbank hing, dann muss man doch heute sagen: Was damals keiner geglaubt hat, ist heute gelungen: Der schwerste wirtschaftspolitische Fehler der Nachkriegsgeschichte hat ein glimpfliches Ende gefunden. Es bestand die große Gefahr, dass die Bayerische Landesbank von der EU-Kommission so abgewickelt wird, wie zum Beispiel die Westdeutsche Landesbank. Das hätte in Bayern weitere Milliardenschäden verursacht und Arbeitsplätze gekostet. Heute ist die BayernLB kleiner, regionaler und sicherer geworden. Wir haben eine höhere Eigenkapitalquote als früher, wir machen wieder Gewinn und wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft, den Mittelstand.

Trotzdem bleiben sieben Milliarden Euro Miese.

Söder: Die Bank hat 5,5 Milliarden Euro zurückgezahlt – so viel wie keine vergleichbare Bank. Alles geht an die Steuerzahler zurück. Man darf nicht vergessen: Es drohten ja weitere Milliardenschäden bis hin zu einer Existenzgefährdung der gesamten regionalen Kreditstruktur und der Sparkassen. Diese Gefahren haben wir abgewendet.

Sie meinen also, Bayern sei glimpflich davongekommen?

Söder: Ich vergleiche das mit einem Patienten, der auf die Intensivstation kommt. Zunächst geht es um Leben und Tod, dann wird es besser, der Patient kommt auf eine normale Station und schließlich zur Reha. Jetzt ist der Patient wieder fit und arbeitsfähig – zum Wohle Bayerns.

Stimmen Sie da zu, Herr Netzer?

Ulrich Netzer: Ja. Wichtig war zu Beginn, dass von dem Patienten keine Ansteckungsgefahr ausgeht, dass es zu keinem Dominoeffekt kommt, der erst zu Problemen in der Sparkassenstruktur und in der Folge dann zu Problemen in der bayerischen Wirtschaft führt. Diese Gefahr war real. Sie wurde abgewendet durch die Grundsatzentscheidung der Staatsregierung, mit Steuermitteln die Grundlage für eine Sanierung der BayernLB zu schaffen.

Gleichzeitig wurde damit aber auch klar, welch immens wichtige Rolle die Landesbank in Bayern spielt. Das ist aus meiner Sicht auch der Punkt, von dem aus man den Bogen in die Zukunft spannen muss.

Können Sie das genauer erläutern?

Netzer: Die BayernLB spielt in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle, zum einen im direkten Geschäft mit mittelständischen Unternehmen, zum anderen in der Zusammenarbeit mit den Sparkassen und ihren großen Kunden – etwa als Konsortialpartner bei der Kreditvergabe – und schließlich im Auslandsgeschäft. Sie übernimmt dabei für die Sparkassen in gewisser Weise auch die Funktion einer Zentralbank. Umgekehrt profitiert die BayernLB von der Vertriebskraft der Sparkassen, die auch kräftig zur Refinanzierung der Bank beitragen. Wir haben somit ein solides, gemeinsames Geschäftsmodell, das allen nutzt: der Wirtschaft und dem Freistaat. Schließlich kommen rund 40 Prozent aller Unternehmenskredite in Bayern von der Landesbank und den Sparkassen.

Ursprünglich hieß es einmal, man werde die BayernLB nach der Sanierung verkaufen, um die Restschuld aus ihrer Rettung tilgen zu können. Ist das vom Tisch?

Söder: Ja, ein Verkauf steht überhaupt nicht an. Heute kauft ohnehin kein seriöser Partner eine so große Bank. Außerdem hätte ich große Sorgen wegen der bayerischen Wirtschaft. Investoren aus China oder dem Nahen Osten haben möglicherweise mehr Interesse an den Wirtschaftsdaten unserer Unternehmen als an der Erhaltung unserer regionalen Kreditstruktur. Ich möchte, dass die BayernLB eine bayerische Bank bleibt und keine arabische oder chinesische wird.

Wie denken die Sparkassen über einen Verkauf?

Netzer: Genauso. Ich bin froh, dass wir da einer Meinung sind.

Vor kurzem wurde der Verkauf des Roboterherstellers Kuka in Augsburg an chinesische Investoren heiß diskutiert. Mal angenommen, ein bayerisches Unternehmen will nicht übernommen werden – könnte es die Landesbank organisieren, dass das Unternehmen in bayerischer Hand bleibt? Wollen Sie mit der Bank wieder klassische Industriepolitik machen?

Söder: Genau das ist der Fall. „Made in Germany“ im Land zu halten, wird immer schwieriger, weil die meisten Banken kaum in der Lage sind, eine regionale Industriebeteiligung in größerem Stil zu organisieren.

Wir haben nichts gegen ausländische Investoren, aber wir sollten darauf achten, dass wertvolles Industrie-Know-how im Land bleiben kann. Die Landesbank hatte immer auch diesen Zweck: industriepolitisch für das Land begleitend tätig zu werden. In Zukunft wird das vielleicht noch wichtiger.

Wie kam es zu dem Sinneswandel, die Bank nicht zu verkaufen? Und was kann die Landesbank, was – zum Beispiel – die Commerzbank nicht kann?

Söder: Als ich Finanzminister wurde, habe ich mich sehr genau umgehört. Da gab es Stimmen, die gesagt haben, dass es die BayernLB nicht braucht, weil es ohnehin zu viele Banken gibt. Außerdem drängen nach der Finanzkrise alle Banken ins Mittelstandsgeschäft. Da war aber auf der anderen Seite auch der eindeutige und starke Wunsch der bayerischen Wirtschaft, die BayernLB zu erhalten. Es ist heute meine Überzeugung: Ein so starker Wirtschafts- und Exportstandort wie Bayern braucht eine starke Landesbank, die die Wirtschaft auch in das Ausland begleiten kann. Hätten wir sie nicht, würden wir uns abhängig machen von anderen. Das würde uns schwächen.

Mit Abschluss des Beihilfeverfahrens ist die BayernLB wieder frei, zu tun, was sie will. Welche Möglichkeiten hat sie jetzt und welche wollen Sie nutzen?

Söder: Jetzt ist ein unbelasteter Neustart für die Bank möglich. Sie kann wieder internationaler tätig werden. Die Bank hat aber aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und wird sie nicht wiederholen. Deswegen wollen wir die Möglichkeiten nur eingeschränkt nutzen. Wir legen eine Liste der Länder fest, in denen auf keinen Fall Geschäfte gemacht werden, etwa in Panama. Theoretisch könnte die Bank auch wieder Investmentbanking betreiben, aber das wollen wir nicht. Da wird auch der Haushaltsausschuss des Landtags ein Auge drauf haben: Die Landesbank soll eine Parlamentsbank sein. Ich möchte Transparenz haben.

Netzer: Richtig. Zocken ist nicht unsere Geschäftspolitik. Wir wollen ein solides, aber ertragsstarkes Geschäft.

Das Landesbank-Minus

Rund neun Jahre ist es her, dass sich der Freistaat mit zehn Milliarden Euro verschulden musste, um die Bayerische Landesbank vor der Pleite zu retten. Damals hieß es, die Bank werde saniert und dann verkauft. Die Schulden würden zurückgezahlt. Davon kann allerdings auch jetzt, nach dem Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens, noch keine Rede sein. Die Landesbank wurde zwar inzwischen saniert, aber nur 5,5 Milliarden Euro flossen zurück in die Staatskasse. Rechnet man die 2,5 Milliarden Euro Zinsen ein, die Bayern für den Kredit zahlen musste, bleibt unterm Strich ein Minus von sieben Milliarden Euro. Finanzminister Söder und Sparkassenpräsident Netzer sind dennoch guter Dinge. jub
 
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