Das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) soll Handelsbarrieren zwischen den USA und den EU-Staaten abbauen, ebenso wie das bereits ausgehandelte, aber noch nicht ratifizierte europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement). Es geht also nicht um einen neuen Binnenmarkt mit freiem Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen, sondern um Vereinfachungen für die Unternehmen.
Heute müssen Medikamente für den amerikanischen und den europäischen Markt zugelassen werden. Bei beiden Verfahren werden gleiche oder ähnliche Anforderungen gestellt. Das kostet viel Geld und bedeutet sehr viel Bürokratie für die Unternehmen. Deshalb stellt sich die Frage, ob nicht beispielsweise in diesem Bereich eine Zulassungsprüfung für beide Märkte reichen würde. Ein weiterer Punkt sind die hohen Zölle, die beide Seiten auf einige Produkte erheben.
Viele Europäer fürchten, dass es nicht bei solchen vernünftigen Harmonisierungen bleibt, sondern dass die Märkte auch für andere Dienstleistungen geöffnet werden. Zum Beispiel alles, was unter die öffentliche Daseinsvorsorge (Gesundheitswesen, Wasserversorgung) fallen könnte. Außerdem haben viele Angst, es könne zu einem Abbau der hohen Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz kommen. Als Beispiel werden die hierzulande verpönten, in den USA längst üblichen gentechnisch veränderten Lebensmittel genannt.
Die verhandelnden Parteien sagen eindeutig Nein. Standards sollen nicht herabgesetzt werden, die öffentliche Daseinsvorsorge wurde ebenso aus dem Verhandlungspaket herausgenommen wie der kulturelle Bereich.
Ja, vor allem seit dem Abgasskandal bei Volkswagen und anderen Herstellern fürchten viele US-Bürger, dass die europäischen Produzenten hohe US-Levels unterlaufen könnten.
Auf dem amerikanischen Markt gibt es für ausländische Unternehmen zahlreiche Beschränkungen. So darf Fracht auf amerikanischen Binnengewässern nur mit US-Schiffen transportiert werden. Für die Luftfracht sind nur US-Cargo-Konzerne zugelassen. Und die offizielle Buy-America-Linie (Kauft nur US-Produkte) will man aufweichen. Kindergärten oder Schulen in den Vereinigten Staaten dürfen beispielsweise bei der Beschaffung von Materialien nur amerikanische Waren ordern. Umgekehrt soll sich Europa dann genauso öffnen.
Seit den 1960er Jahren gehören Klauseln zum Schutz von Investitionen zu allen Handelsverträgen. Solche Streitfälle werden bisher vor Privatgerichten hinter verschlossenen Türen verhandelt. Dabei konnten sich Konzerne dagegen wehren, dass Staaten durch gesetzliche Auflagen die Investitionen beispielsweise durch Enteignungen riskierten. Die USA bestehen auf einem Investorenschutz, die Europäer wollen von den Geheimgesprächen weg. Auf dem Tisch liegt nun ein Vorschlag der Brüsseler Kommission, an die Stelle der Schiedsverfahren öffentliche Handelsgerichte mit vom Staat bestellten Richtern einzusetzen, die auch transparent für die Bürger verhandeln.
Seit 2013 gab es vor allem Vorgespräche, die zwölfte Verhandlungsrunde wird in diesen Tagen beendet. Ab dem Sommer soll es um konkrete Regelungen gehen, bis zum Jahresende soll der Entwurf fertig sein.
In der EU müssen das Europäische Parlament und die nationalen Volksvertretungen zustimmen. Gibt es auch nur ein Nein, ist TTIP am Ende. In den USA müssen Senat und Kongress das Abkommen billigen. Das soll möglichst in der Amtszeit von Barack Obama geschehen, weil die Chancen für einen Abschluss nach der Wahl als gering eingeschätzt werden. Weder Hillary Clinton noch Donald Trump – also die beiden mutmaßlichen Spitzenkandidaten der Demokraten und Republikaner – gelten als TTIP-Freunde.