Wie geht das zusammen – Berufsschifffahrt und Fischerei? Schwer, eigentlich immer schwerer. Der Beweis wird bei einer Informationsfahrt des Bezirks Unterfranken geliefert. Auf Schelchen unterwegs zwischen Kleinochsenfurt und Marktsteft, mal auf der Bundeswasserstraße zwischen riesigen Schiffsungetümen, oder in Altwassern, Buhnenfeldern und kleinen Baggerseen. Ohne Letztere hätte die Fischerei sowieso überhaupt keine Perspektive. Das erfahren wir von Thomas Hartmann, Präsident des Fischereiverbands Unterfranken. Kein Wunder also, dass man die Zahl der Berufsfischer am Main an den Fingern einer Hand abzählen kann.
Zwischen Aschaffenburg und Bamberg gehen demnach gerade noch drei ihrem Gewerbe nach. Nebenberuflich sind immerhin noch etwa 150 Fischer am Main unterwegs, heißt es. Die Schifffahrt erschwert diesem Berufszweig das Geschäft. Besonders seitdem rund um die Uhr, also auch nachts, geschleust wird. „Wir können seither keine Netze mehr auslegen“, erklärt Hubert Holl, Obermeister der Fischerzunft Randersacker. Bleiben also nur noch Reusen in Buhnenfeldern oder Altwassern.
Dort bereiten allerdings die großen Fracht- und Flusskreuzfahrtschiffe Probleme. Durch die Sogwirkung dieser Flussgiganten senkt sich der Wasserpegel oft bis zu einem halben Meter ab. Zur Laichzeit ist das häufig zerstörerisch für die Brut. Durch die Schiffsschrauben und das dadurch ständig aufgewirbelte Wasser kämen die Fische kaum mehr zur Ruhe.
Das Angebot an Fisch hat sich im Verlauf der Jahre im Main stark verändert. Die Zeiten, wo es im Fluss vor Aalen wimmelte, sind längst vorbei. Es gibt sie noch, aber deutlich weniger. Ebenso Barsch, Hecht oder Zander, bei entsprechendem Besatz. Die Schwarzmeergrundel – aus dem Donauraum zugezogen – hat sich dagegen stark ausgebreitet, drohte die heimischen Arten zu verdrängen. Inzwischen haben sich die durch diese Grundel-Invasion erhitzten Gemüter wieder beruhigt. Weil die Natur vieles selbst reguliert und nicht auf den Menschen wartet: Barsche haben die Grundel als Nahrungsmittel erkannt. Und sie schlagen kräftig zu. „Noch vor wenigen Jahren erreichten bei uns die Barsche meist eine Länge von 30 Zentimetern. Heute sind Barsche mit 40 oder gar 45 Zentimetern keine Seltenheit mehr“, so Thomas Hartmann. Also doch nicht alles so schlecht.
Doch da wäre auch noch der Wellenschlag der Sportboote, der sich in zerstörerischer Weise am Ufer bricht. Nicht zu vergessen der Kormoran, der täglich seine 400 bis 500 Gramm Fisch benötigt. Bei Grafenrheinfeld und Alzenau existieren bereits Kolonien, die sich ganzjährig in Franken aufhalten. Die Fischer zählten schon bis zu 1000 gefräßige Kormoranschnäbel am Main – ein gehöriger wirtschaftlicher Verlust. Fischereifachberater Wolfgang Silkenat erklärt auf Nachfrage, es gebe noch 38 verschiedene Fischarten im Main. Zander, Wels oder Grundeln seien neu hinzugekommen. Lachs, Stör und Meerforelle dagegen verschwunden.
Was nicht verwundert, weil die Fische am Main kaum mehr wandern können. Eigentlich sei der Main kein Fluss mehr. Kanalisiert existierten zwischen den 34 Schleusen 34 voneinander abgeschottete Seen. Nur wenige Fische wie die recht kleine Schwarzmeergrundel könnten einigermaßen unversehrt durch die Turbinen der Flusskraftwerke flussauf- oder -abwärts wandern. Weshalb die Mainfischer ein Aaltaxi eingerichtet haben.
Jährlich werden sechs bis sieben Tonnen laichfähige Aale gefangen und mit dem Lkw, vorbei an allen Schleusen, Richtung Rhein verfrachtet. Der Weg für die Aale durch die Schleusen würde russisches Roulette bedeuten. Vom Rhein können die Fische problemlos weiterziehen Richtung Sargassosee, weil es im Rhein keine Schleusen gibt. Ohne das Aaltaxi wäre es um die letzten Aalbestände im Main schlecht bestellt.
Die Mainfischer haben somit eine wichtige Umweltaufgabe zur Erhaltung der Fauna am und im Main übernommen. Viele Arten können nur durch Besatz überhaupt weiter existieren. Weshalb die letzten Vertreter dieses Berufszweigs mit seiner tausendjährigen Geschichte in Franken wichtiger denn je geworden sind.