MÜNCHEN/WÜRZBURG
Wir werden immer dicker: Gravierende Folgen
Die Menschen in Deutschland werden größer und schwerer - allein in zehn Jahren um mehr als zwei Kilo. Die Industrie muss zum Teil deutlich reagieren.

Eine siebte Person drängelt sich in den Fahrstuhl hinein. «Passt scho», mutmaßt ein Aufzugsinsasse. Das stimmt nicht.
Laut Hinweisschild ist das Maximalgewicht von 450 Kilo nun überschritten. Vor einigen Jahrzehnten wäre das noch nicht der Fall gewesen. Da wogen sieben Personen, über den Daumen gepeilt, nicht mehr als 450 Kilo.
Heute schon. Die Aufzugbauer müssen ihre Produkte überdenken, damit in Zukunft genauso viele Menschen oben ankommen wie heute, sagt TÜV-Süd-Sprecher Thomas Oberst. «Besonders auf große Bürohäuser wird sich das in Zukunft auswirken.»
Die deutsche Wohlstandsgesellschaft hat Folgen: Der durchschnittliche Erwachsene wird größer und schwerer.
Allein zwischen 1999 und 2009 nahm er um etwa 2,1 Kilogramm zu. Laut der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2009 wiegt ein Bundesbürger bei einer Größe von 1,72 Metern im Schnitt 75,6 Kilogramm, der Durchschnitts-Bayer ist durchschnittlich einen Zentimeter kleiner und 600 Gramm leichter.
Auch er ist in der Dekade einen Zentimeter größer und 1,8 Kilo schwerer geworden. Der männliche Bayer wuchs im Durchschnitt um zwei Zentimeter und nahm 2,3 Kilo zu, die Bayerin wog bei gleicher Körpergröße 1,1 Kilo mehr als 1999.
Tabellen zum Vergleich:
Obwohl bayerische Frauen durchschnittlich ein Kilogramm und Männer 500 Gramm leichter sind als der Rest der deutschen Bevölkerung, verändern sich auch im Freistaat viele Sicherheitsmaße durch das zunehmende Gewicht. Institutionen und Unternehmen müssen reagieren.
Kliniken können das bestätigen. Am Adipositaszentrum des Universitätsklinikums Würzburg werden Spezialgeräte wie überdimensionale OP-Tische, extrabreite Betten und Hebebühnen eingesetzt, um die wachsende Zahl Schwergewichtiger zu behandeln. «Es werden immer mehr adipöse Patienten, ganz klar», sagt Chirurg Christian Jurowich.
Jeder Eingriff im Bauch werde deutlich komplizierter, wenn ein Patient sehr übergewichtig sei. Gleiches gilt für solche Patienten am Universitätsklinikum Erlangen. «Der braucht dann alles in XXL», sagt der Leiter des Pflegepersonals auf der Intensivstation, Jens Schriewer.
Im Februar beriet er mit Medizinern und Pflegern auf einer Tagung, wie man mit solchen Fällen umgehen solle. Ein Thema der Tagung: «Schwerarbeit auf der Intensivstation».
Da es oft vorkomme, dass ein Patient über 200 Kilo auf die Waage bringe und mit dem Lastwagen ins Krankenhaus eingeliefert werde, habe man in Erlangen Spezialbetten angeschafft. Sie sind doppelt so breit wie die normalen Liegen.
Auch die Flugzeugbranche hat reagiert. Flugzeugbauer Airbus vom Luftfahrtkonzern EADS hat im A 320, seinem meistverkauften Mittelstreckenflieger, breitere Sitze eingebaut.
Pro Flugzeug sind je nach Ausstattung bis zu 60 der 180 Sitze extrabreit. Sie liegen allesamt am Gang und bieten nach Airbus-Angaben rund fünf Zentimeter mehr Platz als die knapp 46 Zentimeter breite Standardausführung.
«Die Menschen werden größer und größer, besonders die Kinder», sagte Airbus-Sprecherin Zuzana Hrnkova. Die breiteren Sitze seien nicht nur für Übergewichtige. Auch wünschten viele Fluggäste mehr Raum, um während des Fluges arbeiten zu können. «Sie wünschen sich mehr Komfort und mehr Platz für ihre Computer.»
Neben den XXL-Sitzen gebe es in einigen Fliegern auch neue geräumigere Toiletten, sagt Hrnkova.
Zunehmende Körpergröße der Menschen und der Wunsch nach Bequemlichkeit stehen auch beim Autobau im Vordergrund. Die jüngere Generation werde immer größer, woraus resultiere, dass sie natürlich auch schwerer werde, sagt BMW-Sprecher Michael Rebstock.
Es gebe deshalb in den vergangenen Jahrzehnten markenübergreifend eine Entwicklung: «Fakt ist, dass die Autos mit den Leuten mitgewachsen sind.»
Ähnliches berichtet Audi-Sprecher Armin Götz: «Jedes Auto wächst. Wir reagieren nicht direkt auf ein Dickerwerden der Leute, jedoch darauf, dass die Menschen pro Jahrzehnt eineinhalb Zentimeter größer werden.» Darauf würden sich alle Hersteller einstellen.
Der Hang zu geräumigeren Autos wie den sogenannten SUV («Sport Utility Vehicles») habe vor allen Dingen aber mit Sicherheit und Komfort zu tun. «Die Leute wollen so entspannt wie möglich einsteigen.»
Auch die Arbeit des Architekten verändert sich, sagt Oliver Heiss, Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung bei der Bayerischen Architektenkammer: «Dass die Menschen größer und schwerer werden, macht sich für uns im Grunde in allen Bereichen permanent bemerkbar - von der Höhe der Treppengeländer bis hin zur Breite der Badewanne.»
Für all das gebe es Normen, die sich an die menschlichen Durchschnittsmaße anpassten. Die Fahrt im Aufzug ist zu siebt ist zwar geglückt. Nehmen die Menschen weiterhin so sehr zu, passen in knapp 80 Jahren aber nur noch fünf Personen hinein. In 200 Jahren nur noch vier.
Der TÜV Süd, der die Aufzüge in Bayern regelmäßig kontrolliert, beruhigt: So weit wird es nicht kommen, sagt TÜV-Süd-Sprecher Thomas Oberst. Aber enger wird es erstmal: «Wenn das Gewicht zunimmt, nimmt in der Regel auch der Umfang eines Menschen zu.»
Unabhängig vom Hinweisschild passt dann eine Person weniger in den Fahrstuhl. Und die Industrie wird handeln, denn dadurch geht die Förderleistung zurück: Wenn ein Aufzug nur noch sechs statt sieben Personen befördert, kommen weniger oben an.
«Die Folge ist, dass mehr Aufzüge mit einer größeren Grundfläche gebaut werden müssen», prophezeit Oberst.
Laut Hinweisschild ist das Maximalgewicht von 450 Kilo nun überschritten. Vor einigen Jahrzehnten wäre das noch nicht der Fall gewesen. Da wogen sieben Personen, über den Daumen gepeilt, nicht mehr als 450 Kilo.
Heute schon. Die Aufzugbauer müssen ihre Produkte überdenken, damit in Zukunft genauso viele Menschen oben ankommen wie heute, sagt TÜV-Süd-Sprecher Thomas Oberst. «Besonders auf große Bürohäuser wird sich das in Zukunft auswirken.»
Die deutsche Wohlstandsgesellschaft hat Folgen: Der durchschnittliche Erwachsene wird größer und schwerer.
Allein zwischen 1999 und 2009 nahm er um etwa 2,1 Kilogramm zu. Laut der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2009 wiegt ein Bundesbürger bei einer Größe von 1,72 Metern im Schnitt 75,6 Kilogramm, der Durchschnitts-Bayer ist durchschnittlich einen Zentimeter kleiner und 600 Gramm leichter.
Auch er ist in der Dekade einen Zentimeter größer und 1,8 Kilo schwerer geworden. Der männliche Bayer wuchs im Durchschnitt um zwei Zentimeter und nahm 2,3 Kilo zu, die Bayerin wog bei gleicher Körpergröße 1,1 Kilo mehr als 1999.
Tabellen zum Vergleich:
- Größe und Gewicht der Deutschen im Jahr 2009
- Größe und Gewicht der Deutschen im Jahr 1999 (Download Tabelle)
- Körpermaße im Bundesländervergleich 1999 (Download Tabelle)
Obwohl bayerische Frauen durchschnittlich ein Kilogramm und Männer 500 Gramm leichter sind als der Rest der deutschen Bevölkerung, verändern sich auch im Freistaat viele Sicherheitsmaße durch das zunehmende Gewicht. Institutionen und Unternehmen müssen reagieren.
Kliniken können das bestätigen. Am Adipositaszentrum des Universitätsklinikums Würzburg werden Spezialgeräte wie überdimensionale OP-Tische, extrabreite Betten und Hebebühnen eingesetzt, um die wachsende Zahl Schwergewichtiger zu behandeln. «Es werden immer mehr adipöse Patienten, ganz klar», sagt Chirurg Christian Jurowich.
Jeder Eingriff im Bauch werde deutlich komplizierter, wenn ein Patient sehr übergewichtig sei. Gleiches gilt für solche Patienten am Universitätsklinikum Erlangen. «Der braucht dann alles in XXL», sagt der Leiter des Pflegepersonals auf der Intensivstation, Jens Schriewer.
Im Februar beriet er mit Medizinern und Pflegern auf einer Tagung, wie man mit solchen Fällen umgehen solle. Ein Thema der Tagung: «Schwerarbeit auf der Intensivstation».
Da es oft vorkomme, dass ein Patient über 200 Kilo auf die Waage bringe und mit dem Lastwagen ins Krankenhaus eingeliefert werde, habe man in Erlangen Spezialbetten angeschafft. Sie sind doppelt so breit wie die normalen Liegen.
Auch die Flugzeugbranche hat reagiert. Flugzeugbauer Airbus vom Luftfahrtkonzern EADS hat im A 320, seinem meistverkauften Mittelstreckenflieger, breitere Sitze eingebaut.
Pro Flugzeug sind je nach Ausstattung bis zu 60 der 180 Sitze extrabreit. Sie liegen allesamt am Gang und bieten nach Airbus-Angaben rund fünf Zentimeter mehr Platz als die knapp 46 Zentimeter breite Standardausführung.
«Die Menschen werden größer und größer, besonders die Kinder», sagte Airbus-Sprecherin Zuzana Hrnkova. Die breiteren Sitze seien nicht nur für Übergewichtige. Auch wünschten viele Fluggäste mehr Raum, um während des Fluges arbeiten zu können. «Sie wünschen sich mehr Komfort und mehr Platz für ihre Computer.»
Neben den XXL-Sitzen gebe es in einigen Fliegern auch neue geräumigere Toiletten, sagt Hrnkova.
Zunehmende Körpergröße der Menschen und der Wunsch nach Bequemlichkeit stehen auch beim Autobau im Vordergrund. Die jüngere Generation werde immer größer, woraus resultiere, dass sie natürlich auch schwerer werde, sagt BMW-Sprecher Michael Rebstock.
Es gebe deshalb in den vergangenen Jahrzehnten markenübergreifend eine Entwicklung: «Fakt ist, dass die Autos mit den Leuten mitgewachsen sind.»
Ähnliches berichtet Audi-Sprecher Armin Götz: «Jedes Auto wächst. Wir reagieren nicht direkt auf ein Dickerwerden der Leute, jedoch darauf, dass die Menschen pro Jahrzehnt eineinhalb Zentimeter größer werden.» Darauf würden sich alle Hersteller einstellen.
Der Hang zu geräumigeren Autos wie den sogenannten SUV («Sport Utility Vehicles») habe vor allen Dingen aber mit Sicherheit und Komfort zu tun. «Die Leute wollen so entspannt wie möglich einsteigen.»
Auch die Arbeit des Architekten verändert sich, sagt Oliver Heiss, Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung bei der Bayerischen Architektenkammer: «Dass die Menschen größer und schwerer werden, macht sich für uns im Grunde in allen Bereichen permanent bemerkbar - von der Höhe der Treppengeländer bis hin zur Breite der Badewanne.»
Für all das gebe es Normen, die sich an die menschlichen Durchschnittsmaße anpassten. Die Fahrt im Aufzug ist zu siebt ist zwar geglückt. Nehmen die Menschen weiterhin so sehr zu, passen in knapp 80 Jahren aber nur noch fünf Personen hinein. In 200 Jahren nur noch vier.
Der TÜV Süd, der die Aufzüge in Bayern regelmäßig kontrolliert, beruhigt: So weit wird es nicht kommen, sagt TÜV-Süd-Sprecher Thomas Oberst. Aber enger wird es erstmal: «Wenn das Gewicht zunimmt, nimmt in der Regel auch der Umfang eines Menschen zu.»
Unabhängig vom Hinweisschild passt dann eine Person weniger in den Fahrstuhl. Und die Industrie wird handeln, denn dadurch geht die Förderleistung zurück: Wenn ein Aufzug nur noch sechs statt sieben Personen befördert, kommen weniger oben an.
«Die Folge ist, dass mehr Aufzüge mit einer größeren Grundfläche gebaut werden müssen», prophezeit Oberst.
Themen & Autoren / Autorinnen
Ein Bodybuilder mit einem verschwindend geringen Körperfettanteil kommt locker auf einen BMI über 30. Ebenso ist der BMI bei relativ grossen/kleinen Menschen nicht brauchbar.
Wenn dann müsste man schon das Körperfett messen. Aber wozu das alles? Einer raucht, der nächste trinkt und wieder ein Anderer isst zuviel. Wir alle haben unsere kleinen oder grossen Laster.
Wollen wir den Leuten wirklich noch vorschreiben wieviel sie Essen sollen?
Sinnvoller ist da schon DMAs Vorschlag, Steuern hoch beim ungesunden Zeug. Bei Zigaretten und Alkohol klappt das ja auch
Vielleicht ließe sich so ein Teil des Problems lösen: Es würden weniger Aufzüge gebraucht und die Menschen würden wieder schlanker. Hätte was für sich, oder?
Es wird Zeit für ein Verursacherprinzip: Wer den Schrott verarbeitet soll auch an den volksirtschaftlichen Folgen beteiligt werden.
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/article/479562/fleisch-isst-bekommt-eher-krebs.html
Zitat aus dem Stern: "Aufgrund ihrer Ergebnisse nehmen die Forscher an, dass lediglich eine Portion, also 50 Gramm, behandeltes Fleisch ( durch Pökeln, Salzen oder Räuchern konserviert - also etwa Aufschnitt, Würstchen, Speck oder Schinken) empfehlenswert ist - allerdings nicht am Tag, sondern in der Woche."
Brauchen Sie noch weitere Quellen?
"So kommt es, dass eine fleischreiche Ernährung die Entstehung von Übergewicht begünstigt. "Das wiederum kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes führen", warnt Danitschek. Zusätzlich steckt in rotem Fleisch ein hoher Purinanteil. Das kann Harnsteinbildung verursachen, wozu zum Beispiel Gichtpatienten vermehrt neigen. Bei ihnen können zu viel Purine in der Nahrung auch noch andere Beschwerden verursachen, etwa an den Gelenken."