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BLUME:
„Wir finden uns mit diesem Ergebnis nicht ab“
Uli Bachmeier
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:00 Uhr

CSU-Generalsekretär Markus Blume sieht trotz des historisch schlechten Wahlergebnisses keinen Anlass für einen Richtungswechsel in der Partei. Wohl aber für Veränderungen, die eine Spaltung der Gesellschaft überwinden sollen.

Frage: Herr Blume, Bayern hat gewählt, Hessen hat gewählt. Die CSU hat massiv Wähler verloren, die CDU hat noch schlechter abgeschnitten und Bundeskanzlerin Angela Merkel wird den CDU-Vorsitz abgeben. Was bedeutet das für die CSU und ihren Vorsitzenden? Haben Sie eine Strategie?

Markus Blume: Die CSU ist der Stabilitätsanker in stürmischen Zeiten. Für Bayern haben wir bei der Landtagswahl einen klaren Regierungsauftrag bekommen. Hier sind wir mit den Freien Wählern auf gutem Weg zu einer Bayernkoalition für eine stabile Regierung. In Europa stehen wir vor der großen Chance, dass mit Manfred Weber ein Bayer Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei für die Europawahl wird. Dafür werden wir ihn kommende Woche in Helsinki mit einer großen Delegation unterstützen. Und was die CSU betrifft, werden wir unmittelbar danach über das Wahlergebnis und die Schlussfolgerungen beraten. Ich finde, das ist alles ein klarer Fahrplan – nicht nur für die kommenden zwei Wochen, sondern weit in die Zukunft!

Mit welchem Ziel?

Blume: Dass es Bayern gutgeht und die CSU erfolgreich bleibt.

Da haben Sie sich ja einiges vorgenommen angesichts der erstarkten politischen Gegner links und rechts.

Blume: Das stimmt. Die Größe der politischen Lager hat sich zwar nicht verändert. Aber wir haben es in der Wählerschaft mit fundamentalen Milieuverschiebungen zu tun, die es so in der Vergangenheit nicht gegeben hat. Die CSU hat zum Beispiel deutlich von der SPD hinzugewonnen. Auf der anderen Seite haben wir zum ersten Mal in nennenswertem Umfang Wähler an die Grünen direkt verloren, insbesondere in den Großstädten. Und wir haben im konservativen Bereich an die Freien Wähler und die AfD abgegeben. Das zeigt, dass wir in einer Sandwichposition stecken. Wir müssen deshalb in alle Richtungen versuchen, die Bindekraft der CSU wieder zu vergrößern. Oder, um es anders zu formulieren: Wir finden uns mit diesem Wahlergebnis nicht ab. Wir wollen Volkspartei bleiben. Der 14. Oktober war ein tiefer Einschnitt, aber auch der Startschuss für den Weg zu neuer Stärke.

Es hätte, wie Sie wissen, noch schlimmer kommen können. Die CSU hat erst in der Endphase des Wahlkampfs wieder etwas aufgeholt, als sie sich schärfer von der AfD abgegrenzt und mit dem Schlagwort „Stabilität“ geworben hat.

Blume: Wir haben gesehen, dass unsere Schlusskampagne stark mobilisiert hat, gerade auch im Bereich der bisherigen Nichtwähler. Der Wahlspruch „Damit Bayern stabil bleibt“ hat ein Momentum für die CSU erzeugt; das war ein echter Wendepunkt. Normalerweise ist „Stabilität“ ja nicht unbedingt ein Wahlkampfschlager. In diesem Fall aber hat es gewirkt, für stabile politische Verhältnisse zu werben – weil ein anderes Bayern drohte.

Es gab wenige Wochen vor dem Wahltag eine Umfrage, die einen Landtag mit sieben Parteien und eine strukturelle Mehrheit gegen die CSU möglich erscheinen ließ.

Blume: Als eine Mehrheit jenseits der CSU vorhergesagt wurde, gab es eine deutliche Gegenbewegung. Unsere Partei hat sich aufgebäumt und Größe gezeigt. Und Ministerpräsident Markus Söder hat sich nicht beirren lassen und bis zur letzten Minute die Menschen mit seinem Einsatz begeistert. Eine Frage allerdings stellt sich: Wie sehr beeinflussen inzwischen Umfragen Wahlergebnisse und damit Demokratie? Ich sehe die vielen Dauerumfragen jedenfalls sehr kritisch. Wenn mehr über statistisch fragwürdige Prozentverschiebungen und mögliche Stimmungstrends als über Inhalte berichtet wird, dann tritt der eigentliche Wettstreit der Demokratie in den Hintergrund, nämlich der Kampf um die Argumente. Wir müssen aufpassen, dass unsere Demokratie nicht zu einer Umfragerepublik degeneriert. Nicht Demoskopen, sondern die Wähler entscheiden.

Die CDU-Chefin hat nach der Hessen-Wahl Konsequenzen gezogen. Muss jetzt nicht auch Horst Seehofer den Parteivorsitz abgeben?

Die Entscheidung der CDU respektieren wir. Wir haben als CSU, wie gesagt, unseren eigenen Fahrplan. So wie übrigens auch das bayerische Wahlergebnis nach der Hessen-Wahl in anderem Licht erscheint: Mit Hessen ist der Beweis erbracht, dass es einen starken Berliner Trend gegen die Union und auch gegen die SPD gibt. Der Vergleich der Wahlergebnisse zeigt aber auch: Wir haben es geschafft, uns deutlich vom Bundestrend abzusetzen. Wir haben als CSU ein Ergebnis erreicht, von dem die CDU nur träumen kann. Wir haben die AfD in Bayern kleiner gehalten als anderswo. Und wir haben, auch anders als in Hessen, einen klaren bürgerlichen Regierungsauftrag bekommen. Damit möchte ich nichts beschönigen, aber es gehört zur Wahrheit dazu.

Hat die CSU nicht viel zu spät auf die Herausforderung von rechts reagiert?

Blume: Das denke ich nicht. Ich habe bereits im Mai in München ein Strategiepapier vorgelegt, das eindeutig war. Darin habe ich die AfD als politischen Gegner benannt, der versucht, Radikalismus einen bürgerlichen Anstrich zu geben – und doch nichts anderes ist als eine Alternative zur NPD. Zu diesem Zeitpunkt haben das manche noch als zu weitgehend empfunden. Spätestens nach Chemnitz – wo die AfD offen mit Rechtsextremen, mit Pegida und mit gewaltbereiten Hooligans marschiert ist – war aber jedem klar, dass dieser harte Umgang mit der AfD richtig ist. Grenzüberschreitungen bei der AfD sind keine Einzelfälle, sondern haben System. Und ein Rechtsextremer wie Herr Höcke ist keine Rand-, sondern eine Führungsfigur in der AfD.

Noch einmal die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Bleibt es bei der scharfen Abgrenzung gegen Rechts?

Blume: Wir werden uns weiter hart mit der AfD auseinandersetzen. Unser Rezept ist klar: Wir müssen uns um die Themen kümmern, die die Menschen bewegen, ihre Besorgnisse aufnehmen und mit Lösungen versehen. So werden wir gerade die Protestwähler auch wieder zurückgewinnen. Unsere wichtigste Aufgabe als Volkspartei ist es, der Polarisierung in der Gesellschaft zu begegnen, indem wir vermeintlich gegensätzliche Positionen zusammenführen und so die Spaltung überwinden. Dafür müssen wir uns als Partei aber auch verändern.

Wir brauchen eine inhaltliche, strukturelle und personelle Aufstellung, mit der wir unsere Bindekraft in alle Richtungen wieder vergrößern. Ich glaube nicht daran, dass der vielfach vorhergesagte Niedergang der Volksparteien sich fortsetzen wird. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass die Rolle der Volksparteien wieder deutlich wichtiger werden wird.

 
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