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UNTERFRANKEN
Wie weit ist die E-Mobilität in Unterfranken?
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 31.03.2017 03:55 Uhr

Seit dem VW-Abgas-Skandal hat das Thema Elektromobilität neue Aufmerksamkeit bekommen. Die Fahrzeuge gelten als umweltfreundlich, da sie auf der Straße keine Emissionen ausstoßen. Doch fast nirgendwo klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander: E-Autos sind noch immer selten.

Wie viele Elektroautos sind in unserer Region unterwegs?

Die aktuelle Statistik aus dem Januar 2017 verzeichnet deutschlandweit 37 000 E-Autos und rund 130 000 Hybridautos, also Autos, die elektrisch und mit Verbrennungsmotor unterwegs sind. Nicht gerade viele angesichts von rund 45 Millionen zugelassener Pkw. Die Lage in Unterfranken ist unübersichtlich. Auch Professor Ansgar Ackva kennt die Zahl der E-Autos in der Region nicht. Der Leiter des Technologie-Transfer-Zentrums für Elektromobilität in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) weiß aber, dass in der Modellstadt für Elektromobilität „überdurchschnittlich viele“ unterwegs sind. „Auch wenn insgesamt die Zahlen noch sehr niedrig sind, darf man nicht übersehen, dass der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr in Deutschland bei rund neun Prozent und weltweit bei etwa 70 Prozent liegt.“

Wie fördert der Staat den Kauf von E-Autos?

Für Elektroautos, die ab dem 18. Mai 2016 erstmals zugelassen wurden, gibt es eine Kaufprämie – den sogenannten Umweltbonus: 4000 Euro für reine Elektroautos, 3000 Euro für Plug-in-Hybride. Doch die Kunden zögern bisher: Bis Ende Januar 2017 sind bundesweit nur 10 835 Anträge gestellt worden, berichtet das Bundeswirtschaftsministerium, mehr als ein Viertel davon für Modelle von BMW. Professor Ackva unterstreicht: Die öffentliche Hand fördert die Elektromobilität auch durch eine Beteiligung bei der Errichtung von Ladeinfrastrukturen und durch die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in diesem Bereich.“ Die EU-Kommission hat am 13. Februar das 300-Millionen-Euro-Förderprogramm von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) genehmigt. Seit dem 1. März können private Investoren, Städte und Gemeinden Förderanträge stellen. Ziel ist der Aufbau einer flächendeckenden Lade-Infrastruktur mit bundesweit 15 000 Ladesäulen.

Wie teuer ist eigentlich ein Elektroauto und wie viele Modelle gibt es?

Derzeit gibt es auf dem Markt rund 30 Elektroautomodelle vieler namhafter Hersteller. Den Renault Zoe bewirbt Renault mit einem Preis ab 22 100 Euro, allerdings fällt auch eine monatliche Batteriemiete an. Beim BMW i3 geht es ab 34 950 Euro los. Bei der Neuanschaffung liegen die Preise also noch deutlich über denen mit Verbrennungsmotor. Aber die Differenz wird wegen fallender Batteriepreise jährlich niedriger, so die Prognose von Ansgar Ackva. Erste große Automobilhersteller gehen davon aus, dass ein Elektroauto in fünf Jahren nicht teurer sein werde als ein Benzinauto.

Wie sieht es mit der Reichweite von Elektroautos aus?

Der BMW i3 hat Firmenangaben zufolge bis zu 300 Kilometer Reichweite, wobei es im Alltagsbetrieb eher 200 Kilometer sind. Bei dem neuen Renault Zoe sollen es bis zu 400 Kilometer Reichweite sein. Und Opel wirbt für den neuen Ampera mit über 500 Kilometern. Damit seien Elektroautos ideale Zweitwagen für eine Familie, Pendler- und Firmenfahrzeuge, wenn diese vor allem regional unterwegs sind. Das Problem: Im Winter sinkt die Reichweite. Die Batteriekapazität ist bei Kälte geringer, die Heizung braucht Strom, und Winterreifen erzeugen mehr Widerstand.

Experte Ackva: „Die Reichweite ist in vielen Diskussionen zweifelsohne noch ein großer Aufreger. Viele Familien fahren mit ihrem Zweitwagen aber so kurze Strecken, dass ein Elektroauto dafür ohne Einschränkungen geeignet ist.“ Mit Reichweiten im Bereich 300 bis 400 Kilometer ließen sich mit Zwischenladung an Schnellladestationen auch große Distanzen überbrücken.

Wie dicht ist das Ladenetz in unserer Region?

Wer mit dem Elektroauto unterwegs ist, will auch unterwegs laden. „Das Netz ist vorhanden, aber noch löchrig, insbesondere wegen der unterschiedlichen Zugangskarten und Abrechnungssysteme“, sagt Ansgar Ackva. Hier sei noch Handlungsbedarf, alle Ladestützpunkte allen Nutzern barrierefrei anzubieten. Auch in Unterfranken konkurrieren zahlreiche Energieversorger – darunter auch die Stadtwerke Würzburg und Schweinfurt. Daneben gibt es Stromtankstellen von Autohäusern und an Supermärkten. Auffindbar sind die Ladesäulen über das Navi oder über Apps.

Wie sieht es mit Schnellladesäulen in der Region aus?

Hier ist das Netz weniger dicht. Schnellladesäulen betreibt zum Beispiel Tesla an den Autobahnen in Wertheim (Main-Tauber-Kreis), Hausen bei Würzburg und Geiselwind (Lkr. Kitzingen). Zudem baut die Raststättenkette Tank & Rast mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums das Schnellladenetz an den Autobahnen aus. Auch in der Modellstadt Bad Neustadt gibt es „insgesamt genügend Schnellladestationen von unterschiedlichen Akteuren“, berichtet Ansgar Ackva. Wenn alle Kommunen entsprechend mitziehen würden, so der Fachmann, wäre das Thema erledigt.

Ist diese Vielfalt an Lade-Konzepten ein Problem?

Es fällt den Kunden schwer, die Kosten zu kalkulieren, wenn sie unterwegs laden. „Wir haben noch immer keinen transparenten Autostrommarkt in Deutschland“, kritisiert ADAC-Sprecher Christian Buric. „Richtig transparent ist die Rechnung nur, wenn man zu Hause lädt.“ Dann kann man mit dem Haushaltsstrompreis kalkulieren. Professor Ansgar Ackva äußert ebenfalls Kritik: „Ja, die Vielfalt der Stecker, Leistungen, Zugangskarten und Preisgestaltungen ist noch nicht zufriedenstellend gelöst.

“ Bei den Bezahlsystemen wären EC- oder Kreditkartenlösungen sicher am besten vermittelbar, weil sie in der Bevölkerung anerkannt sind. Sie könnten durch modernere Handy-Bezahlsysteme ergänzt werden.

Was kostet eine Ladestation am Eigenheim?

80 Prozent der Ladevorgänge finden zu Hause statt, wissen Experten. Ein E-Auto lässt sich daheim an der normalen Steckdose laden. Besser sei ein Starkstromanschluss. Die Kosten einer Ladebox beziffert das Unternehmen auf 695 Euro. Dauert es an einer einfachen Steckdose rund acht Stunden, um ein Auto zu laden, sinkt die Zeit bei einem Starkstromanschluss auf drei bis vier Stunden. Power-Ladestationen an Autobahnen können ein Auto in 25 bis 30 Minuten ausreichend laden.

Was kostet es überhaupt, ein E-Auto zu laden?

Wer das Fahrzeug zu Hause lädt, zahlt den Haushaltsstrompreis, derzeit sind das rund 28 bis 30 Cent pro Kilowattstunde. Ein Beispiel: Der Renault Zoe hat eine Kapazität von 41 Kilowattstunden. Das Laden kostet damit rund zwölf Euro. Rechnet man in der Praxis mit 300 Kilometern Reichweite, wären das reine Stromkosten von vier Euro pro hundert Kilometer. An öffentlichen Ladestationen können die Kosten abweichen.

Einige Supermärkte oder Energieversorger stellen den Strom derzeit noch kostenlos zur Verfügung, andere verlangen dagegen Geld. „An den öffentlichen Ladesäulen gibt es noch keine annähernd vergleichbaren Preise“, sagt Ansgar Ackva. „Sie variieren je nach Anbieter stark.“

Rentiert sich ein Elektroauto für den Verbraucher?

Bei einem Elektroauto ist zwar der Kaufpreis höher, dafür fallen geringere Betriebskosten an, schließlich braucht das E-Auto keinen Ölwechsel und ist von der Kfz-Steuer befreit. Nach Auffassung des Experten Ansgar Ackva rentiert sich ein E-Auto „rein rechnerisch für den Normalverbraucher noch nicht“. Es gebe aber durchaus die begeisterten Pioniere, die „Early Adopters“, und darüber hinaus sehr viele Fälle, bei denen das Elektroauto durchaus sinnvoll sein kann. „Denken Sie an die vielen Besitzer von Photovoltaikanlagen, die ihren Strom selbst erzeugen, insbesondere nach Auslauf der Förderung für diese Anlage.

“ Zunehmend setzen auch kommerzielle Anbieter wie die Post oder ein Pflegedienst in Bad Neustadt auf Elektroautos, unterstreicht Ackva, weil sich Wirtschaftlichkeit, Firmen-Image und Umweltbewusstsein nicht immer gegenseitig ausschließen, sondern auch ergänzen können. Nicht anders urteilt der ADAC. „Gerade im urbanen Raum und im Umland kann sich der Betrieb eines Elektroautos ab einem bestimmten Zeitpunkt lohnen“, sagt Sprecher Christian Buric. „Der Kaufpreis für Otto-Normalverbraucher ist aber immer noch zu hoch.“ In einem Kostenvergleich aus dem April 2016 schnitten nur zwei von zwölf E-Autos pro Kilometer günstiger ab als vergleichbare Diesel oder Benziner: nämlich der Mercedes B 250 e und der Kia Soul EV.

 
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