Die Fakten klingen besorgniserregend: Fast jedes dritte Kind leidet im Zuge der Corona-Pandemie unter psychischen Auffälligkeiten, hat die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf in einer Studie festgestellt. Auch depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden von Antriebslosigkeit bis zu Bauchschmerzen haben zugenommen.
Krankenkasse: Mehr Übergewicht und mehr Essstörungen bei Minderjährigen
Die Krankenkasse DAK hat im zweiten Lockdown acht Prozent mehr Kinder und Jugendliche in stationärer psychiatrischer Behandlung registriert. Die Zahl Minderjähriger mit massivem Übergewicht sei im Jahresvergleich sogar um sechzig Prozent gestiegen. Stationär behandelte Essstörungen wie Bulimie nahmen um rund zehn Prozent zu. Eine Studie im Auftrag der Hilfsorganisation "Save the Children" stellt zudem einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg von Depressionen, Ängsten oder Einsamkeit bei Kindern mit der Dauer von Schulschließungen fest.
Manche Kinder haben es sogar genossen, dass im Lockdown der Schuldruck weg war
"Keine Frage: Für die Kinder war die Pandemie nicht gut", glaubt auch der Würzburger Jugendpsychiatrie-Professor Marcel Romanos. Allerdings seien Minderjährige sehr unterschiedlich betroffen: "Es gibt privilegierte Familien, die in der Pandemie viel mehr Zeit füreinander hatten", erklärte der Mediziner auf einer von den Grünen organisierten Fachdiskussion im Münchener Landtag. "Viele Kinder haben es zudem sehr genossen, dass im Lockdown der schulische Druck weg war", hat er beobachtet.
Anders sehe es jedoch bei Kindern und Jugendlichen aus einem weniger privilegierten Umfeld aus: "Diejenigen, die vor Corona schon Außenstehende waren, isoliert waren, sind richtig unter die Räder gekommen", warnt Romanos. Dies gelte umso mehr, wenn sie auch noch häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. "In der Pandemie ist der Einblick in diese Familien deutlich schlechter geworden", befürchtet der Experte: "Das sind die Kinder, um die wir uns am meisten Sorgen machen müssen." Die unterfränkische Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina sieht zudem einen Zusammenhang zwischen den psychischen Problemen und familiärer Armut: Das eine Problem sei deshalb nicht ohne das andere zu lösen.
Vielen Jugendlichen helfen schon "Treffen, Reden, einfach mal Sein"
Doch was kann man konkret tun, um betroffenen Kindern zu helfen? Es gebe bereits gute Angebote, findet Romanos – in den Schulen, der Jugendarbeit und auch in der Therapie: "Diese Hilfen müssen aber endlich besser vernetzt werden." Oft scheitere ein Austausch zwischen den Institutionen aber schon am Datenschutz, kritisiert Ilona Schuhmacher, Vizepräsidentin beim Bayerischen Jugendring. Dies mache echte Hilfe unnötig schwer.
Angst zu haben."
Vielen Jugendlichen sei beim Neustart nach der Pandemie aber schon mit wieder eröffneten Freiräumen geholfen: "Meist geht es gar nicht um Pädagogik, es geht um Treffen, Reden, einfach mal Sein", hat Schuhmacher beobachtet. Oft fehle es dafür jedoch an Räumlichkeiten. Auch in diesem Zusammenhang habe die Pandemie gezeigt, "dass die Stimme von Kindern und Jugendlichen in der Politik zu wenig gehört wird", findet sie.
Romanos: Schon vor der Pandemie zu viele psychische Erkrankungen bei Kindern
Schon vor der Pandemie habe es viel zu viele psychische Erkrankungen bei Minderjährigen gegeben, mahnt zudem Professor Romanos. Diese seien "die Seuche unserer Zeit und sie beginnen früh im Leben". Einfach zum Stand vor Corona zurückzukehren, reiche deshalb nicht. Das Problem müsse endlich grundsätzlich angepackt werden.
Allerdings dürfe man auch nicht jede psychische Reaktion überbewerten, warnt der Mediziner: "Es gab ja in der Pandemie auch wirklich Gründe, Angst zu haben." Insgesamt habe er großes Vertrauen in die meisten Kinder und Jugendlichen, erklärte Romanos: "Die können ihr Leben so gestalten, dass sie auch Belastungen aushalten."
Aber ich hätte mir als Kind ein Loch ins Knie gefreut, nicht in die Schule zu müssen!
Und gerade weniger behütete Kinder hatten in der Corona-Zeit ja durchaus regelmäßig Kontakt zu gleichaltrigen. Die Probleme hätten bei mir erst dann angefangen, wenn es darum gegangen wäre, den versäumten Schulstoff nachzuholen.
Bis zur vierten Klasse hatte ich noch jeden Samstag Unterricht. (Mein Vater hat damals aber auch noch jeden Samstag gearbeitet). Danach hatte ich eine Übergangszeit lang noch jeden zweiten Samstag Unterricht. Erst als die Samstagsschule abgeschafft war, hat man begonnen, z.B. den Faschings-Montag und den Faschings-Dienstag samstags nachzuholen.
Das war für uns damals purer Stress, denn da mussten selbst die Eltern nicht mehr arbeiten.
Ich befürchte, dass auch heute durch Corona versäumter Stoff, Samstags nachgeholt werden muss, wenn nicht sogar in den Ferien...
auch die, die in der Gesellschaft kein so hohes Ansehen haben,
wie Alleinerziehende, Obdachlose, Psychisch Kranke...
Die Unter-Überschrift ist falsch. Es muß heißen:
Viele Kinder und Jugendliche hat DER UMGANG DER POLITIK mit der Corona-Pandemie psychisch schwer belastet.